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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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„Geologe“ möglichst gut zu merken, wenngleich er noch nicht verstanden hatte, was es bedeutete.
    „Stepan, bring mal ein bisschen Fleisch auf den Tisch!“, riss der lahme Dujew seinen Kameraden freundschaftlich aus irgendwelchen Gedanken.
    Chramow nickte, nahm einen Eimer, verließ das Haus und kehrte sehr bald zurück, worauf er den Eimer direkt auf den Ofen stellte.
    „Tja, so leben wir hier also …“, meinte Kalatschew und breitete die Arme aus.
    Der Urku-Jemze erhob sich ein wenig und besah sich die dunklen Fleischstücke im Eimer.
    ‚Ob das Bär ist?‘, fragte er sich misstrauisch und setzte sich wieder auf seine Kiste.
    „Sind Sie schon lange hier?“, fragte Dobrynin den Leiter der Geologenexpedition.
    „Na, zwei Jahre werden es schon sein“, antwortete der. „Wir warten, bis sie die Eisenbahn hergelegt haben, dann reisen wir wieder ab.“
    „Aha“, bemerkte Dobrynin. „Das ist gut. Legen sie sie aus Moskau?“
    „Nein, von näher, aus Tomsk, wahrscheinlich …“
    „Tomsk?“, fragte der Volkskontrolleur nach. Die Stadt kannte er nicht.
    „Ja, das liegt um die 1000 Kilometer von hier“, erklärte der Leiter der Expedition.
    „Und womit sind Sie hier beschäftigt?“, stellte der Volkskontrolleur die Frage, die ihm schon lange auf der Zunge lag.
    Die Männer wechselten Blicke untereinander und sahen mit einer gewissen Vorsicht wieder auf Dobrynin.
    „Das ist ein Staatsgeheimnis“, sagte Kalatschew fast entschuldigend. „Wir dürfen es leider nicht sagen.“
    „Aber im Kreml weiß man wohl darüber Bescheid?“, erkundigte sich der Volkskontrolleur.
    „Natürlich!“, bekräftigte der Leiter der Geologen.
    „Na gut“, seufzte Dobrynin, dessen Interesse die Antwort unbefriedigt ließ.
    „Zu Tisch, Kinder, Essen!“, rief Goroschko sie fröhlich auf ukrainisch. „Wer teilt heute aus?“
    „Das bist doch du!“, sagte Chramow zu ihm. „Hast du das vergessen?!“
    „Ach, wenn das so ist!“ Goroschko griff unter eine Liege, zog einen Stapel Blechteller und Löffel hervor und verteilte sie auf den zwei großen Kisten, die ihnen den Tisch ersetzten. Dann beugte er sich über den Eimer mit Fleisch, schnupperte in den aufsteigenden Dampf, kaute ein wenig auf den Lippen, während er die nötige Entscheidung fällte, und sagte schließlich: „Das ist gar!“
    Sie schnitten das Fleisch mit zwei langen Messern in Stücke, und jeder erhielt eine ziemlich große Portion.
    „Salz!“, meinte Kalatschew, mit suchend unzufriedenen Blick über den Tisch.
    „Ah, das habe ich vergessen!“ Goroschko beugte sich aufs Neue zu der Liege hinunter und zog eine Blechdose mit Salz hervor. „So, hier ist es!“
    Dobrynin hielt seinen Löffel in der Hand und überlegte, wie er das Fleisch damit essen sollte.
    Schließlich fing er den Blick des Leiters auf und fragte schüchtern: „Gabeln gibt es keine?“
    Kalatschew schüttelte den Kopf.
    „Eine Gabel ist gut bei einem Überfluss an Nahrung, aber den gibt es bei uns nicht“, sagte er. „Überhaupt essen wir das Fleisch mit den Händen, der Löffel ist nur für das Salz.“
    Nachdem er gewartet hatte, bis das Fleisch ein wenig abgekühlt war, nahm der Volkskontrolleur ein Stück in die Hand, biss ab und begann es zu zerkauen, was sich als gar nicht so leicht erwies.
    „Ist das Bär?“, fragte Dmitrij Waplachow, der ein Fleischstück in der Hand hielt, aber noch nicht daran ging, es zu essen.
    „Nein“, antwortete Goroschko kurz, während er kaute.
    Sie aßen lange und dabei schwiegen sie.
    Immer mehr Fragen stiegen in Dobrynin auf. Von der ungewohnten Anstrengung taten ihm das Zahnfleisch und seine Zähne weh. Und ihm wurde heiß, weshalb der Volkskontrolleur das nicht aufgegessene Fleischstück wieder auf den Teller legte, aufstand und seinen Pelz auszog. Der wurde jetzt nicht mehr gebraucht.
    Als sie das gekochte Fleisch aufgegessen hatten, tranken sie zu Dobrynins Erstaunen anstelle von Tee die Fleischbrühe, nachdem sie noch Salz darangegeben hatten. Auch er trank die angebotene Tasse aus, und irgendwie schmeckte ihm diese Brühe sogar. Überdies hörte sein Zahnfleisch sofort zu schmerzen auf.
    „So“, bemerkte der Leiter der Expedition und stützte sich mit den Ellenbogen auf die Tischkiste. „Sie haben ja noch gar nicht gesagt, wohin Sie unterwegs sind?“
    „Ich müsste eigentlich zurück nach Moskau …“, erklärte Dobrynin ein wenig unsicher. „Von einer Sache berichten … Ich bin doch Volkskontrolleur …“
    Der letzte

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