Der Überraschungsmann
Männer zu oft einparken« oder so ähnlich.
»In Ihrem Fall ist der Betrug doppelt schlimm«, fuhr Maria mit ihrer düsteren Diagnose fort. »Denn es waren mindestens zwei Menschen, denen Sie vertraut und die Sie hintergangen haben. Und weitere haben davon gewusst.«
»Ja.« Innerlich hörte ich auf, mich gegen sie zu wehren. Woher wusste sie das bloß? Nun war ich endgültig platt. Las sie mir das gerade alles von der Stirn ab, oder was?
»Es gibt aber auch Menschen in Ihrem Leben, die Sie bedingungslos zurücklieben«, fuhr Maria ernsthaft fort. »Ihre Kinder.«
Mir schossen die Tränen in die Augen. »Wie viele?« fragte ich probehalber.
» Sie haben mehrere, aber nur bei zweien sehe ich diese bedingungslose Liebe. Nein, bei dreien. Oder …« Sie runzelte die Stirn und sah dann letztlich: »… vier.«
»Aha.« Schniefend wischte ich mir verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Charlotte, Pauline, Emil, Fanny. Die liebten mich bedingungslos. Woher KONNTE diese Frau das nur wissen?
»Diese Kinder sind ahnungslos, sie leben das Leben, das Sie ihnen bieten«, stellte Maria sachlich fest. »Wenn Sie ihnen ein anderes Leben bieten, werden sie auch das mit Ihnen teilen. Sie wollen nur in Ihrer Nähe sein.«
»Ja.«
»Sie haben diese Kinder aber in letzter Zeit vernachlässigt, weil Sie sich mehr um andere Menschen gekümmert haben, als Ihnen gut tut. Einer ist groß, der braucht Sie nicht mehr. Aber auch ihn sehe ich in Zukunft in Ihrer Nähe.«
»Emil.« Jetzt war ich aber wirklich fassungslos. Mein Herz polterte wild.
»Und mit einem Kleineren stimmt etwas ganz und gar nicht.« Fanny. Wenn sie jetzt sagen würde: »Sie haben sich ein Kuckuckskind ins Nest legen lassen und brüten es auch noch aus, Sie dumme Drossel!«, würde ich laut um Hilfe schreien.
»Warum haben Sie das getan?« Frau Dornwald legte ihre Hand auf die meine.
»Ich weiß nicht …« Ich zuckte verängstigt zurück.
»Wollen Sie es hören?«
»Nicht wirklich …«
»Sie haben das getan, weil Sie allen gefallen wollten«, sagte Maria Dornwald tadelnd und sah mir direkt in die Augen. »Sie haben auf Ihre Weise im Mittelpunkt stehen wollen – unbewusst natürlich!« Sie hob abwehrend die Hände, als ich kopfschüttelnd widersprechen wollte.
ICH ? Im Mittelpunkt stehen? Niemals! Das war ja wohl … Also, Leonore wollte im Mittelpunkt stehen. Schließlich hatte sie mal FAST mit Rudolf Schock gesungen. Und Lisa. Und WIE die im Mittelpunkt gestanden hatte! Von Volker ganz zu schweigen. Und die Kinder wollten sowieso immer im Mittelpunkt stehen – das lag ja in der Natur der Sache. Aber ich – ich war doch nur für alle der Steigbügelhalter gewesen.
»Sie wollten sich unentbehrlich machen und sind dabei entbehrlich geworden.«
Tja. Da sagte sie was. Diese Frau Dornwald hatte es wirklich drauf. Unauffällig putzte ich mir die Nase. Die Tränen kullerten mir bereits wieder aus den Augen.
»Sie haben das Band der Liebe überdehnt. Und es ist gerissen.«
Ich schnäuzte mich geräuschvoll in ein neues Taschentuch und zerknüllte es wie die anderen, die sich bereits als feuchtklebrige Masse auf meinem Schoß türmten.
»Erstens: Sie müssen jetzt wieder viel mehr an sich denken. Was ist mit Ihren beruflichen Träumen? Sie haben früher einmal etwas gemacht, das mit fernen Ländern zu tun hatte.«
»Stimmt«, schluchzte ich auf. Wie KONNTE sie das wissen? Sie wurde mir immer unheimlicher.
»Sie haben sich für jemanden vollkommen aufgegeben«, fuhr Maria kritisch fort. »Und dieser Jemand hat sich auf Ihre Kosten voll ausgelebt. Bis der Preis zu hoch wurde.« Sie schüttelte traurig den Kopf: »Sie haben sich belügen lassen, aber auch selbst belogen. Sie haben GEAHNT , dass etwas nicht stimmt, aber Sie wollten der Wahrheit nicht ins Auge sehen. Jemand hat Sie mit Erfolg immer wieder geblendet.«
»Ja«, heulte ich überwältigt auf. »Stimmt!«
»Er wird versuchen, Sie weiter vor seinen Karren zu spannen, weil er Charme hat und alle Welt um den Finger wickelt. Er ist ein Mensch mit mehreren Gesichtern, und er liebt Sie wirklich, aber Sie müssen jetzt stark bleiben und an sich und Ihre Kinder denken.« Dieser Satz nistete sich in meinem Kopf ein wie eine Schlange. Volker liebte mich wirklich. Aber er belog und benutzte mich pausenlos! Ich weinte hemmungslos. Ein voll geheultes Papiertaschentuch nach dem anderen flog in den Kamin. Volker hatte zwei Gesichter! So was GAB es! Erst vor Kurzem hatte man in allen Klatschzeitungen über
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