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Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
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keine Antwort, sondern ging stumm ins Bad, um sich zum Schlafen fertigzumachen. Er sah, seine Zahnbürste war benutzt, und schreckte zurück. Ich verlangte nicht, dass er sich die Zähne putzte. Da Greta in seinem Bett schlief, führte ich ihn zu ihrem Bett. Ich brachte ihm seine Reisetasche, mit einer angsterfüllten Geste weigerte er sich, sie anzufassen. Er zog Hemd und Hose aus und legte sich in Unterhose und Socken ins Bett. Greta den Rücken zuwendend, schluchzte er ganz leise in das Kissen.
    Unhörbar flüsterte ich: »Greta, du bist mein Augenstern« und »Poch, poch, mein Herz klopft an«.

    Nach dem Vorgefallenen liege es nahe, Greta zu entlassen. Wenn sie dann vor Gericht gehe, müsse D’Wolf jedoch beweisen, dass der Grund für ihre Entlassung ihre Arbeitsleistung war, das sei in Anbetracht der steilen Karriere Gretas schwierig. Es stehe im Interesse von D’Wolf, mit ihr zusammenzuarbeiten und eine gütliche Einigung zu erzielen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Fall vor Gericht komme, sei ziemlich gering.
    Ich kannte den Chief Human Ressources Officer von D’Wolf America noch aus meiner Zeit dort. Als ich ihn ansprach, mailte er mir bereitwillig und sofort seine Notiz zu dem Fall. Ich glaube nicht, dass er irgendetwas verändert hatte, weil ich Gretas Vater war.
    Greta hatte ihrem Vorgesetzten gedroht, sie werde D’Wolf America verklagen, falls ihr wegen angeblich aggressiven Verhaltens die Beförderung verwehrt werde. Ihr Arbeitsvertrag unterlag US-Recht. Chapter VII des Civil Rights Act aus dem Jahr 1964 verbietet geschlechtsspezifische Diskriminierung. Arbeitgeber dürfen gegenüber Männern und Frauen keine unterschiedlichen Verhaltenserwartungen hegen. Wenn sie nachweise, dass D’Wolf America aggressives Verhalten bei Männern dulde, bei Frauen jedoch nicht, dann sei ihre Klage begründet. Lege D’Wolf America überzeugend dar, dass aggressive Männer und Frauen gleich behandelt werden, verliere sie den Prozess.
    Der Americans With Disabilities Act von 1990 ist das Gesetz gegen Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Um den Schutz dieses Gesetzes in Anspruch nehmen zu können, müsse Greta nachweislich behindert sein. Laut der einschlägigen Definition sind Menschen behindert, wenn sie geistige oder körperliche Störungen haben, die sie beim Verrichten von wichtigen Lebenshandlungen erheblich beeinträchtigen, damit sind Aktivitäten wie Sehen, Laufen und manuelle Tätigkeiten gemeint, zu denen Greta natürlich fähig war. Ebenfalls zu den wichtigen Aktivitäten wird Arbeit gezählt. Sie könne um ein geringeres Arbeitspensum ansuchen. Wenn sie die neue Stellenbeschreibung ausfülle, schütze sie der Americans With Disabilities Act, sollte sie weiterhin nach der Einschätzung ihres Vorgesetzten nicht in der Lage sein, ihre Arbeit zu verrichten, habe sie keine Chance.

    Welche von beiden würde den Kopf des irrreisenden Peter in ihren Schoß betten? Würde Burgi ihm vergeben, dass er Sondra gesucht hatte, und Sondra, dass er sie nicht gefunden hatte? Welche würde sanftmütig das Gesicht mit den ziselierten Kindheitseindrücken kosen?
    Peter hatte sich für die Rückfahrt ans Steuer setzen wollen, das hatte ich natürlich untersagt, schließlich war er Drogen ausgesetzt gewesen, deren genaue Wirkungen und Nachwirkungen wir nicht kannten. Seinen Pulsabfall erwähnte ich erst gar nicht.
    Auf der Landstraße kam uns eine Gruppe von Bikern entgegen, jeweils zwei fuhren nebeneinander – die Köpfe zum Meer gewandt, beachteten sie die Mittellinie nicht. Ich fuhr ganz rechts. Alle trugen vorschriftsmäßig Helme und hatten Lederkleidung an, die Männer waren älter, man konnte graue Bärte erkennen. Zwei schlanke Frauen, jeweils auf dem Sozius, hatten ihre Lederjacken nicht zugeknöpft, eine zog sich das T-Shirt bis zum Hals hoch und wandte ihre nackten Brüste unter dem Gejohle der hinter ihr Fahrenden dem Meer und der reinstallierten Sonne zu.
    Auf dem Parkplatz vor der Halle des Doktors war ein Baum eingegangen, mitten im Sommer verlor er sein Laub. Der Wind hatte die Blätter auf unseren Wagen geweht, über den Scheibenwischern waren einige hängen geblieben. Ich hatte die Wischer nicht betätigt, weil ich beim Anfahren die Mails auf meinem Telefon gecheckt hatte. Mehrere der Biker rauchten, das waren wohl Joints. Einer schnippte seinen Stumpen im Vorbeifahren in unsere Richtung, er landete auf dem Laub an den Scheibenwischern. Zuerst dachte ich, etwas spiegele sich in der Windschutzscheibe,

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