Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
er.
    »Wenn Sie wollen – und wenn Karlow zustimmt. Ich würde darauf bestehen, natürlich, daß man uns die Ausreise noch am selben Tag zusichert, eine Zusicherung, die zumindest General Lysenko unterzeichnen müßte.«
    »Und wer ist dieser Lysenko?«
    Mauno ließ wieder Zeit vergehen, ehe er antwortete. »Das ist äußerst vertraulich – aber wir haben Mittel und Wege, zu erfahren, was drüben vor sich geht. Lysenko ist oberster Chef des GRU und damit Sicherheitschef in Lettland, Litauen und Estland. Er hat den Posten, den sich Karlow nach seiner Rückkehr von London, wo er eine Zeitlang Dienst tat, erhofft hatte.«
    »Ich begreife noch immer nicht, warum Karlow sich den Besuch eines westlichen Journalisten wünscht.«
    »Weil so viele Gerüchte über Unruhen in Estland kursieren – Gerüchte, auf die sich die Presse in Europa und Amerika gestürzt hat. Karlow glaubt nun – eine bloße Annahme, aber ich weiß, daß ich da richtig liege –, daß ein unparteiischer Journalist, der einiges Gewicht hat, Tallinn besucht, findet, daß dort alles ruhig und friedlich ist, einen Artikel schreibt, der weite Verbreitung findet, diese Gerüchte zum Schweigen bringen würde.«
    »Noch einmal: warum mich?«
    Mauno kicherte, während er die Geschwindigkeit reduzierte, denn sie erreichten die Vororte Helsinkis. »Offensichtlich hat man Sie in Moskau durch den Computer laufen lassen, und Sie sind als Neutraler eingestuft worden.«
    »Doch wohl kaum als prosowjetisch.«
    »Das würde Karlow nicht wollen – es wäre nicht überzeugend. Sie sind einer, der immer die Wahrheit schreibt, so wie sie sich ihm darstellt. Also …«
    »Wie bald wäre diese Fahrt – angenommen, es kommt dazu?«
    »Unmöglich zu sagen. Karlow wird uns erst knapp vorher eine Nachricht zukommen lassen. Also, Bob, tun Sie mir den Gefallen – falls Sie mit mir kommen wollen – und halten Sie sich im ›Hesperia‹ zur Verfügung. Und keine Seeabenteuer im Finnischen Meerbusen mehr! Sie werden mitkommen, wenn sich die Chance ergibt?«
    »Ich nehme es an.«
    »Großartig! Und zur Feier dieses Übereinkommens vergessen wir, daß wir zum Ratakatu fahren wollten. Ich halte hier und sage meinem Mann, er soll Ihren Ford zum ›Hesperia‹ zurückfahren. Dann nehmen wir einen Drink im Hotel ›Marski‹. Wo sich die Spione treffen!«
    Mauno, der an seinem trockenen Weißwein nippte, hielt inne und blickte quer durch den großen Raum im Untergeschoß, wo sich die Bar des
Marski
befand. Nach wenigen Sekunden wandte er sich wieder Newman zu.
    »Das ist ungewöhnlich. Sie erinnern sich, daß ich vorhin den kleinen Scherz machte, im ›Marski‹ träfen sich die Spione?«
    »Ja.«
    »Schauen Sie nicht gleich hin. Aber sehen Sie den dunkelhaarigen Mann im grauen Anzug, der in der Ecke dort hinten allein an der Wand sitzt? Über der Stirn glattgekämmtes fettiges Haar. Längliches Gesicht, grauer Anzug, weiße Krawatte und blaues Hemd?«
    »Ich habe ihn vor ein paar Minuten bemerkt. Er beobachtete uns.«
    »Es ist Oleg Poluschkin, einer von Oberst Karlows Mitarbeitern. «
    »Der Mann gefällt mir nicht besonders.«
    »Er ist Hauptmann des GRU. Karlow muß ihn herübergeschickt haben, damit er hier herumschnüffeln soll, bevor sie die endgültigen Vorbereitungen bezüglich meines Besuches treffen. Er hat einen schlechten Ruf. Das, was man einen Gewalttäter nennt.«
    Newman ließ den Blick durch die Bar schweifen und sah sich Poluschkin dabei näher an. Die Bar im
Marski
ist eine der besten der Stadt. Weiträumig, mit diskreter Beleuchtung, bequeme Stühle, die aussehen, als wären sie aus Leder. An Freitagabenden war hier alles voll. Junge Burschen mit ihren Mädchen, ältere Herren mit ihren ebenso jungen Freundinnen. Die meisten Mädchen hatten dieses ganz besondere flachsblonde Haar, wie man es nur in Finnland finden kann. Trotz des Gläserklirrens und überall animiert plaudernder Menschen war es nicht laut. Die Gäste wurden von Kellnerinnen bedient, die ebenso hübsch waren wie die jungen Mädchen an den Tischen.
    Oleg Poluschkin mußte um die Vierzig sein, schätzte Newman.
    Der Russe war ein Schwergewicht, sein glattrasiertes, feistes Gesicht war ungewöhnlich blaß. Die nach unten abfallenden Mundwinkel wirkten unsympathisch. Die dunklen Augen unter den buschigen Brauen bewegten sich träge. Als Newman ihren Blick einfing, fühlte er sich an die Augen einer Eidechse erinnert. Kalt, ausdruckslos. Das war nicht ein Mann, dem man in der Dunkelheit in einem engen

Weitere Kostenlose Bücher