Der Turm von Zanid
leckte sich den blutenden Daumen, in den sein Kontrahent ihn gebissen hatte, letzterer betastete sich jaulend die Kratzwunden auf seinem Gesicht. Ohne viel Federlesens wurden die beiden Kampfhähne an die Luft gesetzt, jeder durch einen anderen Ausgang.
Fallon besorgte sich an der Bar einen Krug Kvad, begrüßte ein paar Bekannte und schlenderte hinüber zu der Grube, der sich auch der Rest des Saals jetzt zuzuwenden begann. Er dachte bei sich: Ich bleibe noch so lange hier, bis ich den Anfang des Kampfes gesehen habe, dann mache ich mich auf den Heimweg. Auf keinen Fall dürfen Kordaq und Gazi vor mir zu Hause sein.
Indem er rasch auf die gegenüberliegende Seite der Grube eilte, ergatterte er einen der letzten freien Plätze in der vordersten Sitzreihe. Als er sich über das Geländer beugte, ließ er den Blick nach links und rechts über die Zuschauerreihen schweifen und erkannte in seinem Nachbarn zur Rechten – einem großen, hageren, jung aussehenden und stutzerhaft gekleideten Krishnaner – Chindor er-Quinan, den Führer der geheimen Opposition gegen den verrückten König Kir. Ihre Blicke trafen sich, und Fallon sagte: »Hallo, Eure Hoheit.«
»Seid gegrüßt, Meister Antane! Wie steht’s denn so auf Eurer Welt?«
»Ganz gut, nehme ich an, obwohl ich in jüngster Zeit nicht mehr dort gewesen bin. Was steht denn heute auf dem Programm?«
»Ein im Wald von Jerab gefangener Yeki gegen einen Shan aus den dampfenden Dschungeln von Mutaabwk. Oh, darf ich Euch mit meinem Freund bekanntmachen, Meister Liyara, dem Geldgießer?«
»Sehr erfreut, Euch kennen zu lernen«, sagte Fallon, griff nach dem dargebotenen Daumen und streckte seinen eigenen hin.
»Ganz meinerseits«, entgegnete Liyara. »Das gibt heute ein seltenes Schauspiel, möchte ich behaupten. Möchtet Ihr eine kleine Wette abschließen? Ich setze auf den Yeki, wenn Ihr vorgeben wollt.«
»Dieselbe Summe auf den Yeki«, sagte Fallon und starrte sein Gegenüber nachdenklich an.
Der östliche Akzent war genau der gleiche, wie er ihn vorhin bei dem Maskierten gehört hatte. Täuschte er sich, oder hatte Liyara ihn ebenfalls mit einem prüfenden Blick bedacht?
»Hol Euch Dupulari!« sagte Liyara. »Drei zu zwei …«
Ihre Debatte wurde durch Bewegung und Gemurmel im Publikum unterbrochen, das inzwischen zum größten Teil seine Plätze eingenommen hatte. Ein geschwänzter Koloftu trat aus einer kleinen Tür in der Wand der Grube hervor, stellte sich in die Mitte der Arena, schlug gegen einen kleinen Gong, um sich Gehör zu verschaffen, und kündigte an:
»Verehrte Anwesende, mein Herr Kastambang bietet euch nun zu eurer Erheiterung einen Raubtierkampf. Aus dieser Tür …« (sein behaarter Arm wies auf eine vergitterte Öffnung in der Grube) »… wird sogleich ein ausgewachsener männlicher Yeki aus dem Walde von Jerab hervorstürzen, während aus jener Öffnung dort …« (seine Hand deutete auf eine gleichgroße Öffnung gegenüber der ersten) »… ein gewaltiger Shan kommen wird, der unter Lebensgefahr in den Äquatordschungeln von Mutaabwk gefangen wurde. Schließt eure Wetten rasch ab, da der Kampf sofort beginnt, wenn wir die Bestien hereingetrieben haben. Ich danke für eure Aufmerksamkeit.«
Der Koloftu verschwand, woher er gekommen war. Liyara fing sofort wieder an: »Drei zu zwei, sagte ich …«
Erneut wurde er unterbrochen, diesmal von einem Knirschen von Zahnrädern und Kettengerassel, welche ankündigten, dass die Gatter vor den beiden gegenüberliegenden Öffnungen hochgezogen wurden. Ein tiefes Brüllen hallte aus den Tiefen der Grube, unmittelbar gefolgt von einem furchterregenden Knurren, das sich anhörte, wie wenn ein Riese Eisenblech zerriss.
Dann kam wieder das Brüllen, fast ohrenbetäubend jetzt, und fast gleichzeitig sprang aus einer der Öffnungen ein riesiges Raubtier mit braunem Fell – der Yeki. Er sah aus wie ein sechsbeiniger Nerz, jedoch von der Größe eines ausgewachsenen Tigers. Und aus der anderen Öffnung glitt ein noch schrecklicheres Monstrum, ebenfalls sechsbeinig, doch unbehaart und von reptilienartiger Gestalt, mit länglichem Hals und einem stromlinienförmigen Rumpf, der sich zu einem spitzen Schweif verjüngte. Die lederartige Haut des Ungetüms war bedeckt mit einem verwirrenden Muster aus dunkelgrünen und isabellfarbigen Streifen und Punkten. Eine hervorragende Tarnung zum Auflauern im Dickicht eines tropischen Dschungels, dachte Fallon.
Die Landtiere Krishnas hatten sich aus zwei getrennten
Weitere Kostenlose Bücher