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Der übersehene Mann: Roman

Der übersehene Mann: Roman

Titel: Der übersehene Mann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina McKenna
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Gemeinheit. Und wieder war es der junge Sproule.
    »Der Eimer!«, brüllte er, und die Menge brach in Lachen aus. Obwohl Jamie kurz davor war, in einen Wutanfall auszubrechen, riss er sich zusammen, ignorierte die Beleidigung. Er trank schnell etwas von seinemBlack Bush, versuchte sich zu beruhigen und begann »I’ll Tell Me Ma« rauszuschmettern, bevor der miese Bastard Zeit für weitere Zwischenrufe hatte.
    Die mitreißenden, rhythmischen Töne schwollen an. Jamie wollte gar nicht mehr aufhören, damit Sproule nicht noch eine Breitseite abfeuern konnte. Doch bald darauf blitzte es an der Tür metallisch auf und er wusste, dass Declan & The Silver Bullets zurück waren und seine Zeit fast abgelaufen war. Jamie beendete »Danny Boy«, aber nicht ohne den Refrain in die Länge zu ziehen. Aus der Menge schlugen ihm begeisterte Rufe entgegen, als er den Barhocker freigab und das Akkordeon abschnallte. Dann hörte er die verhasste Stimme wieder über das Gemurmel hinweg.
    »Hey, Jamie! Wie spannt man ’n Idiot auf die Folter?«
    Im Saal wurde es still, die Ungehobelteren unter den Gästen kicherten erwartungsvoll. Jamie schob Paddy das Instrument auf den Schoß.
    »Halt das mal kurz, Paddy«, sagte er.
    Das Akkordeon protestierte laut wie ein dickes Kind, als Paddy den Blasebalg zusammenquetschte. Jamie marschierte schon auf die höhnische Stimme zu. Jetzt kochte er vor Wut. Nur mit seinem Akkordeon konnte er die in ihm schlummernde Gabe freisetzen. Als Kind hatte man ihn mit Füßen getreten, aber bei Gott, kein Erwachsener durfte ihn herab setzen, wenn er zu großer Form auflief!
    »Schnell, wir müssen ihn einholen!«, rief Matty.
    Im Nu waren sie beide auf den Beinen und zerrten Jamie zurück.
    »Wie spannt man ’n Idiot auf die Folter?«, kreischte die schrille Stimme noch einmal. »Ich verrat’s dir übamorgen, Jamie!«
    Die Menge krümmte sich vor Lachen. Rasend vor Zorn befreite sich Jamie, indem er seinen Kumpel die Ellenbogen in die Mägen stieß, und Sekunden später hatte er den jungen Chuck schon gepackt. Gläser und Flaschen fielen splitternd zu Boden, als der Tisch umkippte. Jamie zerrte Chuck aus der Gruppe seiner Kumpel. Keiner von ihnen war nüchtern genug, um ihm zu helfen. Dann versetzte Jamie Chuck einen Fausthieb auf die Nase, trat ihm in die Weichteile und riss ihn an den fettigen Haaren wieder hoch.
    »Was hast du gesagt, du dreckiger Bastard?«, zischte er ihn an. »Jetzt isses plötzlich nich mehr so komisch, he?«
    Die Menge jubelte. Chuck schlug Jamie mit voller Wucht in die Magen grube. Er fiel hinten über und ruderte mit Armen und Beinen wie eine auf dem Panzer liegende Schildkröte.
    Und dann wurde es plötzlich ganz still in der Lounge. Jamie öffnete die Augen. Peggy, die Kettensäge, kam wutentbrannt auf sie zu.
    »Jamie McCloone, du solltest dich was schämen! Kein Drink mehr für dich.« Sie wandte sich an Chuck, der sich die blutige Nase hielt. »Und du siehst zu, dass du Land gewinnst! Aber dalli! Ich dulde kein Blut auf meinem Teppich! Ein Monat Hausverbot.«
    »Er hat mir zuerst eine reingehauen!«, wimmerte Chuck.
    »Du hast ihn zuerst beleidigt. Du nichtsnutziger Hampelmann!«
    Und damit zerrte sie ihn unter dem Beifall der Menge am Ohr hinaus wie ein Torero einen verwundeten Bullen. Als sie sich der offenen Tür näherten, begann Chuck, sich laut schreiend zu wehren und voller Verzweiflung gegen den Türrahmen zu stemmen, obwohl er nur zu genau wusste, dass man ihn nicht anhören würde.
    »Du beschissene alte Schlampe!«, schrie er verbittert mit brechender Fistelstimme. »Dein Gesicht sieht aus wie vonner Sau der Arsch!«
    »Das wars! Drei Monate Hausverbot!«, brüllte Peggy und schlug ihm kräftig ins Gesicht.
    Slope trat Chuck von hinten in den mageren Rücken und beförderte ihn auf die Straße hinaus. Dann schloss er die Tür hinter ihm ab.
    Nun, wo der Störenfried draußen war, normalisierte sich die Situation schnell. Matty und Paddy halfen ihrem Freund auf die Beine und Jamie stolperte auf seinen Platz an der Bühne zurück. Er war sich bewusst, dass die mühsam über die kahle Stelle gebürsteten Haare nicht mehr an Ort und Stelle saßen und er einen schrecklichen Anblick abgeben musste. Er versuchte, sein Haar notdürftig zu glätten, während er sich bei seinen Kumpel entschuldigte.
    »Ach weißte, is doch klar, dass du dir den Lümmel schnappen wolltest«, sagte Paddy.
    »Hätte ich auch so gemacht«, stimmte Matty ein und stellte Jamie seinen eigenen

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