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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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werden!«
    »Ja, die hat voll die Wahnsinnsfigur, so voll krass dünn, und die tanzt immer im Wohnzimmer.«
    »Oma Leonore spielt Klavier, und die Ludmilla tanzt dazu. Das findet Fanny voll lustig, die steht in ihrem Laufstall, hampelt herum und will mittanzen.«
    »Ja, und Papa filmt das mit seiner Videokamera.«
    »Bitte WAS?« Jetzt musste ich aber schallend lachen. Der Kreis hatte sich geschlossen! Das Spiel ging wieder von vorn los! Jetzt war Lisa die frustrierte Hausfrau, die ihre Karriere an den Nagel gehängt hatte! Und Volker schenkte seine Aufmerksamkeit wieder einer Jüngeren?
    »Na ja, die bewirbt sich an der Tanzakademie, und der Papa meinte, die Lisa könne ihr ja ein bisschen helfen, mit ihren Beziehungen und so.«
    »Und?« Mir blieb vor Spannung der Mund offen stehen.
    »Die Lisa hat dem Papa ’nen Vogel gezeigt! ›Die soll mir das Kind hüten und ansonsten das Haus putzen!‹, hat sie geschrien. Na ja, seit London hat sie sich ziemlich verändert. Die hat irgendwie voll den Stress und weiß wohl auch nicht so genau, was sie will. Am liebsten will sie wieder deine Freundin sein. Und am allerliebsten hätte sie dich wieder für Fanny.«
    »Ach was!«, sagte ich. Das waren ja interessante Neuigkeiten. Aber ich brauchte Zeit.
    »Ich fühle mich bei dir geborgen. Du hast eine warme, runde Ausstrahlung. Das hat ein Stück weit die Leere in mir abgelöst.«
    Walter, der Banker, war inzwischen unser treuester Klient geworden und schleppte immer neue Multimillionäre an, deren Seelen verschüttet waren. Seine Worte galten einem neuen Teilgeber, einem internationalen Pelzgroßhändler, der uns gerade unter Tränen berichtet hatte, dass seine Mutter ihn ins Heim gegeben hatte, als er noch ein Baby war, und dass er nie gelernt hatte zu lieben.
    Wir saßen im Kreis auf der wunderschönen Aussichtsterrasse mit Blick auf den Untersberg. Der warme Sommerwind strich über unsere erhitzten Gesichter. Wieder lag eine interessante Woche mit unseren Seminarteilgebern hinter uns. Justus saß mir mit aufgerollten Hemdsärmeln gegenüber. Die goldenen Härchen auf seinen Armen glitzerten in der Abendsonne wie gesponnenes Gold. Jetzt leitete er die Schlussrunde ein: »Inwieweit haben wir unser Ziel erreicht, einander kennen, verstehen und schätzen zu lernen? Inwieweit sind wir bereit, uns aufeinander einzulassen, ehrlich miteinander umzugehen?«
    Ich dachte kurz an Volker. Ja, inwieweit war ich eigentlich dazu bereit? Wenn sich hier schon die Manager um Kleinigkeiten stritten, wie viele Lichtjahre würde es dann wohl dauern, bis ich dazu bereit war, mich wieder wertschätzend und voller Verständnis auf Volker einzulassen?
    Walter, der Schweizer Banker antwortete bewegt, mit Tränen in den Augen: »Ich war früher völlig verkorkst. Konnte keine Gefühle für Menschen zulassen. Und jetzt werde ich mich jeden Morgen, bevor ich meine Bank betrete, fragen: Möchte ich diese Menschen kennen, schätzen und verstehen lernen?« Seine Stimme brach. »Ja, ich WILL !«
    Justus sah mich schmunzelnd an, so nach dem Motto: Jetzt übertreibt er es aber!
    Plötzlich unterbrach eine weibliche Stimme die emotionsgeladene Atmosphäre. »Entschuldigung, dass ich störe, aber ist hier eine Frau Wieser?«
    Die Rezeptionsdame im Dirndl hatte ein Telefon in der Hand.
    »Sie stören keineswegs!«, rief ich. »Ist das für mich?« Erleichtert riss ich ihr das Handy aus der Hand und rannte zur Hecke. »Hallo?«
    »Hallo, Barbara. Hi, ich bin’s, Lisa.«
    »Lisa!« Ich zog die Schultern hoch. »Das ist jetzt gerade kein guter Moment.«
    »Bitte, leg nicht auf«, sagte Lisa mit einer ganz veränderten Stimme. »Es ist etwas passiert: Volker hatte einen Herzinfarkt.«

25
    Je-der-mann! JEEEE-DER-MANNNN ! Ich sah, wie der Tod seine Hand auf das Herz des Jedermann legte. Dass es nun sogar den vitalen Volker getroffen hatte! Mir zitterten die Beine. Er würde doch nicht … O Gott, bitte nicht. Nicht jetzt. Nicht, nachdem sein Leben so … unrund war.
    Mechanisch rannte ich durch die Flure des Landeskrankenhauses. Vor meinen Augen tanzten Sterne. War das etwa meine Schuld? Hätte ich zu ihm zurückkehren müssen? Ich hatte mich auf Anweisung der Schwester desinfiziert, den grünen Kittel, den Mundschutz, die Zellophanpantöffelchen und die Handschuhe angezogen und staunte über die vielen grün gekleideten Gestalten, die alle auf der Intensivstation vor Volkers Zimmer warteten. Allen stand die nackte Angst in den Augen.
    An der Stimme erkannte ich

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