Der Turm von Zanid
den Grundfesten zu erbeben, als die schweren Gliedmaßen und Leiber mit dröhnendem Krachen gegen die hölzerne Umwandung der Grube prallten.
Fallon hatte, wie alle übrigen Zuschauer, seinen Blick so gebannt auf die Szene geheftet, dass er seine Umgebung gar nicht mehr wahrnahm – bis er sich plötzlich von zwei kräftigen Armen an den Knöcheln erfasst und emporgehoben fühlte. Ein kräftiger Stoß, und er fiel kopfüber über das Geländer hinunter in die Grube.
Noch im Fallen hatte er den flüchtigen Eindruck, dass es Liyara gewesen war, der ihn über das Geländer befördert hatte. Doch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, schlug er mit betäubender Wucht auf dem Sand auf.
Instinktiv rollte er sich zur Seite. Er hatte das Gefühl, als wäre sein Genick gebrochen. Es war jedoch, wie er beim Rollen feststellen konnte, lediglich verrenkt. Als er sich aufrappelte, sah er sich dem Yeki gegenüber, der über dem platt am Boden liegenden Shan stand. Der letztere war eindeutig tot.
Er sah nach oben. Ein Kreis hellgrüner Gesichter starrte auf ihn herunter. Die meisten von Ihnen hatten den Mund geöffnet, wie um ihm etwas zuzurufen, doch er konnte nichts Genaues verstehen, da alle wild durcheinander brüllten.
»Ein Schwert!« schrie er aus Leibeskräften. »Jemand soll mir ein Schwert runterwerfen!«
Er sah, wie Bewegung ins Publikum kam. Siedendheiß schoss ihm durch den Kopf, dass keiner der Anwesenden ein Schwert bei sich hatte, da ja jeder seine Waffe an der Garderobe hatte abliefern müssen. Jemand rief nach einem Seil, ein anderer nach einer Leiter, ein dritter schrie etwas von wegen ›Mäntel zusammenknoten‹. Alles rannte hektisch durcheinander, rief ihm gute Ratschläge hinunter, aber Praktisches geschah nichts.
Der Yeki begann langsam auf ihn zuzugleiten.
Doch da beugte sich der Herr des Hauses persönlich über das Geländer und rief: »Ohe, Meister Antane! Fangt!«
Ein Schwert fiel herunter, mit dem Griff voran. Fallon sprang vor, fing es am Griff auf, wirbelte herum und stellte sich dem Yeki entgegen.
Das Raubtier kam näher. Jeden Augenblick, überlegte Fallon fieberhaft, konnte es zum Sprung ansetzen oder mit der Vorderpranke nach ihm schlagen, und dann würde ihm sein Schwert nichts mehr nützen. Mit viel Glück konnte er ihm vielleicht einen Todesstoß versetzen, aber ob ihm das noch etwas einbrachte, war zu bezweifeln: Das Tier besaß genug Kraft, ihn auch im Todeskampf noch in Stücke zu reißen.
Die beste und in diesem Fall einzige Verteidigung war der Angriff. Das Schwert stoßbereit in der Rechten, bewegte Fallon sich langsam auf den Yeki zu. Das Tier stieß ein wütendes Brüllen aus und schlug mit der gesunden Vorderpranke nach ihm. Fallon ließ blitzartig die Klinge vorschnellen und ratschte die krallenbewehrte Pranke mit der Spitze an.
Der Yeki brüllte um so wütender. Fallon, dem das Herz bis zum Hals schlug, stieß erneut zu, diesmal nach der Nase zielend. Geifernd und knurrend wich der Yeki ein Stück zurück.
»Meister Antane!« rief eine Stimme. »Treibt ihn auf die offene Tür zu!«
Stechen – einen Schritt vor; wieder Stechen – wieder einen Schritt vor – das Schwert rasch zurückziehen, bevor die große Pranke es ihm aus der Hand schlug – wieder Stechen, noch einen Schritt vor; auf diese Weise gelang es Fallon, den Yeki Zentimeter um Zentimeter in Richtung des offenen Tores zu drängen, jede Sekunde damit rechnend, dass die Bestie sich in ihrer Wut auf ihn stürzte und ihm den Garaus machte.
Doch dann, wie als ob es instinktiv die rettende Zuflucht hinter sich spürte, drehte sich das Tier urplötzlich um und glitt mit schlagartiger Geschmeidigkeit in die höhlenartige Öffnung in der Wand. Fallon sah nur noch ein braunes Etwas im Dunkeln verschwinden, dann rasselte das Fallgatter herunter.
Fallon taumelte erschöpft zurück. Jemand ließ eine Leiter herunter. Langsam, mit zitternden Knien kletterte er hinauf. Oben angekommen, gab er Kastambang sein Schwert zurück.
Hände klopften ihm auf die Schultern. Hände drängten ihm Zigarren und Maßkrüge auf. Hände hoben ihn auf Schultern, und er sah sich im Triumphzug durch den Raum getragen. Krishnaner kannten keine Zurückhaltung. Der Höhepunkt kam, als einer von ihnen ihm einen Hut voller Gold- und Silbermünzen überreichte, die er unter den Anwesenden als Tribut für die Tapferkeit des Erdenmenschen gesammelt hatte.
Von Liyara war nichts zu sehen. Aus den Bemerkungen der Anwesenden entnahm Fallon,
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