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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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den Postboten gesehen, was viel wichtiger ist. Können Sie ihn mir beschreiben? « Ich gab mich betont ruhig, obwohl mein Herz so schnell schlug wie ein durchgehendes Pferd in vollem Galopp.
    » Ich habe ja eher auf das Paket geachtet und nicht so sehr auf den Mann. Ich wusste doch nicht, dass das wichtig sein würde. « Sie klang genauso unglücklich, wie ich mich fühlte. » Hautfarbe weiß jedenfalls. Braune Haare vielleicht? «
    » Alt? Jung? «
    » Nicht alt. Ungefähr so alt wie Brian. « Ich sah sie fragend an, woraufhin sie den Kopf schüttelte und auf eines der Fotos zeigte. » Mein mittlerer Sohn. Er ist 35. «
    » Wie groß? «
    Mehr als dass er weder besonders groß noch besonders klein gewesen sein musste, war von ihr nicht zu erfahren. Durchschnittlich sozusagen. Und auch von durchschnittlicher Statur. Dank ihrer Personenbeschreibung ließen sich die in Frage kommenden Personen auf etwa ein Viertel der Londoner Bevölkerung eingrenzen. Sofern man davon ausging, dass ihre Angaben hinsichtlich Haarfarbe, Alter und Hautfarbe zutrafen.
    Ich bedankte mich trotzdem aufrichtig bei ihr, denn immerhin hatte sie uns zu einer vagen Spur verholfen. Allerdings ließ sie mich erst gehen, nachdem ich ihr einen Überblick über meine eigene Familiengeschichte gegeben hatte. Dabei beschränkte ich mich auf das Minimum und ging auf beiden Seiten lediglich drei Generationen zurück, was einen, wie sie mir zu verstehen gab, kläglich kurzen Zeitraum umfasste und gänzlich unzureichend war. Trotzdem verabschiedeten wir uns herzlich voneinander.
    Auf dem Rückweg ins Revier las ich noch Colin auf, der in der Zeit, die ich für diese eine Vernehmung gebraucht hatte, die gesamte restliche Straße abgeklappert hatte. Kaum waren wir zur Tür herein, kam Superintendent Godley auch schon aus seinem Büro.
    » Josh ist offensichtlich noch anderweitig beschäftigt. Informieren Sie mich doch bitte, was heute Morgen passiert ist. «
    Mit Colins Unterstützung brachte ich ihn auf den neuesten Stand und berichtete ihm über den Mord an dem Priester und darüber, was Mrs. Driscoll beobachtet hatte. Er hörte aufmerksam zu und machte sich gelegentlich Notizen.
    » Wir haben es also mit einem sehr aktiven Serienmörder zu tun. «
    » Oder mehreren. « Ich breitete meine Theorie dazu aus, hatte aber das Gefühl, dass sie nicht sehr überzeugend klang. Vielleicht war daran ja die ernüchternde Erkenntnis schuld, dass wir kaum Spuren zu einem einzelnen Täter hatten, geschweige denn zu mehreren. Oder es lag an Mrs. Driscolls mehr als dürftiger Beschreibung des bislang einzigen Verdächtigen. Womöglich lag es aber auch einfach an der allgemeinen Aversion gegen aufwendige, komplizierte und schlagzeilenträchtige Ermittlungen. Jeder dieser Gründe war vollkommen nachvollziehbar.
    Godley seufzte. » Gut. Fangen wir also mit dem an, was wir wissen. Wir haben nach einem roten Transporter zu suchen, der entweder ein amtliches Postfahrzeug ist oder auch nicht. Colin, Sie nehmen bitte Kontakt mit der zuständigen Verteilstation auf und finden heraus, ob um die fragliche Zeit in dieser Gegend Pakete ausgeliefert wurden– damit wir das gegebenenfalls ausschließen können. Außerdem sollten wir lieber die direkten Nachbarn des Priesters noch einmal befragen, ob nicht vielleicht sie die Empfänger des Paketes waren. Kann ja durchaus sein, dass Mrs. Driscoll sich doch getäuscht hat, auch wenn sie das nicht zugeben würde. «
    » In Ordnung. Und wenn irgendwas verdächtig ist, versuche ich den Transporter ausfindig zu machen. «
    » Überprüfen Sie bitte auch, ob es dort Kameras zur Nummernschilderkennung gibt, das wäre der schnellste Weg. Ansonsten nehmen Sie sich die lokalen Überwachungskameras vor. «
    » In der Straße selbst gibt es leider keine « , warf ich ein. » Ist ein reines Wohngebiet, keinerlei Gewerbe. Und an den Wohnhäusern habe ich auch nirgends private Kameras gesehen. «
    » Ich auch nicht « , bestätigte Colin. » Bilder von dem Transporter vorm Haus werden wir sicher nicht kriegen. Ich könnte es bestenfalls noch in den angrenzenden Stadtteilen versuchen. Wir haben ja weder Marke und Baujahr noch wenigstens einen Teil des Kennzeichens. Ich garantiere Ihnen, dass rote Transporter in dieser Gegend erstaunlich verbreitet sein werden. «
    » Immer positiv denken, Colin. « Godleys Miene hellte sich für einen Moment auf. » Wenn überhaupt einer das Fahrzeug ausfindig machen kann, dann sind Sie das. «
    Der Optimismus des Chefs

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