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Der unendliche Raum

Der unendliche Raum

Titel: Der unendliche Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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die Erfrischungsecke der Zentrale zusteuerte.
    Ehe der Kommandant etwas sagen konnte, meinte Facer mit schleppender Stimme:
    „Wissen Sie, was die tief roten Leuchterscheinungen zu bedeuten haben?“
    „Sprechen Sie“, flüsterte Hamer, und seine Nackenmuskeln versteiften sich.
    „Wir befinden uns in etwas, was wir als den urtümlichen Schöpfungsakt des Allmächtigen anzusehen haben. Captain, dieses tiefrote Leuchten ist keine normale Lichterscheinung, die von irgendeinem Stern erzeugt wird. Wir befinden uns innerhalb einer gigantischen Ursonne, die eben im Begriff ist, ein gealtertes und nicht mehr lebensfähiges Universum zu einem ganzen zu verschmelzen. Wir rasen durch energiegeladene, feinstverteilte Gase hindurch, die bereits beginnen, in einem zyklischen und alles umfassenden Kernprozeß einzutreten.“
    Er lachte beinah hysterisch.
    Hamer blickte mit weit aufgerissenen Augen auf die Schirme der Rundblick-Anlage. Das tiefrote Leuchten schien intensiver geworden zu sein.
    „Wundern Sie sich nicht darüber“, meinte Facer. „Sie haben vor einigen Minuten auf 98 Prozent einfach Licht beschleunigen lassen. Die noch kilometerweit verstreuten Atome und teilweise schon dichter werdenden Gaspartikel erzeugen natürlich einen Reibungseffekt. Der Raum selbst glüht nicht heller, doch dafür beginnen unsere Schutzschirme zu leuchten. Haben Sie schon festgestellt, daß im normalen Magnetschirm gewaltige Entladungen toben?“
    „Sie reden ja irre“, schluckte Hamer. „Nur drei Lichtjahre entfernt steht eine echte Sonne im Raum. Ich verstehe Sie nicht ganz.“
    „Das ist auch nicht verwunderlich“, murmelte Facer müde. „Captain, kennen Sie die Theorie, die besagt, daß unsere heimische Milchstraße vor ihrer Entstehung nichts anderes war, als eine gigantische Ursonne, wenigstens den zehnfachen Durchmesser unseres gesamten Milchstraßen-Systems hatte? Sie muß sich nach undenklichen Zeitspannen verdichtet haben, und dann gab es eine ungeheure Explosion. Es entstand eine Super-Super-Nova, und die Ursonne löste sich in Milliarden Gaswolken auf. Die verteilten Überbleibsel der galaktischen Ursonne ballten und verdichteten sich, und nach vielen Millionen, vielleicht Milliarden Jahren, entstand unsere Milchstraße.“
    „Wollen Sie damit sagen, daß hier in diesem Universum soeben ein ähnlicher Vorgang stattfindet?“ keuchte Hamer.
    „Das halte ich für unsinnig, denn wir haben wenigstens fünfzig- bis siebzigtausend Sterne ausmachen können. Wenn wir in den dünnen Schichten einer solchen Ursonne wären, dann könnte es wohl kaum Sterne geben, die einen durchaus massiven Charakter haben.“
    „Diese Erklärung scheint nur logisch“, lachte Facer schwach. „Haben Sie einen einzigen Stern gefunden, der im gelben Teil des Spektrums, geschweige denn im blauen oder violetten Streifen liegt? Das, was Sie gesehen haben, sind düsterrote, teilweise schon schwarzrote Sternleichen, die ihre Energie restlos abgestrahlt haben. Die Sonne, die Sie anfliegen wollen, ist dabei noch ein Ausnahmefall, denn sie zeigt wenigstens noch einige gelbe Linien. Sie sagten, Sie hätten fünfzig bis siebzigtausend Sterne ausmachen können, und dabei bemerkten Sie gar nicht, daß diese Zahl lachhaft ist. Sie hätten Millionen Sterne erkennen müssen. Das konnten Sie aber nicht, weil schätzungsweise neunzig Prozent der hiesigen Sonnen schon erloschen sind. Sie haben nur noch die kläglichen Überreste einer ganzen Milchstraße.“
    „Wahnsinn, absoluter Wahnsinn“, stotterte Hamer mit bebenden Lippen.
    „Gar kein Wahnsinn, sondern eine Realität“, entgegnete Dr. Facer fast brutal.
    „Milliarden Sonnen haben Milliarden Jahre lang alle verfügbare Energie abgestrahlt. Sie wissen selbst, daß Energie niemals verlorengehen kann. Diese Milchstraße ist in ihrer alten Form zum Sterben verurteilt, doch entsteht aus den Kräften, die ihre ehemals aktiven Sterne verschwenderisch abgegeben haben, ein neues Gebilde, das damit den ewigen Kreislauf schließt.“
    Hamer saß schweratmend in einem Plastiksessel und bemühte sich, sein zuckendes Gehirn zu beruhigen. Seine Blicke hingen auf den Bildflächen, auf denen es nach wie vor rot glühte. Als kurz darauf die Meldung des Chef-Ingenieurs durchkam, wonach im normalen elektrischen und auch im magnetischen Schutzschirm heftigste Entladungen stattfänden, wußte Hamer, daß der kühle, wissenschaftlich geschulte Geist des Chef-Physikers durchaus nicht phantasiert hatte.
    „Wirklich eine

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