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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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verlieren.
    Sie erreichte die Eingangshalle, als Helene auf den Ausgang zuschritt.
    Ingrid ging langsamer, richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf Helenes Füße, auf die Art, wie sie sie auf den Boden aufsetzte, die Bewegungen der Beine. Tweeds Akte fiel ihr ein. »… Helene hat eine Schwester, die in Stockholm lebt … Aber die Akte gibt nur knappe Angaben über Helenes Herkunft, die kompletten Einzelheiten liegen in London …«
    Am oberen Absatz der Treppe zum Ausgang blieb sie stehen, beobachtete die Stilmar, wie sie am Ausgang mit dem Türsteher redete. Sie würde ein Taxi herbeirufen lassen.
    Das war nicht dieselbe Frau, nicht die echte Helene. Für Ingrid gab es keinen Zweifel. Das war die Schwester. Sie drehte sich um, ging zurück und fuhr mit dem Aufzug zurück in die sechste Etage. Das war gegen Tweeds klare Anweisungen, aber sie wußte, daß richtig war, was sie tat. Sie setzte sich wieder in den Fauteuil und wartete, den Koffer auf den Fußboden stellend.
    Poluschkin saß hinterm Steuer seines gemieteten Audi, nahe dem Pier, von dem die Schiffe nach Helsinki abfuhren. Es war fünf Uhr nachmittags – etwa zur selben Zeit, zu der Ingrid beschloß, wieder in die sechste Etage hinaufzufahren.
    Von hier aus hatte er das Schiff der Viking-Linie gut im Auge, das um sechs Uhr nach Finnland auslaufen würde. Der Rumpf war hellrot, fast schon karminrot, und darüber erhoben sich weiße Aufbauten. Zwillingsschornsteine, ebenfalls rot, entließen feine Rauchbänder in den Nachmittagshimmel.
    Poluschkins Augen waren auf die Gangway geheftet, auf der die Passagiere an Bord gingen. Durch das offene Wagenfenster des Audis konnte er das vertraute Gemisch von Gerüchen aufnehmen, die jedem Hafen eigen waren, Harz, Teer, Öl.
    Auf Magda Rupescus Anweisung war er ganz anders gekleidet als sonst. Er trug lederne Kniehosen und auf dem Kopf einen Filzhut mit Feder. Er sah nun eher aus wie ein Tourist aus Süddeutschland.
    Er schaute erneut auf die Uhr. Fünf nach fünf. Bald würden die ersten Passagiere eintreffen. Seine Verkleidung war für einen ganz bestimmten Zweck gewählt worden.
    »Heute abend«, hatte Magda gesagt, »fliegst du bestimmt nach Finnland.«
    Tweed stand im Alkoven und blickte über das Wasser in die Richtung, wo hinter einer Biegung des Flusses das Schiff der Viking-Linie am Pier lag. Das Schiff, das jeweils um neun am Vormittag aus Helsinki eintraf, würde bald die Rückfahrt antreten.
    Heute abend, dessen war er sicher, würde ein ganz bestimmter Passagier an Bord gehen. Und dieser Tatbestand würde eine ganze Reihe von Ereignissen auslösen. Der Fall Procane trieb rasch dem Höhepunkt zu. Er fühlte es förmlich an seinen Nervenenden.
    Bewegungslos stand er mit auf dem Rücken verschränkten Händen und gesenktem Kopf da.
    Sein Gesichtsausdruck war merkwürdig – Monica in London hätte ihn zu deuten gewußt: der »alte Tweed«, auf den Butler mit wachsender Besorgnis wartete, war wiederauferstanden.
    Draußen, nur wenige Schritte von Tweeds Zimmer entfernt, saß Ingrid im Fauteuil und las in ihrem Magazin. Immer wieder stellte sie sich dieselbe Frage: Habe ich richtig entschieden?
    Wie oft – und in den verschiedensten Situationen – hatten sich Menschen wohl schon diese Frage gestellt? Sie wagte nicht, zu Tweed zu gehen und ihm zu sagen, was sie getan hatte. Sie mußte ihrem Urteilsvermögen trauen. Das war es ja, was Tweed von seinen Leuten erwartete – daß sie selbständig denken konnten.
    Unten im Korridor ging eine Tür auf. Sie saß ganz still. Die Tür schloß sich. Schritte kamen näher. Die Schritte einer Frau. Helene Stilmar ging an ihr vorüber, in der rechten Hand einen Koffer, und drückte den Knopf des Aufzugs.
    Als die Türen sich schlossen, wiederholte sich alles. Ingrid packte ihren Koffer, rannte zu den Schwingtüren des Stiegenhauses und die Treppe hinunter. Sie kam in der Halle an, als Helene eben die Stufen, die zum Ausgang hinunterführten, erreichte.
    Langsam ging Ingrid an der Amerikanerin vorbei, die wartete, während der Türsteher einem Taxi winkte. Ihren Volvo aufschließend, glitt sie hinters Steuer und schob ihren Koffer auf den Sitz neben sich.
    Sie startete den Motor, als Helene ins Taxi kletterte. Der Türsteher schlug die Wagentür zu, das Taxi fuhr bis zur Rot zeigenden Ampel und blieb stehen. Ingrid fuhr rückwärts aus der Parklücke und kroch dann vorwärts, sich so einordnend, daß zwischen ihr und dem Taxi ein anderer Wagen stand.
    Das Taxi fuhr los,

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