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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Hecke ging lärmend und kreischend der Betonmischer an. Es war ein ziemlicher Krach, und selbst ich verzog schmerzhaft das Gesicht.
    »Sie hat ihn mir schon beigebracht.« Charlotte turnte schon wieder auf dem Trampolin herum. »Hier!«, schrie sie gegen den Lärm an. »Ist voll easy. Salto rückwärts …«
    »Du wirst dir noch das Genick brechen!« Volker kehrte wirklich ein Stück weit den Spießer heraus, den ich so noch gar nicht an ihm kannte. Wieso war er bloß so NEGATIV ?
    »Servus, ich bin übrigens die Lisa!« Lässig reichte meine neue Nachbarin Volker die Hand.
    Dieser war zwar immer noch bemüht, grimmig zu gucken, ergriff sie aber und drückte sie kurz: »Wieser.«
    Aha. Er hatte also nicht vor, die reizende junge Dame zu duzen. Ich ja eigentlich auch nicht. Also nicht sofort. Wir waren doch beim letzten Mal noch per Sie, oder?
    »Wie lange wird das da drüben noch dauern?« Volker wies mit dem Kinn auf Kran, Schutt, Baustelle und Dreck. Jetzt glich er erschreckend Leonore. »Wie lange wollen Sie an dieser Stelle noch f statt fis spielen?«
    In diesem Moment tauchte der blonde Schopf von Sven Ritter auf, der wohl am Betonmischer gestanden hatte. Der Betonmischer verstummte, und augenblicklich herrschte wieder himmlische Ruhe. Man hörte nur die Amseln zwitschern.
    »Oh, hallo!« Der nette neue Nachbar wischte sich die Hände an den vor Dreck starrenden Hosenbeinen ab und kam durch unser Gartentor, das die Kinder offen gelassen hatten. Wie bei Peter und der Wolf, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Nur dass hier keinerlei Gefahr drohte. Alles eitel Freude und Sonnenschein. Und meinen muffigen Volker würde ich auch noch für die neuen Nachbarn begeistern.
    »Ich bin Sven Ritter, und das ist meine Frau Lisa. Ich hoffe, wir stören Sie nicht allzu sehr mit diesem Krach hier.«
    Sven lächelte fast ein wenig schüchtern und gab meinem Volker die Hand. Ich bemerkte, dass sie ein wenig zitterte. War er etwa aufgeregt? Nein, Quatsch. Er hatte nur schwer am Bau gearbeitet.
    »Dr. Wieser«, sagte Volker knapp, ohne das Lächeln zu erwidern. Ich wunderte mich, dass er sich mit Doktortitel vorstellte. Das machte er doch sonst nicht. Was war denn bloß los mit ihm? Hatte er das nötig? Sollte das jetzt ein gorillamäßiges Auf-die-Brust-Getrommel werden, so nach dem Motto: »Wer ist der tollere Mann, wer hat den tolleren Job, wer hat die hübschere Frau?« Ich sah ihn schon vor mir, wie er Tarzan-Schreie ausstoßend an einer Liane zwischen unseren Häusern hing, die Keule drohend in der Hand.
    »Was ist denn das für eine Baufirma?«, fragte Volker knapp und wies mit dem Kopf auf den Kran, an dem irgendein Schild befestigt war.
    Dass Männer so etwas interessieren kann! Viel lieber hätte ich Lisa gefragt, wo sie dieses süße T-Shirt mit dem frechen Aufdruck her hatte. Die weiße Jeans mit dem blau-weiß-ge streiften Piratenmuster. Und mit welcher Haarspülung sie ihr Blond dermaßen zum Strahlen brachte. DAS waren Fragen, die die Welt bewegten! Baufirma? Hmpf! Schutt! Schrott! Banal. Männliches Imponiergehabe. Aber immerhin, jetzt hatten sie wenigstens ein Gesprächsthema.
    Die Männer verzogen sich bereits diskutierend hinter die Hecke. Beide hatten die Hände in den Hosentaschen vergraben und die Schultern hochgezogen, und ich sah noch, wie Volker einen möglichst belanglosen Seitenblick auf das Auto warf, das bei den Nachbarn vor der Garage stand. Es war irgendwas Schnittiges, Neues, Glänzendes. Jetzt erklärte Sven meinem Volker bestimmt in aller Freundlichkeit die ganzen langweiligen Details zur Baufirma und dem Rasen, der in Längsbahnen einfach so ausgerollt worden war, statt Hälmchen für Hälmchen eigenhändig angesät worden zu sein.
    Lisa und ich wechselten einen verständnisvollen Blick. Das heißt, mein Blick warb um Verständnis für Volkers spätpubertäres Benehmen, und sie blitzte mich übermütig und lausbübisch an.
    »Sie haben es wirklich sehr schön hier. Und so liebe Mädels! So gut erzogen.« Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse und machte eine weit ausholende Geste, die mich und die Mädels, Schwimmteich und Grundstück mit einschloss. »Ich freu mich so sehr, dass wir jetzt Nachbarn sind!«
    Gott, war die süß! Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen! Und mein Mann ist in Wahrheit der freundlichste und netteste Mensch, den man sich vorstellen kann, hätte ich am liebsten gerufen. Hilfsbereit und herzlich, Sie werden ihn mögen. Stattdessen hörte ich mich sagen:

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