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Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Titel: Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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oder waren es zwei gewesen? Scheißegal. Dann eben ein Zorn auf diesen Mörder oder diese Mörder, aber auch auf alle Verbrecher überhaupt ... und dann meldete sich die kälteste und finsterste seiner Erinnerungen zu Wort. Der Mord an Seika. An seiner Freundin. An Seika, die er heiraten, mit der er eine Familie hatte gründen wollen. An Seika, die er wie keine andere geliebt hatte. An Seika mit den hohen Wangenknochen, den halbasiatischen Augen und dem schönsten Lachen der Welt. Es war jetzt fast dreißig Jahre her; sie lag inzwischen seit drei Jahrzehnten in diesem verdammten Grab draußen in Linden ... die neunzehnjährige Seika, die seine Frau hätte werden sollen.
    Wenn es diesen Verbrecher nicht gegeben hätte, einen Messerstecher, einen von Drogen umnebelten Irren, der sie ohne jeglichen Grund eines Abends im Wollerimpark niedergestochen hatte.
    Falls nicht die zwölf Gulden in ihrem Portemonnaie ein Grund gewesen waren.
    Und jetzt der Sohn des Kommissars . O verdammt, dachte Reinhart. Er hat ja so Recht: Unser Herr tut uns schon lange keine Gefallen mehr.
    »Ich war draußen in Dikken«, riss Van Veeteren ihn aus seinen Gedanken.
    »Was?«, fragte Reinhart. »Du?«
    »Ich, ja«, sagte Van Veeteren. »Habe mir ein paar Freiheiten genommen, ich hoffe, du verzeihst.«
    »Natürlich«, sagte Reinhart.
    »Hab mit ein paar Leuten in dem Restaurant gesprochen. War eigentlich mehr als eine Art Therapie gedacht. Ich rechne nicht damit, etwas zu finden, was ihr übersehen habt, aber das Nichtstun ist so verdammt schwer. Kannst du das verstehen?«
    Reinhart wartete einige Sekunden, ehe er antwortete.
    »Weißt du noch, warum ich zur Polizei gegangen bin?«, fragte er. »Meine Freundin im Wollerimpark?«
    Van Veeteren nickte.
    »Sicher. Na, dann verstehst du ja. Egal, ich habe eine Frage.«
    »Was denn?«, sagte Reinhart.
    »Die Plastiktüte«, sagte Van Veeteren. »Diese Plastiktüte, die den Besitzer gewechselt hat. Oder den Besitzer wechseln sollte.«
    »Was denn für eine Tüte?«, fragte Reinhart.
    Van Veeteren schwieg einen Moment.
    »Ihr wisst also nichts darüber?«
    Verdammt, dachte Reinhart. Jetzt hat er uns schon wieder beschämt.
    »Doch, jemand hat eine Tüte erwähnt, stimmt«, sagte er und versuchte ganz gelassen zu klingen. »Richtig.«
    »Es sieht also so aus, als habe dieser Mr. X, der mit dem Täter identisch sein dürfte«, sagte der Kommissar in einem Tonfall und mit einer Langsamkeit, die in Reinharts Ohren nach pedantisch zurechtgelegter Pädagogik widerhallte, »diese Plastiktüte neben seinen Füßen stehen gehabt, als er in der Bar saß. Und als habe Erich sie bei sich gehabt, als er von dort weggegangen ist.«
    Er hob die Augenbrauen und wartete auf Reinharts Reaktion.
    »O verdammt«, sagte Reinhart. »Ehrlich gesagt ... ja, ehrlich gesagt fürchte ich, das ist uns entgangen. Die zweite Hälfte, meine ich. Zwei Zeugen haben behauptet, dass Mr. X eine Plastiktüte bei sich hatte, aber wir haben nichts davon gehört, dass sie an Erich weitergereicht worden ist. Woher weißt du das?«
    »Hab eben zufällig die richtigen Leute getroffen«, sagte Van Veeteren unschuldig und musterte seine frisch gedrehte Zigarette. »Eine Kellnerin glaubt, die Tüte bei ihm gesehen zu haben, als er gegangen ist, und als sie das erwähnt hat, ist es auch dem Barkeeper wieder eingefallen.«
    Hast eben zufällig die richtigen Fragen gestellt, dachte Reinhart
und spürte, wie ein Dunst aus alter, eingewachsener Bewunderung durch sein Bewusstsein zog und Zorn und Verlegenheit überdeckte. Bewunderung für den psychologischen Scharfblick, der den Kommissar schon immer ausgezeichnet hatte und der ... der schneller als ein Skalpell durch eine Tonne heiße Butter schneiden, als hundert Krawallpolizisten mit schusssicheren Westen das Gewicht einer Ahnung berechnen konnte.
    Intuition, so nannte man das.
    »Und was schließt du daraus?«, fragte er.
    »Dass Erich dort etwas holen sollte.«
    »Offenbar.«
    »Er ist zur Trattoria Commedia gefahren und hat die Plastiktüte an einer vorgesehenen Stelle abgeholt ... draußen auf der Toilette, vielleicht.«
    Reinhart nickte.
    »Er wusste nicht, wer Mr. X war, und er brauchte ihn auch nicht zu kennen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Wenn sie mit offenen Identitäten hätten operieren können, dann hätten sie sich doch überall treffen können. Draußen auf dem Parkplatz zum Beispiel. Was sollte diese verdammte Maskerade, wenn sie gar nicht nötig war?«
    Reinhart dachte

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