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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Wäääh!«
    Wir putzten gerade mal wieder die Bude der Jungs, das heißt, ich putzte, und die Mädchen bespaßten Fanny.
    Ich konnte ja nirgendwo Wischwasser stehen lassen, ohne dass Fanny darüber herfiel. Sie machte vor keiner Klobürste und keinem Putzlappen halt: Alles musste angeknabbert werden. Und so kam es, dass sich Paulinchen spaßeshalber mit Fanny auf dem staubigen Boden wälzte, während Charlotte ausnahmsweise kurz beim Bettenbeziehen half.
    »Das ist voll widerlich!«, stimmte Charlotte mit ein, und im Grunde meines mütterlichen Herzens musste ich ihr recht geben. Bettenbeziehen war ohnehin nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber Betten von zwei jungen Männern beziehen, die darin vermutlich nicht nur … äh … schliefen … Eigentlich war das eine Zumutung. Und für mich auch. Aber ich konnte die zwei Junghengste ja schlecht in ihrem eigenen Saft schmoren lassen. Ich meine, auf Dauer entwickeln sich sonst Schimmelpilzkultu ren und aus diesen womöglich eine neue Art Lebewesen oder so, wie der gemeine Fußpilzgnilch. Theoretisch hätten Nathan und Emil ihre Bude längst selbst in Ordnung halten können. Aber der Penisträger an sich bezieht ja keine Betten. Wann bei jungen Menschen, insbesondere der männlichen Gattung, der natürliche Reinigungstrieb einsetzt, war mir sowieso ein Rätsel. Wahrscheinlich nie, wenn ich sie weiter davon abhielt, eigene Erfahrungen zu machen. Doch es waren Volkers Söhne. Und ich liebte Volker. Er hatte so viel für mich getan. Er war so ein wunderbarer Familienmensch. Er hatte so ein großzügiges Nest für uns geschaffen, da konnte ich es wenigstens sauber halten.
    »Iiiih, Mama! Guck doch mal!«, rissen mich meine Töchter aus meinen Gedanken.
    »Ja, ich mach es gleich weg. Guckt nicht hin.«
    »Bäääh, ich muss kotzen!«
    »Ja, dann fasst es halt nicht an! Was ist es denn?«
    Mit spitzen Fingern griff ich nach dem, was Paulinchen mir reichte.
    Es war eine Zeitschrift. Eine … ähm … nicht gerade jugendfreie Zeitschrift. Ach je. Auch das noch.
    »Wo hast du das denn her?«
    »Es lag unterm Bett!!«
    Ach Gott. Das ging uns ja nun gar nichts an.
    »Kinder, ich habe euch doch gesagt, guckt nicht hin. Bitte geht mit Fanny in den Garten, ja?«
    Unwirsch riss ich Paulinchen das Magazin aus der Hand.
    Das MUSSTE doch nicht sein. Meine Kinder waren ganz blass.
    » WÜRG !«, schrie Charlotte im Angesicht der riesigen Penisse, die sich dem Betrachter entgegenreckten. Leder, Lack, Peitschen, nackte Hintern … Allerdings waren nur Männer zu sehen. In Stiefeln. Mit schwarzen Lederkappen.
    Oh, Gott. Und was hatte Fanny denn da in der Hand? Wo hat te sie dieses abartige … äh … schwarze zylinderförmige Was-auch-immer gefunden? Auch unter dem Bett? Oh, bitte nicht in den Mund … NEIN !
    »In den GARTEN ! Ihr alle!«
    »He, Mama, bleib mal cool, ja? Ich bin fast fünfzehn, okay? Ich weiß, was Schwule tun!«
    Am liebsten hätte ich Charlotte die Zeitschrift um die Ohren gehauen.
    »Mama, ist Nathan schwul?«
    »Nein, mein Schatz. Natürlich nicht.« Ich nahm Charlotte tröstend in den Arm.
    Der KONNTE ja gar nicht schwul sein. Weil ich es ja viel besser wusste.
    »Und wenn doch? Wär’ doch auch nichts dabei!« Eine sanfte Röte überzog ihr Gesicht.
    »Nein, im Prinzip nicht, aber …« Ich verstummte und merkte, wie meine Wangen feuerrot glühten.
    »Was aber? Bist du etwa so spießig?« Empört sah Charlotte mich an.
    Mir kam ein furchtbarer Gedanke. Nein. Nein. Nein. »Nathan IST nicht schwul«, sagte ich verzweifelt. »Da bin ich mir ganz sicher.«
    »Woher willst du das denn wissen?« Charlotte stieß ein herausforderndes Schnauben aus.
    » OH MANN ! Ich weiß es eben! Er steht auf Mädels!« Meine Stimme klang eine Idee schriller als sonst.
    »Mama, das wäre doch auch okay!«, wiederholte Charlotte mit der typischen Penetranz einer Fünfzehnjährigen. »Jeder dritte Mann ist schwul!«
    »Ja«, sagte ich tonlos. »Das mag wohl sein.«
    Charlotte runzelte die Stirn. »Du tust ja gerade so, als ob das eine Krankheit wäre!«
    »Charlotte, ich bin nur total überrascht!«
    »Ich auch.« Charlotte ließ sich auf die Zeitschrift fallen und sagte: »Weißt du, wir haben so einen Typen bei uns im Ballett, der ist total nett, und der ist auch schwul. Aber alle wissen es, und der macht gar kein Geheimnis daraus. Aber der Nathan, der hat es uns nie gesagt.«
    »Weil er nicht schwul IST!«, sagte ich mit Nachdruck und bemühte mich, völlig neutral zu klingen.
    »Aber

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