Der und kein anderer Roman
paar weite, beige Abendhosen an Stelle eines Kleides gewählt. Das dazu passende Top und die hüftlange Seidenjacke waren mit tragbarer Kunst verziert: eine hübsche Dorfszene von Chagall in den Tönen Koralle, Türkis, Fuchsia und Aquamarin. Als einzigen Schmuck trug sie ihren Ehering und die auffälligen Diamantohrstecker, die Bobby Tom ihr nach Abschluss seines ersten Vertrages mit den Stars geschenkt hatte.
Eine hispanische Frau, die Suzy nicht kannte, öffnete die Tür und führte sie über den schwarzen Marmorboden in ein geräumiges Wohnzimmer mit Panoramafenstern über zwei Stockwerken und Aussicht auf einen erleuchteten Rosengarten. Seidenbespannte Lampen warfen warme Schatten auf die glänzenden, elfenbeinfarbenen Wände. Die Sofas und Sessel waren zu kleinen Grüppchen arrangiert und in kühlen Grün-und Blautönen gehalten, hier und da von etwas Schwarz durchsetzt. Dazu passende Wandhalterungen zu beiden Seiten des Marmorkamins hielten unglasierte Terrakottakübel, aus denen getrocknete Blumen üppig hervorwucherten.
Way Sawyer stand neben einem glänzenden schwarzen Stutzflügel, der vor dem größten Fenster positioniert war. Ihre Unsicherheit wurde noch verstärkt, als sie ihn wie einen modernen Gangster von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet sah. Doch statt einer Kappe und einer Weste stammte sein Designeranzug aus Italien, und sein Hemd war aus Seide. Das weiche Licht in dem Zimmer konnte die harten Linien seines Gesichts nicht verwischen.
In der Hand hielt er ein Glas und musterte sie aufmerksam mit seinen dunklen Augen, denen nichts zu entgehen schien. »Was würden Sie gerne trinken?«
»Ein Glas Weißwein.«
Er trat auf eine kleine Truhe zu, in der sich ein Spiegelschrank mit einer Reihe von Flaschen und Gläsern befand. Während er ihr den Wein einschenkte, versuchte sie sich dadurch zu beruhigen, dass sie im Zimmer auf und ab lief und die Kunstwerke an den Wänden betrachtete. Es waren mehrere große Ölbilder und eine Reihe von Aquarellen. Vor einer kleinen Federzeichnung einer Mutter mit einem Kind blieb sie stehen.
»Das habe ich in London vor ein paar Jahren auf einer Auktion erstanden.«
Sie hatte nicht gehört, wie er von hinten auf sie zugetreten war. Er reichte ihr das goldverzierte Weinglas, und während sie daran nippte, erzählte er ihr die Geschichte jeden Gemäldes. Seine Worte waren bedächtig und abgewogen, sie teilten ihr die Details mit, konnten sie jedoch nicht beruhigen. Sie hatte ihre Schwierigkeiten damit, diesen Mann, der so ruhig über eine Kunstauktion in London sprach, mit dem aufsässigen Teenie in Einklang zu bringen, der hinter der Sporthalle Zigaretten geraucht und sich nur mit den hübschesten aller Mädchen abgegeben hatte.
Während der letzten paar Wochen hatte sie ein paar Recherchen angestellt, um die Löcher in Sawyers Vergangenheit
aufzufüllen. Soweit sie die Geschichte aus den Aussagen einiger älterer Einwohner hatte zusammenstückeln können, hatte seine Mutter Trudy im Alter von sechzehn Jahren behauptet, nacheinander von drei Straßenarbeitern vergewaltigt worden zu sein, von denen einer Ways Vater war. Dies war einige Jahre vor Ende des Zweiten Weltkrieges geschehen, und keiner hatte ihr Glauben geschenkt. Also war sie zur Außenseiterin abgestempelt worden.
In den darauf folgenden Jahren hatte Trudy nur mit Mühe und Not den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn bei den wenigen Familien mit Putzen verdienen können, die sie überhaupt in ihr Haus ließen. Offenbar hatte die schwere Arbeit und die soziale Ausgrenzung sie allmählich gebrochen. Etwa zu dem Zeitpunkt, als Way in die Oberschule kam, schien sie aufgegeben zu haben und die Aburteilung der Umwelt auch selbst verinnerlicht zu haben. Das war der Zeitpunkt, an dem sie sich durchreisenden Männern gegen Geld angeboten hatte. Mit fünfunddreißig Jahren war sie an einer Lungenentzündung gestorben, nicht viel später war Way der Marine beigetreten.
Während Suzy ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg musterte, vergrößerte sich ihre Unsicherheit. Trudy Sawyer war das Opfer gravierender Ungerechtigkeit gewesen, und ein Mann wie Way Sawyer würde das nicht vergessen. Wie weit würde er gehen, um die Rechnung auszugleichen?
Zu ihrer Erleichterung erschien die Bedienstete und bat sie an den Esstisch. Way führte sie in einen in blassem Grün und mit Jadetönen abgesetzten Esssalon. Während des ersten Salatgangs verlief die Unterhaltung höflich, wenn auch bedeutungslos. Als der
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