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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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ihm nicht, das ist klar. Aber vielleicht geht es irgendwie, ohne dass wir ihm die rechte Hand abhacken?“
    Hier verstummte der Buchhalter und dachte nach, er suchte in Gedanken nach anderen Strafen. Da kreuzte sein Blick den von Archipka-Stepan, und dem Buchhalter schien es, als würde Archipka wissen, wie man vorgehen sollte.
    „Dann soll Archipka entscheiden!“, sagte der Buchhalter, und Dutzende von Augen hefteten sich auf Archipka.
    Der kaute, blickte auf den immer noch mit dem Rücken zu Allen dastehenden Dieb und sagte: „Ja, vielleicht hacken wir ihm nicht die Rechte ab? Mit der Rechten arbeitet und isst der Mensch doch. Vielleicht lieber die Linke?“
    „Ganz richtig!“, sagte der Brigadier. „Die Linke ist natürlich besser, sonst bleibt ihm ja die Linke übrig, und Linkshänder ist er doch keiner! Wer ist dafür?“
    Wieder hoben sich viele Hände, und der Brigadier, der dieses lange Verfahren schon sichtlich satt hatte, packte den Dieb am Ellenbogen und zog ihn zum Ausgang des Kuh-stalls.
    „Helft mit!“, bat er die Männer. „Wir bringen ihn zur Winter­küche, wir bestrafen ihn, und fertig! Damit es allen anderen eine Lehre ist.“
    Der Dieb, der bleich wie ein Septembermond war, bewegte rasch seine kurzen Beine und hatte sich den Männern, die ihn am Ellenbogen zogen, ganz ergeben.
    Die Sonne war bereits untergegangen, aber die Dunkelheit hatte sich noch nicht verdichtet.
    Bei dem großen Hackklotz, auf dem sie Brennholz spalteten und Schlachtfleisch zerteilten, blieben die Männer stehen. Sie warteten, bis die übrigen dazugekommen waren. Weder der Engel, noch die Lehrerin, noch die gute Hälfte der übrigen Siedler waren jedoch unter denen, die den Hackklotz umringten.
    „Los!“, befahl der Buchhalter, der sein dickes Heft unter den Arm geklemmt hatte, dem Brigadier. „Wer führt die Strafe aus?“
    „Das kann ich machen!“, schlug der Brigadier vor und rollte sich schon die Ärmel seiner ewig schmutzigen Watte­jacke auf.
    „Zieh doch die Jacke aus, da schlägt es sich bequemer!“, riet einer der Bauarbeiter dem Brigadier.
    „So geht es auch, ich hab mich so an sie gewöhnt!“, antwortete der Brigadier und nahm das Hackbeil vom Boden neben dem Klotz. „Er soll die Hand hinlegen!“
    „Hörst du, leg die Hand hin!“, wiederholte ein Mann, der neben ihm stand, Pjotr direkt ins Ohr.
    Pjotr beugte sich langsam zu dem Hackklotz, starrte mit aufgerissenen Augen auf dessen Oberfläche, dann stützte er sich mit der linken Hand darauf.
    „Wieso hast du dich denn so hingestellt?“ Der Brigadier be­gann zornig zu werden, er hatte die ganze langwierige Geschichte bereits satt.
    Pjotr ging in die Hocke, legte seine linke Hand auf den Klotz und heftete den Blick auf sie.
    „Schau nicht hin, du Dummkopf!“, schrie der Brigadier ihn an.
    Pjotr wandte sich ab.
    „Und …?“ Der Brigadier sah den Buchhalter an und um­klammerte das Beil mit beiden Händen.
    „Also, wir bestrafen dich beispielhaft für Diebstahl, verstehst du?“, erklärte der Buchhalter.
    Pjotr schwieg.
    „Verstehst du das?“ Der Brigadier beugte sich drohend über den Dieb.
    „Ja …“, stammelte der kaum hörbar.
    „Los!“ Der Buchhalter winkte dem Brigadier, und der holte aus und ließ das Beil auf den Klotz sausen.
    Ein entsetzlicher Schrei ertönte, und der Dieb, der hoch in die Luft geschossen war, rannte röchelnd und schreiend auf den Abhang des Hügels zu. Dabei wedelte er mit den Händen, mit der rechten und der nicht vollständig abgehackten linken, die an den Sehnen baumelte. Und die ganze Zeit schrie er, schrie Unzusammenhängendes …
    „Wieso hast du sie denn nicht ganz abgehackt!“, unterbrach der Buchhalter das angespannte Schweigen.
    „Das Beil … ist ja völlig stumpf … man hätte es wenigstens richtig schärfen müssen …“, rechtfertigte sich der Brigadier. „Was steht ihr so da!“, brüllte er plötzlich die in der Runde stehenden Männer an. „Fangt ihn ein, die Hand muss ganz ab!“
    Die Männer liefen los, verteilten sich über den Abhang und fanden den nicht zu Ende bestraften Dieb mehr seinem Schreien nach, als mit den Augen.
    Sie holten ihn ein und brachten Pjotr wieder auf den Hügel, zum Hackklotz.
    „Leg die Hand richtig hin!“, bat der Brigadier einen der Männer.
    Der schob die unterhalb des Ellenbogens nicht ganz abgehackte Hand so hin, dass der Brigadier richtig draufhauen konnte.
    „Hier braucht es gar keinen Schwung mehr“, sagte der Buchhalter.
    Der Brigadier

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