Der Tyrann von Hades
fast auf Anhieb eine, und seine Augen weiteten sich, als ihm die Implikationen der Zahl auf dem Bildschirm aufgingen. Der Computer bezifferte die Gesamtzahl von Sendern einer ganz besonderen Art mit eintausendsiebenhunderteinundneunzig, und je länger er über diese Zahl nachdachte, desto sicherer war er, daß er in das Antlitz des Tyrannen von Hades starrte.
»Cherry!«
»Was gibt’s, Maq?« Cherry, den die mangelnde Begeisterung Ancors über seine Berechnungen verstimmt hatte, hatte sich in das Cockpit zurückgezogen, um seine Instrumente durchzusehen.
»Ich glaube, du hast die Nuß für uns geknackt. Wir haben ein neues Flugziel, ich schicke dir die Koordinaten über den Computer.«
»Sie kommen gerade an, Maq. Was ist dort?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, deshalb will ich nachsehen. Bleib in der unteren Exosphäre, damit wir etwaige Aktivitäten auf der Oberfläche im Auge behalten können. Tez, du bleibst im Waffenleitstand, bis ich anderweitige Anweisungen gebe.«
»Was ist los?« fragte Sine Anura, der die plötzliche Betriebsamkeit nicht entgangen war.
»Wir sind darauf gestoßen, daß der Tyrann von mehr als einem Punkt auf der Schale aus operieren muß, um Zeus’ Ressourcen für seine Zwecke verwenden zu können. Cherry berechnete ihre Zahl auf ungefähr eintausendachthundert. Interessanterweise entspricht das ziemlich genau der Anzahl einer ganz besonderen Art von Sendern auf der Schale. Wir werden uns also einen näher ansehen. Wenn wir die Position eines der Sender exakt bestimmt haben, können wir die Standorte der restlichen mit ziemlicher Genauigkeit berechnen.«
»Wird uns das zum Tyrannen führen?«
»Wenn ich mit meinen Vermutungen richtig liege, ja. Aber der Tyrann weiß, daß wir hinter ihm her sind, und könnte uns noch große Schwierigkeiten machen.«
»Was für Schwierigkeiten, Maq?«
»Denk drüber nach, was wir bisher über den Tyrannen wissen. Er ist völlig skrupellos und scheint gewillt zu sein, alles und jeden zu opfern, um uns zu vernichten. Und seine Macht ist nahezu grenzenlos. Wenn der Tyrann das ist, für was ich ihn halte, dann kommt unsere Herausforderung der Kampfansage an einen Gott gleich.«
»Die Koordinaten sind einprogrammiert, Maq«, sagte Cherry. »Ungefähre Ankunftszeit im Zielgebiet in ungefähr sechzehn Stunden.«
»Gut, das läßt uns genug Zeit, um die Shellback gründlich durchzuchecken. Carli, geh unsere Vorräte durch. Sine, komm zu mir und halte diese Schirme im Auge. Wenn sich irgend etwas rötlich verfärbt, dann sag mir Bescheid. Tez, check die Waffen durch, aber achte darauf, daß ein Teil von ihnen ständig feuerbereit bleibt.«
»Und was treibst du, während wir die ganze Arbeit machen?« fragte Sine Anura.
»Ich widme mich dem Computer und dem Funkgerät. Mir ist es immer noch nicht gelungen, den Code zu knacken, in dem der Tyrann gewaltige Datenmengen um die Schale herum schickt, aber der Sender, zu dem wir fliegen, benutzt einen Code, der mir bekannt vorkommt. Mir ist gerade eingefallen, daß wir einen Verbündeten haben, der einen guten Codeknacker abgeben sollte.«
»Einen Verbündeten?« Sine war verblüfft.
»Aber sicher. Keinen geringeren als Zeus persönlich. Es deutet alles darauf hin, daß wir hier die Schmutzarbeit übernehmen sollen. Wir können tun, was Zeus unmöglich ist, einfach weil wir vor Ort sind. Meiner Meinung nach sollte er uns deshalb wenigstens mit Informationen unterstützen.«
»Wie kannst du mit ihm Verbindung aufnehmen?«
»Das sollte nicht allzu schwer sein. Zeus muß fast jeden Funkspruch auf der Schale mithören. Wenn wir auf mehreren Frequenzen unverschlüsselt senden, haben wir beste Chancen, daß er uns hört.«
»Aber wird er auch antworten?«
»Das werden wir frühestens in acht Stunden erfahren, denn solange dauert es mindestens, bis seine Antwort eintrifft.«
Achteinhalb Stunden später wurden Ancors Annahmen bestätigt. Ein Sender auf der Neptun-Schale nahm Kontakt mit der Shellback auf und sandte eine verschlüsselte Bitte um einen Datentransfer. Der Schiffscomputer antwortete automatisch, und in den nächsten zwei Stunden brandete eine Flut digitalisierter Informationen in die Datenspeicher der Shellback. Ancor warf hin und wieder einen Blick auf die einströmenden Daten, aber plötzlich wurde ihm klar, daß es ein ganzes Menschenleben dauern würde, die schiere Masse der Informationen zu verarbeiten. Nachdem die Übertragung abgeschlossen war, konnte der Schiffscomputer jeden beliebigen
Weitere Kostenlose Bücher