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Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Titel: Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Toten.
    Das dauerte nur wenige Sekunden, und die Ausbeute war ziemlich mager, wie er feststellen konnte, als er zweihundert Meter zwischen sich und den Leichnam gelegt hatte. Eine abgenutzte Brieftasche ohne Kreditkarten und nur vierzig Gulden in Banknoten. Eine Hand voll Münzen. Eine fast leere Zigarettenschachtel und ein Feuerzeug. Ein Schlüsselbund mit vier Schlüsseln und ein Bierdeckel mit einer Arzneimittelreklame. Das war alles. Er warf alles, außer dem Geld, in einen Papierkorb, überschlug eilig seine finanzielle Situation und stellte fest, dass er trotz allem einigermaßen bei Kasse war. Zusammen mit dem Hunderter, den er seiner Schwester abgeschwatzt hatte, hatte er mehr als genug für einen netten Abend in der Kneipe, und deshalb nahm er mit einer gewissen gemessenen Zufriedenheit Platz in der Straßenbahn Nummer Zwölf, die ins Zentrum fuhr. Ohne gültigen Fahrausweis, natürlich. Fische hatte sich seit dreißig Jahren keine Fahrkarte mehr gekauft.
    Der Klejne Hans auf der Nordseite von Maar gehörte zu seinen Lieblingstränken. Dort saß Fische zumeist an den Abenden, an denen er sich Kneipenbesuche leisten konnte, und auch an diesem vernieselten Novemberabend führten seine Schritte ihn hierher. Als er eintraf, war es noch immer ziemlich leer; es war schließlich erst sechs, und er saß einige Zeit allein vor einem Bier und einem Genever an einem langen Tisch. Saß dort und dehnte die Getränke aus, so gut das ging, rauchte die Zigaretten
des Toten und fragte sich, ob er die Polizei nicht lieber gleich verständigen sollte. Es gab solche und solche Pflichten, wie ein altes Sprichwort behauptete. Dann tauchten drei oder vier gute Freunde auf, und wie so oft schob Fische die Sache erst einmal auf. Nur nichts überstürzen, dachte er. Gott hat keine Eile erschaffen, und der Mann aus dem Gebüsch könnte ja unter keinen Umständen wieder auferstehen.
    Und als Fische in derselben Nacht gegen ein Uhr in sein durchgelegenes Bett im Männerhospiz in der Armastenstraat fiel, hatte er zwar alles Mögliche im Kopf, nicht aber einen Leichnam auf einem öden Parkplatz in Dikken oder mahnende Stimmen aus den Resten seines versickerten Gewissens.
     
    Der folgende Tag, ein Freitag, war verregnet und trist. Er blieb im Bett liegen und fühlte sich krank und elend, und deshalb wurde es Samstagvormittag, bis Andreas Fische — aus einer der Telefonzellen im Hauptbahnhof mit kostenlosem Notruf — die Polizei anrief und fragte, ob dort Interesse an einem Tipp bestehe.
    Das sei schon der Fall, lautete die Antwort. Aber man werde nicht einen verdammten Groschen dafür bezahlen, das solle er sich lieber sofort klarmachen.
    Rasch analysierte Fische die Verhandlungssituation. Dann siegte sein mitbürgerliches Pflichtbewusstsein, und er teilte gratis mit, dass draußen in Dikken wohl eine Leiche zu holen sei. Auf dem Parkplatz bei der Golfanlage, bei diesem Restaurant, wie immer es heißen mochte, zum Teufel.
    Ermordet, wenn er sich nicht sehr irrte.
    Als die Polizei nach seinem Namen, seiner Adresse und ähnlichen Dingen fragen wollte, hatte er bereits aufgelegt.
     
    »Wie lange?«, fragte Kommissar Reinhart.
    »Schwer zu sagen«, meinte Meusse. »Lässt sich noch nicht endgültig sagen.«
    »Und was schätzt du?«, fragte Reinhart.

    »Hm«, sagte Meusse und warf einen Blick auf den Leichnam auf dem großen Marmortisch. »Drei, vier Tage.«
    Reinhart rechnete.
    »Dienstag oder Mittwoch also?«
    »Dienstag«, sagte Meusse. »Wenn dir an purer Spekulation gelegen ist.«
    »Er sieht ziemlich mitgenommen aus«, sagte Reinhart.
    »Er ist tot«, sagte Meusse. »Und es hat geregnet.«
    »Sicher«, sagte Reinhart.
    »Aber da bleibt der Kommissar vielleicht besser im Haus?«
    »Wenn möglich«, sagte Reinhart. »Und nur zwei Schläge, ja?«
    »Ist nur einer nötig«, sagte Meusse und fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel. »Wenn man weiß, wohin man zu zielen hat.«
    »Und das wusste der Täter?«
    »Vielleicht«, sagte Meusse. »Liegt ziemlich nahe, gerade dort zuzuschlagen. Schräg über den Schädel in Richtung Stirn. Das andere ... der Nackenschlag ... ist interessanter. Ein wenig professioneller. Bricht die Halswirbelsäule. Auf diese Weise könnte man ein Pferd umbringen.«
    »Alles klar«, sagte Reinhart.
    Meusse ging zum Waschbecken in der Ecke und wusch sich die Hände. Reinhart blieb am Tisch stehen und betrachtete den Toten. Ein Mann von Mitte dreißig, wie es aussah. Vielleicht etwas jünger. Ziemlich

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