Der und kein anderer Roman
Händchen. Als Gracie Anton Guyard kennen gelernt hatte, war sie über den äußerlichen Gegensatz der beiden verblüfft gewesen. Anton war ein mondgesichtiger Geschäftsmann aus Los Angeles, dessen Haar bereits schütter geworden war, ganz das Gegenteil seiner wunderschönen Ehefrau mit den Filmstarqualitäten. Doch Anton war charmant und intelligent und offenbar sehr in Natalie verliebt; sie ihrerseits schien ihn ebenfalls zu vergöttern.
Bobby Tom drückte Gracies Hand und wandte den Kopf von einer Gruppe Touristen ab, die ihn anglotzten. In seinem rosa Westernhemd mit silbernen Nieten und seinem stets präsenten Stetson war er leicht zu erkennen. Gracie trug ein braunes Stricktop mit dazu passendem kurzen Rock, Sandalen und klobige, sandbestrahlte Goldohrringe.
Natalie drehte sich zu ihnen um. Sie sah besorgt aus. »Bist du dir auch sicher, dass der Cityruf funktioniert, den du mir gegeben hast, Bobby Tom?«
Gracie konnte gut nachvollziehen, dass Natalie angesichts der allerersten Trennung von Elvis nervös war. Und
das, obwohl sie Terry Jo vertraute, die in der Zwischenzeit regelmäßig als Babysitterin fungierte. Die ganze Woche über hatte Natalie Muttermilch in Flaschen abgefüllt und sie ins Gefrierfach getan, um für diesen Tag gewappnet zu sein.
»Ich habe ihn selbst ausprobiert«, beruhigte sie Bobby Tom. »Falls Terry Jo überhaupt irgendwelche Probleme mit Elvis haben sollte, kann sie dich sofort erreichen.«
Anton dankte ihm bereits zum dritten Mal.
Schon am frühen Morgen hatte Bobby Tom darüber geklagt, wie schwer es ihm fallen würde, nach allem, was Natalie und er hinter seinem Rücken getan hatten, Natalies Mann gegenüberzutreten. Natalie mochte als professionelle Schauspielerin keinerlei Schwierigkeiten haben, ihre Liebesszenen vor laufender Kamera zu spielen. Doch Bobby Tom hatte das Gefühl, seinen persönlichen Ehrenkodex zu verletzen.
Gracie genoss die Tour des Alamos . Zusammen mit einer Menge anderer Touristen lauschte sie der dramatischen Erzählung des Reiseführers über die dreizehn schicksalsträchtigen Tage, die Texas in die Unabhängigkeit geführt hatten. Am Schluss standen ihr Tränen in den Augen.
Bobby Tom beobachtete sie amüsiert, als sie sie mit einem Taschentuch abzutupfen versuchte. »Für ein Yankee-Mädchen, die George Strait nicht von Waylon Jennings unterscheiden kann, hast du doch das Herz am rechten Fleck.«
»Oh, Anton, schau doch mal! Davy Crocketts Gewehr!«
Neidisch beobachtete Gracie, wie Natalie die Aufmerksamkeit ihres Mannes auf einen großen Glaskasten lenkte. Ihr enges Verhältnis wurde in jeder ihrer Bewegungen und ihrer Blicke deutlich. Natalie hatte unter dem gewöhnlichen Äußeren ihres Mannes den Menschen darunter erkennen können. Ob es wohl möglich wäre, dass Bobby Tom das eines Tages auch mit ihr gelingen würde? Rasch verwarf sie diese Fantasievorstellung. Es hatte keinen Sinn, sich mit dem Unmöglichen zu quälen.
Nach der Besichtigung des Alamo schlenderten sie die Uferpromenade entlang. Von dort aus schifften sie sich auf eines der Touristenboote ein, das unter den Steinbrücken entlangschipperte. Danach spazierten sie über die sich windenden Wege. Schließlich landeten sie in einem Geschäftsviertel mit dem Namen La Vilita , wo Bobby Tom für Gracie eine hellblaue Sonnenbrille erstand, deren Gläser die Form des Staates Texas hatten. Gracie revanchierte sich, indem sie ihm ein T-Shirt mit der Aufschrift Ich bin zwar nicht besonders schlau, kann dafür aber schwere Lasten tragen kaufte. Natalie und Gracie amüsierten sich über das T-Shirt, bis ihnen die Tränen kamen, während Bobby Tom sich entrüstet gab. Doch gleichzeitig hielt er es sich vor dem Spiegel an und grinste darüber.
Als es Abend wurde, besuchten sie sein Lieblingsrestaurant an der Uferpromenade, den Zuni Grill . Während sie mit Pekannüssen gegrilltes Hühnchen und schwarze Bohnen und Schafskäse aßen, beobachteten sie die vielen Fußgänger, die unmittelbar vor ihnen promenierten.
Bobby Tom hatte gerade einen Löffel von Gracies Dessert gekostet, eine Bourbonvanillekrem mit Pekannüssen, als sie ihn erstarren sah. Sie folgte seinem Blick auf die offene Metallwendeltreppe, die in das obere Stockwerk des Restaurants führte. Suzy Denton kam die Treppe herunter, unmittelbar hinter ihr folgte Way Sawyer.
19
Natalie, die gerade mit der Babysitterin wegen Elvis telefoniert hatte, bemerkte Suzy und Way Sawyer auf der Treppe. »Bobby Tom, ist das nicht deine
Weitere Kostenlose Bücher