Der Turm von Zanid
Fallon wehrte die Attacke ab, doch seine Riposten und Gegenattacken parierte Kordaq mit Leichtigkeit, entweder mit seiner Klinge oder mit dem deckenumhüllten Arm. Fallon war viel zu sehr erfüllt von seinem blindwütigen Tötungsdrang, als dass er gemerkt hätte, welch merkwürdigen Anblick sein Gegner botnackt bis auf die Klinge und die Decke.
»Antane!« schrie in diesem Moment Gazis Stimme.
Fallon und Kordaq ließen für einen winzigen Augenblick gleichzeitig den Blick zur hinteren Tür schweifen, in welcher Gazi stand, die Hände entsetzt gegen die Wangen gepresst. Doch sogleich wandte jeder seine Aufmerksamkeit wieder dem Gegner zu, bevor der andere aus der Ablenkung einen Vorteil ziehen konnte.
Kling-Klang-Klirr! machten die Schwerter.
Die Kämpfenden begannen einander zu umkreisen, wachsamer jetzt und mit größerem Respekt. Fallon wusste nach dem ersten Schlagabtausch, dass sein Gegner ihm ebenbürtig war. Zwar war er, Fallon, schwerer und als Erdenmensch von der Grundkonstitution her kräftiger, aber diesen Vorteil glich Kordaq durch seine Jugend und durch seine größere Reichweite aus. Zudem machte er mit seiner Decke Fallons überlegene Fechttechnik wett.
Klonk-Klirr-Wsch!
Fallon stieß ein Tischchen um und beförderte es mit einem Fußtritt aus dem Weg.
Ffft-Kling!
Kordaq fintierte, dann sprang er vor und führte einen gekonnten Streich wider Fallons Kopf. Fallon duckte sich. Der Hieb zischte um Haaresbreite an seinem Ohr vorbei, fuhr durch den Bronzefuß der Bodenlampe und ließ den Schirm über den Boden kollern, während der Ständer krachend umfiel.
Kling-Klong!
Und weiter ging’s, immer im Kreis herum. Als sich Fallon einmal wieder in der Nähe der Tür fand, benutzte er die Gelegenheit, Gazi hastig zuzurufen: »Verschwinde, Gazi! Du lenkst uns ab!«
Sie schenkte ihm keine Beachtung, und das Duell ging weiter. Mit einem wütenden Wirbel blitzschneller Stöße und Ausfälle trieb Kordaq Fallon gegen eine Wand und setzte zum Entscheidungsstoß an, aber Fallon rettete sich mit einem Verzweiflungssprung zur Seite, und Kordaqs Schwertspitze durchbohrte das einzige Bild des Raums, eine billige Kopie von Ma’shirs berühmtem Gemälde Dämmerung über Majbur. Während Kordaqs Schwert noch im Wandputz steckte, führte Fallon einen schnellen Vorhandhieb gegen seinen Gegner, doch dieser blockte den Schlag mit dem deckengepolstertem Arm ab, riss sein Schwert wieder heraus und stellte sich Fallon erneut entgegen.
Klink-Wisch!
Fallon sprang zurück und holte zu einem wütenden Gegenschlag aus. Kordaq parierte mit schräg gehaltener Klinge, so dass Fallons Klinge abglitt und in das umgestürzte Tischchen fuhr. Fallon fühlte, wie ihm das Blut in den Ohren pochte. Seine Bewegungen wurden langsamer, er hatte das Gefühl, als watete er durch Teer. Doch er sah, dass auch Kordaq immer müder wurde.
Klack-Klir!
Der Kampf wogte weiter hin und her, bis schließlich beide Kontrahenten so ermattet waren, dass sie kaum noch zu mehr imstande waren, als in Abwehrstellung zu verharren und einander anzuglotzen. Alle zehn Sekunden raffte sich einer von beiden zu einer lahmen Attacke auf, die jedoch von der undurchdringlichen Verteidigung des Gegners mühelos abgeblockt wurde.
Ding-Zing!
Fallon krächzte: »Wir sind – schnauf! – zu gleichstark!«
»Was euch fehlt«, krähte Gazi aus dem Türrahmen, »ist, dass ihr beide feige Lappen seid und euch nicht nahe genug an den anderen herantraut!«
Kordaq zeterte mit erstickter Stimme zurück: »Gnädigste, Ihr könnt gern mit mir den Platz tauschen … dann könnt Ihr ja sehen, wie einfach das ist!«
»Ha, mach dich nicht lächerlich!« heulte Gazi. »Ich dachte, einer von euch beiden würde sterben, so dass ich den Sieger zum Jagain genommen hätte. Aber wenn ihr den ganzen Tag bloß Luftsprünge macht und Heu mäht …«
»He, Kordaq!« schnaufte Fallon. »Ich glaube … sie will uns bloß aufwiegeln weiterzukämpfen … damit sie sich an dem Anblick des Blutes … ergötzen kann … auf unsere Kosten!«
»Mich düngt … Ihr habt recht … Meister Antane.«
Sie standen noch einen Moment schnaufend da, wie zwei unter Dampf stehende Lokomotiven. Dann sagte Fallon: »Wie wär’s, wenn wir die Sache dann abblasen? Es sieht nicht so aus – schnauf! –, als könnte einer von uns den anderen in einem fairen Kampf besiegen.«
»Ihr habt angefangen, mein Teurer, aber wenn Ihr – keuch! – aufhören wollt, dann will ich – keuch! – als vernünftiger
Weitere Kostenlose Bücher