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Der Tyrann von Hades

Der Tyrann von Hades

Titel: Der Tyrann von Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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immer noch die Hölle los. Vielleicht ist es in einer Stunde ruhig genug, daß wir einen Landeversuch wagen können. Allerdings folgt dann ein zweiter Sturm; wir hätten allenfalls zwei Stunden, bevor wir wieder verschwinden müßten.«
    »Zwei Stunden sind vielleicht nicht genug. Ich weiß nicht viel über Zeus’ lokale Exekutivzentren, aber da sie auf den meisten Schalen das Zwangsauswanderungsprogramm durchführen, sind sie entsprechend gesichert. Wir werden nicht einfach hineinspazieren können.«
    »Warum sollen wir das überhaupt versuchen?« fragte Sine. »Warum werfen wir nicht einfach von hier oben eine Mesonen-Bombe auf das Ding ab?«
    »Dagegen sprechen zwei gute Gründe. Erstens ist das nur eines von über Tausend Zentren. Zweitens dürfen wir es aus denselben Gründen nicht zerstören, aus denen es Zeus nicht abschaltet. Trotz aller Probleme dient dieses Exekutivzentrum immer noch einem wichtigen Zweck; es hält einen Teil der Schale zusammen.«
    »Was könntest du im Exekutivzentrum ausrichten?«
    »Mich interessiert der Teil, der das Kommunikationssystem und das EGS-Steuersystem enthält. Das sind Einrichtungen, die nicht in Zeus’ ursprünglicher Spezifikation vorgesehen sein konnten, also muß man sie zusätzlich eingebaut oder vorhandene Geräte umfunktioniert haben.«
    »Und was genau willst du mit diesen Systemen anfangen?«
    »Wenn wir die Kommunikation zwischen den Exekutivzentren kurzschließen könnten, würde das fünf Billiarden Bewohner der Neptun-Schale in den Normalzustand zurückversetzen, trotz der Schaltkreise in ihren Köpfen. Cherry, versuch uns so schnell wie möglich zur Oberfläche zu bringen, egal wie. Ich weiß zwar nicht einmal, wie ein Exekutivzentrum aussieht, aber der Funkverkehr sollte uns leiten.«
    Ancor ging zurück an den Schiffscomputer, um einige Musterfunksprüche herauszufiltern, die ihnen als geographische Bezugspunkte dienen konnten. Als er auf die Schirme blickte, bemerkte er, daß einer der Funksprüche mit Hilfe der Informationen, die sie von Zeus erhalten hatten, automatisch entschlüsselt worden war. Bei den ersten Zahlengruppen handelte es sich wahrscheinlich um den Aufenthaltsort der Maschinen und dreidimensionale Koordinaten. Dann folgte ein Satz, der eine ungefähre Übersetzung aus der ultra-präzisen Maschinensprache darstellte:
    VERNICHTE ODER DU WIRST VERNICHTET.
    Ancor konnte sich nicht vorstellen, an wen oder was diese Botschaft gerichtet war, und vielleicht ging die Phantasie mit ihm durch, als er die Worte auf die Shellback und ihre Besatzung bezog, aber irgendwie hatte er das sichere Gefühl, sich nicht zu irren. Die Abfolge der Stürme belegte, daß sie den Charakter des Tyrannen richtig eingeschätzt hatten und er sie als überragende Bedrohung einstufte. In dieser Situation war nichts unmöglich.
    »Ich leite jetzt den Anflug ein, Maq«, sagte Cherry. »Aber wenn der Sturm noch zu rauh ist, muß ich vielleicht in die Exosphäre ausweichen. Die Windgeschwindigkeit am Boden beträgt immer noch über achthundert Stundenkilometer, und eine Landung kommt erst in Betracht, wenn sie unter dreihundert gesunken ist.«
    »Gib dein Bestes, Cherry. Jede zusätzliche Sekunde, die du mir auf der Oberfläche erkaufen kannst, zählt. Wenn wir warten, bis sich die Winde weiter abschwächen, bleibt uns noch weniger Zeit bis zum nächsten Sturm.«
    »Verstehe, Maq. Ich versuche es.«
    »Sine, du wirst mich begleiten. Wir tragen Arbeitsanzüge mit Masken. Es wird nicht einfach sein, bei dem Wind zu atmen. Tez, du besetzt den Waffenleitstand. Ich bezweifle, daß irgend jemand oder etwas auf uns schießen wird, aber wir können es uns nicht leisten, unnötige Risiken einzugehen. Außerdem bleiben wir die ganze Zeit über in Funkkontakt.«
    Ancor spürte einen leichten Schubs, als Cherry den Sinkflug einleitete, aber seine eigentliche Aufmerksamkeit galt der Explosion von Zahlenkolonnen und Funksprüchen auf den Schirmen. Das Exekutivzentrum verfolgte offensichtlich jede ihrer Bewegungen und geriet plötzlich in Panik. Hin und wieder griff der Schiffscomputer aus dem Wirrwarr von Zahlen und Zeichen einige Wörter und Satzfetzen heraus, für die Äquivalente in der menschlichen Sprache existierten. Auf den Schirmen zeichnete sich keine schlüssige syntaktische Reihenfolge ab, aber der Inhalt der Worte erfüllte Ancor mit grimmiger Genugtuung: Die verkabelten Menschen in Reichweite dieser Funksprüche würden ihres Lebens nicht mehr froh werden.

 
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