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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Gunst.
    »Jetzt sag ihr endlich Hallo«, forderte ich Volker auf, der das Ganze misstrauisch beäugte.
    »Hängt die jetzt immer bei uns rum?«
    »Liebster, die hängt nicht rum, die bespaßt unsere Kinder!«
    »Kann die nicht vorher fragen?«
    »Ach, sei doch nicht albern …«
    »Dieser Krach stört mich aber.«
    »Hallo? Den Krach machen UNSERE Kinder! Hoffentlich stören sie die anderen nicht!«
    »Na ja, ohne Nachbarn hat mir unser Leben besser gefallen.«
    »Aber warum denn? Wenn das jetzt humorlose alte Spießer wären, die uns unsere Tannennadeln auf ihrem Grundstück einzeln unter die Nase halten oder in einen Schnellhefter kleben, um ihn ihrem Rechtsanwalt zu geben.«
    »Wer sagt denn, dass es keine sind?«
    »Wie bitte? Ein Kapitän und eine Sängerin? Was ist daran bitte spießig?«
    »Ihr Haus. Lieblos und stillos dahingeknallt. Landhausstil, billig imitiert.«
    »Aber wenn sie doch keine Zeit haben, jahrelang zu bauen! Das habe ich dir doch alles schon erklärt!« Ich zerrte fast bockig an Volkers Arm. »Außerdem werden die sich bestimmt noch hübsch einrichten. Mit dem Kran und dem Bauschutt sieht das alles noch nicht toll aus. Gib ihnen doch einfach ein bisschen Zeit.«
    »Ich hab mit denen nichts zu schaffen.«
    »Volker, jetzt sei doch nicht so stur! Wir haben neue Nachbarn und sollten uns mit ihnen arrangieren.«
    »Mein Fünfer-BMW ist total verdreckt, den konnte ich erst mal in die Waschanlage fahren.«
    »Wer ist denn jetzt hier der Spießer?«
    Volker sah mich überrascht an. Ein kleines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
    Vielleicht spielte er mir nur wieder was vor, und ich fiel darauf rein? Volker konnte sich so köstlich verstellen! Manchmal kam er mit düsterer Trauermiene ins Zimmer und sagte: »Ich habe leider sehr schlechte Nachrichten. Du musst jetzt ganz stark sein.« Wenn mir dann der Schreck in die Glieder fuhr und ich leichenblass fragte, »Ist jemand gestorben?«, grinste er plötz lich und sagte: »Heute komme ich nicht zum Abendessen.« Dann fiel ich ihm total erleichtert um den Hals, und er amüsierte sich königlich.
    Die Kinder hatten uns bemerkt. »Papa! Mama! Juhuu! Schaut mal, wer hier ist!«
    »Also, jetzt sag ihr guten Tag, und zieh nicht so ein Gesicht«, hörte ich mich sagen. Betont munter zog ich Volker an der Hand über den Rasen bis zur Hecke, an der das Trampolin stand.
    Mit finsterer Miene schritt Volker, den ganzen hochherrschaftlichen Besitzerstolz eines Hausherrn vor sich her tragend, zum Trampolin. In diesem Moment glich er Nathan auf so erschreckende Weise, dass ich eine Gänsehaut bekam. Ich würde Lisa nachher erklären, dass er einen speziellen Sinn für Humor hatte.
    Die Mädchen rannten uns mit fliegenden Haaren und geröteten Gesichtern entgegen. Paulinchen lief die Nase.
    »Bäh, du Ferkel! Wisch dir den Rotz aus dem Gesicht!«
    »Charlotte, lass doch einmal deine Schwester in Ruhe. Ständig nörgelst du an ihr herum!« Ich zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und reichte es Paulinchen. Sie ignorierte es und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. Einen kurzen Moment lang sehnte ich mich nach einer achtwöchigen Chinareise, zusammen mit den Teilnehmern des Volkshochschulkurses »Batiken wie Buddha« aus Avenwedde.
    »Da siehst du mal, Mama, was die Pauline für ein Schweinchen ist. Da muss man sich ja schämen!«
    Aha. Wenn das nicht ein Anbiederungsversuch bei Lisa war! Mein Blick wanderte von der Rotznase meiner Tochter zum grimmigen Gesicht meines Volker und schließlich zu Lisa, die mit geröteten Wangen vom Trampolin aufs Gras sprang. Sie war barfuß, ihre weißen Hosenbeine hatte sie hochgekrempelt. Ihre leicht gebräunten Beine waren glatt rasiert wie ein Kinderpopo, und ihre zierlichen Zehen zierte eine French Pedicure . Ich werde sie fragen, wo sie das hat machen lassen, ging es mir durch den Kopf. Das sieht entzückend aus. Ich betrachte selten die Zehen anderer Frauen, aber diese waren einfach zum Anbeißen.
    »Hallo«, sagte sie und strahlte erst mich und dann Volker an. »Ich musste dieses geile Teil einfach mal ausprobieren! Seit meiner Kindheit träume ich von so einem riesigen Trampolin.« Ihre Augen blitzten übermütig.
    Das geile Teil. Das war vielleicht ein bisschen zu … burschikos für eine persönliche Bekanntmachung. Um Volkers Mundwinkel zuckte es. War er jetzt amused oder nicht?
    »Die Lisa kann einen Rückwärtssalto!«, brüllte Paulinchen begeistert, als sei ich taub, und zerrte an meinem Arm.
    Hinter der

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