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Der übersehene Mann: Roman

Der übersehene Mann: Roman

Titel: Der übersehene Mann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina McKenna
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daransetzen durfte.
    Er schrubbte die Böden auf allen Vieren, klopfte die Teppiche aus und walkte das leinene Bettzeug in der Zinnwanne an der Pumpe im Hof. Er kannte all diese schweren Arbeiten in- und auswendig. Der Sinn seines Daseins lag in dem Dreck, den andere hinterließen, und seine Rettung bestand darin, ihn wegzumachen.
    Nachts, wenn er zusammengerollt in dem Truhenbett lag und der Regen auf das Wellblechdach trommelte, betete er, dass sie nicht kommen würden. Er betete, hoffte und wälzte sich im Halbschlaf von einer Seite auf die andere, nur um ein ums andere Mal grob geweckt zu werden und sich in einem unentrinnbaren Alptraum wiederzufinden. Eine Hand hielt ihm den Mund zu, stinkender Atem blies ihm ins Gesicht und dann spürte er das ganze Gewicht eines Mannes auf sich.
    In manchen Nächten war es Fairley allein, in anderen brachte er Fremde in die abgedunkelte Ecke mit der abgestandenen Luft, wo sie dann laut lachend eine Flasche kreisen ließen.
    Er fand nie heraus, wer die anderen waren, aber ihre Sünden gegen ihn waren dieselben. Und während der ganzen Zeit dachte er nur daran, wie erleichtert er sein würde, wenn es endlich vorbei war. Dann weinte er und wartete darauf, dass ihm im Tageslicht das Gesicht Christi erscheinen würde – das heilige Bild über seinem Bett, der einzige Zeuge seines Leidens und ihrer abscheulichen Sünden.

24
    Farmhaus
Duntybutt
Tailorstown
    Liebe Miss Devine,
    Ich fühlte mich sehr geehrt, Ihren Brief zu erhalten und mehr über Sie zu erfahren. Ich glaube auch, dass es gut ist, wenn man ehrlich ist, denn wenn man es nicht ist, kann alles durcheinanderkommen.
    Deswegen beantworte ich Ihre Fragen hier auch ehrlich. Es ist gut, dass wir so plus minus gleich alt sind, denn vielleicht verstehen wir Dinge besser, über die ein jüngerer Mensch vielleicht noch gar nichts weiß.
    Gut, dass wir nicht so weit voneinander entfernt wohnen, denn ich habe ja nur ein Fahrrad und damit ist dann die Entfernung, wo wir uns treffen, kein Problem, wirklich nicht. Ich habe aber auch einen guten Freund, der mich fahren kann, wenn es also weiter ist, dann wäre esauch kein Problem für mich, falls Sie verstehen, was ich meine.
    Sie sind also eine Lehrerin. Ich glaube, das muss eine großartige Arbeit sein und auch schwer, immer mit den Kindern zu tun zu haben, so wie sie heutzutage sind. Aber Sie sagen, dass es Ihnen Spaß macht, und das ist das Wichtigste.
    Sie haben mich gefragt, was für Bücher ich gerne lese, und ich muss sagen: vor allem Westernbücher. Vor Kurzem habe ich den »Mann aus Virginia« von Owen Wister und den »Wanderer in der Wüste« von Zane Gray mit viel Vergnügen gelesen.
    Sie haben auch gefragt, was ich gerne koche und ich kann sagen, dass ich gerne Kekse backe, vor allem Rosinenkekse und Marmeladentörtchen. Den Aspekt des kulinarischen Prozesses, sie zu backen und zu sehen, wie sie aus dem Ofen kommen, mag ich am liebsten.
    Ich mag Andy Williams auch, aber die Songs von James Last kenne ich nicht, aber er muss gut sein, denn Sie als Sängerin von Kirchenliedern wissen ja alles über das Singen und so weiter.
    Das ist jetzt erst mal alles, was mir einfällt, Miss Devine. Ich denke, wir können uns bald treffen, wenn Sie wollen. Wenn Sie mir schreiben und mir die Zeit und den Ort mitteilen, werde ich da sein und je eher desto besser, finde ich, denn keiner von uns wird jünger und die Zeit vergeht.
    Ich erwarte bald Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
James Kevin Barry Michael McCloone
    P.S. Danke, dass Sie meine Handschrift gelobt haben.
    Lydia, wieder zu Hause in Elmwood, steckte den Brief in den Umschlag und lächelte. Mr McCloone war vielleicht nicht der allerklügste Kopf, aber seine Ehrlichkeit hatte etwas Bestechendes.
    Sie hatte ihm eine kurze Antwort geschickt – wegen der Dringlichkeit seiner letzten Aussage, »denn keiner von uns wird jünger und die Zeit vergeht« – und hatte ihm ein Treffen in zwei Wochen vorgeschlagen. Auch wenn sie ihn sich eigentlich nicht als geeigneten Kandidaten vorstellen konnte, fand sie doch, dass sie ihm wenigstens ein Treffen schuldete.
    Ihre Erfahrung mit Frank Xaver McPrunty hatte ihre Erwartungen auf einer Farbskala von sonnenhellem Gelb zu einem Dunkelbraun herunter geschraubt. Wahrscheinlich war es doch keine gute Idee gewesen, auf diese Weise einen Partner kennenlernen zu wollen. Sie war aber auch klug genug, mögliche zukünftige Begegnungen nicht im Licht dieser einen großen Enttäuschung zu sehen. Ja, sie

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