Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
zuckte mit den Schultern. »Ethik hast du das genannt?«
»Du sagst es«, sagte Reinhart und drückte auf den Pausenknopf des Tonbandgerätes. »Ich glaube, wir trinken jetzt einen Kaffee.«
»Auch, was Erich Van Veeteren angeht, wissen wir nicht viel Neues, fürchte ich«, sagte Reinhart, nachdem Frau Katz das Zimmer verlassen hatte. »Allerlei Gespräche natürlich, vor allem vorgenommen von Assistent Bollmert, der viele Reisen dafür unternommen hat. Ist etwas dabei herausgekommen?«
»Meines Wissens nicht«, sagte Bollmert und spielte nervös an einem Drehbleistift herum. »Ich habe mit Sozialberatern und Bewährungshelfern und alten Bekannten von Erich gesprochen, aber die meisten hatten in den letzten Jahren nicht mehr viel mit ihm zu tun. Er hatte tatsächlich ein neues Leben angefangen. Ich habe bei diesen Gesprächen auch Vera Miller erwähnt, aber das hat auch nichts gebracht.«
»Tja, so sieht es eben aus«, bestätigte Reinhart. »Nur Nieten. Wir könnten vielleicht annehmen, dass irgendwer — irgendein Mensch wenigstens — beide Opfer kennt ... so rein statistisch gesehen könnten wir das doch annehmen. Zum Teufel, wir haben doch mit hunderten von Menschen gesprochen. Aber es ist trotzdem nicht der Fall.«
»Wenn der Mörder wirklich beide gekannt hat«, meinte Rooth, »dann ist er vielleicht gerissen und gibt es nicht zu.«
»Nicht unmöglich«, sagte Reinhart ungerührt. »Ansonsten habe ich einige Zeit mit dem Versuch zugebracht, mir eine vorstellbare Verbindung zwischen Erich und Frau Miller zu überlegen — ich meine, was sie theoretisch miteinander zu tun haben könnten —, aber ich muss sagen, dass das gar nicht so leicht ist. Es kommen nur windige Hypothesen dabei heraus — die puren Räuberpistolen, verdammte Scheiße.«
Er bekam Blickkontakt zu Moreno; sie lächelte kurz und schüttelte den Kopf, und er begriff, dass sie seine Ansicht teilte. Er hob die Hand, um das Tonbandgerät auszudrehen, hielt dann aber inne. Jung winkte mit einem Bleistift und machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Apropos Hypothesen«, sagte er. »Ich habe mir Rooths Hypothese ein wenig genauer angesehen.«
»Rooths?«, fragte Reinhart und hob die Augenbrauen. »Hypothese?«
»Welche meinst du?«, fragte Rooth.
»Die Briefmarkenliga«, sagte deBries.
»Nein, das Stethoskopsyndrom«, sagte Jung.
Jetzt schaltete Reinhart das Tonbandgerät aus. »Was soll der Scheiß?«, fragte er. »Verdammte Komiker. Moment, ich lasse eben das Band zurücklaufen.«
»Tut mir Leid«, sagte deBries.
»Das war mein Ernst«, sagte Jung. »Ich habe also ...«
Er wartete, bis Reinhart wieder auf »play« gedrückt hatte.
»Rooth hat behauptet, dass dieser Kerl ... wenn Vera Miller wirklich einen anderen hatte ... mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit ein Arzt sein muss. Ihr wisst schon, Krankenschwestern und weiße Kittel und so ...«
Er legte eine Pause ein und hielt Ausschau nach Reaktionen.
»Weiter«, sagte Reinhart.
»Und ich dachte, es könnte sich doch lohnen festzustellen, ob sie ein Verhältnis mit irgendeinem Arzt vom Gemeinde hatte. Fast alle, die Ehebruch begehen, suchen sich dafür Arbeitskollegen, habe ich irgendwo gelesen ... und deshalb habe ich heute Vormittag mal mit Liljana gesprochen.«
»Mit Liljana?«, fragte Reinhart. »Und wer zum Teufel ist Liljana?«
Er hätte schwören können, dass Jung errötete.
»Eine Kollegin von Vera Miller«, erklärte er. »Ich habe gestern zum ersten Mal mit ihr geredet.«
»Die habe ich gesehen«, sagte Rooth. »Die absolute Bombe .
. . und noch dazu vom Balkan, wenn auch nicht auf diese Weise.«
Reinhart starrte zuerst ihn und dann das Tonbandgerät an, unternahm aber nichts.
»Weiter«, sagte er. »Was hatte sie zu sagen?«
»Nicht viel, fürchte ich«, gab Jung zu. »Aber sie hält es nicht für ausgeschlossen, dass Vera Miller ein Techtelmechtel mit einem Arzt hatte. Einer Kollegin gegenüber soll sie etwas in dieser Richtung angedeutet haben, aber sicher wusste sie es nicht.«
»Einer Kollegin gegenüber?«, fragte Moreno.
»Ja«, sagte Jung. »Einer Schwesternschülerin. Aber die habe ich noch nicht erwischt. Sie hat heute und morgen frei.«
»Verdammt«, sagte Reinhart. »Na ja, wir werden sie schon finden. Besser, wir gehen dieser Sache gleich auf den Grund. Ich muss schon sagen, das kommt mir im Grunde ziemlich wahrscheinlich vor. Krankenschwestern und Ärzte, das haben wir doch schon mal gehört.«
»Und im Gemeinde gibt es ja durchaus
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