Der Tyrann von Hades
Sonne auf ihn schleudern würden. Wie würdest du der Besatzung eines so sonderbaren Schiffs von einer anderen Schale entgegentreten, die derartige Tricks zu beherrschen scheint?«
»Mit allergrößter Vorsicht.«
»Dennoch zieht Carim Carim mit einem Lächeln auf den Lippen los und lädt uns vergnügt zum Tee in sein Haus ein. Und ist viel zu nett, als daß er erwähnte, daß du ihn einige Minuten vorher beinahe umgebracht hast.«
»Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Er verhält sich einfach nicht natürlich. Wie sollen wir damit umgehen, Maq?«
»Du scheinst sein Interesse erregt zu haben, Sine. Spiel ihm etwas vor, vielleicht kannst du herausfinden, was wirklich dahinter steckt.«
»Ich habe schon schlimmere Opfer gebracht.« Sine leckte sich schelmisch die Lippen. »Und was tust du, während ich arbeite?«
»Ich versuche, ihren Code zu knacken. Wenn unser Freund recht damit hat, daß sie auf der Neptun-Schale keine Waffen benötigen, warum, zum Teufel, sollten sie dann ihren Funkverkehr derart aufwendig verschlüsseln? Was verbergen sie und vor wem?«
Die Geschwindigkeit von Carim Carims Luftkissenfahrzeug konnte man bestenfalls als gemächlich bezeichnen. Er fuhr selten schneller als fünfundzwanzig Kilometer pro Stunde und drehte sich regelmäßig um, um dem Schiff, das ihm in zwanzig Metern Höhe folgte, fröhlich zuzuwinken. Er konnte sich derart überschwengliche Gesten problemlos erlauben, da er sein Fahrzeug freihändig steuern konnte. Die meiste Zeit fuhr er mit verschränkten Armen und genoß die Landschaft, die langsam an ihm vorüberzog.
Nach ungefähr einer Stunde überflogen sie die Brücke über den Fluß, und Carim Carim steuerte geradewegs einen sanft ansteigenden Hügel hinauf, der sie in ein weiteres Tal führte, durch das sich ein träge dahinfließender Fluß schlängelte. Hier gab es Felder, aber nicht die großflächige Intensiv-Landwirtschaft, die sie gewohnt waren. Die hier eingebrachten Ernten ernährten offensichtlich nur eine sehr begrenzte Anzahl von Menschen. Einige Arbeiter waren auf den Feldern, und Ancor richtete auf der Stelle das Teleskop auf sie. Er grunzte vor Überraschung.
»Das sind Roboter, Sine! Ihre Form ist den Menschen nachgeahmt. Was für ein verrückter Ort! Ganz Solaria erstickt an Menschen, und hier setzen sie anscheinend Roboter ein, weil sie nicht genug Arbeitskräfte haben.«
»Was passiert dann mit all den Auswanderern, die die Speichen-Shuttles hierher bringen?«
»Wir werden es erst erfahren, wenn wir an einen der Terminals kommen, aber vielleicht kann uns der fröhliche Carim Carim einige Hinweise geben. Was mir auffällt, ist nicht nur, daß die Neptun-Schale unterbevölkert ist, sondern daß anscheinend Vorsatz dahintersteckt. Sonst hätte es sich gelohnt, eine kleine Gemeinschaft von Bauern hier anzusiedeln. Es ist einfach ökonomischer Unsinn, hochentwickelte Roboter einzusetzen, wenn es menschliche Arbeitskraft im Überfluß gibt.«
»Glaubst du, daß es diese Dinge sind, die Zeus solches Kopfzerbrechen bereiten?«
»Wenn man bedenkt, was für gewaltige Ressourcen in den Bau einer Schale dieser Größe geflossen sind, dann sollte sie mindestens mit der Standard-Bevölkerungsdichte von viertausend Menschen pro Quadratkilometer besiedelt sein. Aber nach dem zu urteilen, was wir bisher gesehen haben, scheinen sie hier eher jeder einzelnen Person viertausend Quadratkilometer zu gönnen. Das ist eine hübsche kleine Umkehrung der Verhältnisse, wenn man damit durchkommt. Und die Tatsache, daß sie damit durchkommen, deutet darauf hin, daß Carim Carim und seine Genossen noch weit mehr in petto haben, als man auf den ersten Blick vermutet. Es ist kein Wunder, daß Zeus deswegen durchdreht. Wir müssen sehr vorsichtig sein, Sine. Ich glaube, vor uns liegt ein Haufen Schwierigkeiten.«
Hinter einer Flußbiegung kam schließlich ihr Ziel zum Vorschein. Sie hatten in sechs Stunden ungefähr einhundertvierzig Kilometer zurückgelegt. Ihr Mißmut über das langsame Fortkommen wurde aber von dem Anblick von Carim Carims Haushalt, der sich an den Hang schmiegte, weggefegt. Er bestand aus einem ganzen Dorf robuster, weißer Häuser, die sich wie die Gehäuse von Seemuscheln wanden. Die kleinen Fenster verschmolzen fast mit den schimmernden, kunstvoll gerillten Mauern. Hier und da fanden sich größere Gebäude ähnlicher Konstruktion, die mit Minaretten und gewundenen Spitztürmen versehen waren. Daneben gaben sich phantasievolle Balkone ein
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