Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
Vom Netzwerk:
schien meinen Kollegen nicht nennenswert aufzuheitern, andererseits wäre ich vermutlich auch nicht sehr angetan gewesen von der Aussicht auf die stundenlange Sichtung von Videomaterial in schwankender Bildqualität, auf der Suche nach etwas, das möglicherweise niemals auftaucht.
    » Auf jeden Fall nimmt die Sache größere Dimensionen an, sodass sich demnächst auch die Medien dafür interessieren dürften. Ich werde also die Presseabteilung informieren. « Godley wirkte jetzt wieder sehr ernst. » Über Joshs Personalbedarf werde ich mit ihm selbst reden, sobald er zurück ist. Zwischenzeitlich werde ich die Kollegen nach Bedarf abstellen. Maeve, was haben Sie als Nächstes vor? «
    » Mich bei den IT -Leuten erkundigen, ob jemand im Police-National-Computer-System nach Kinsella und Palmer gesucht oder in der Sexualstraftäter-Datei diese Gegend recherchiert hat. Wir sollten auf jeden Fall bedenken, dass der oder die Mörder möglicherweise Unterstützung aus unseren Reihen haben. «
    » Unbedingt « , pflichtete mir Godley bei. » Aus diesem Grund habe ich Peter Belcott gleich heute Morgen gebeten, sich mit den Kollegen in Verbindung zu setzen. Das war noch vor der Nachricht von dem jüngsten Mord. Er wartet also im Moment sicher noch auf deren Rückmeldung mit einer aktualisierten Übersicht. «
    Ich gab mir redlich Mühe, eine erfreute Miene aufzusetzen, obwohl ich mich lieber heulend hingeworfen hätte bei der Aussicht, mit dem denkbar unangenehmsten Kollegen zusammenarbeiten zu müssen. Der chronisch penetrante DC Belcott schaffte es mit seiner Anwesenheit im Team immer wieder, mir den letzten Nerv zu rauben. Der einzige Lichtblick war der Gedanke, dass er den ganzen Vormittag mit den Technikern telefonieren musste, was eine ausgesprochen undankbare Aufgabe war.
    Aber Godley war gedanklich schon weiter. » Reden Sie auch mit der Kripo vor Ort. Finden Sie heraus, ob ihre V-Leute etwas wissen. Haben Sie schon Kontakt mit ihnen aufgenommen? «
    » Ich habe gestern mit einem Kollegen von dort gesprochen. « Es kam mir vor, als wäre das schon eine Ewigkeit her.
    » Die werden Ihnen bestimmt gern weiterhelfen. Können ja schließlich froh sein, dass sie diesen Fall nicht selbst am Hals haben. « Er rieb sich die Augen. » Und denken Sie daran: Wenn wir tatsächlich feststellen, dass der Mörder Unterstützung aus unseren Reihen hatte, müssen wir sehr vorsichtig sein. Falls sich Anhaltspunkte dafür ergeben, möchte ich umgehend informiert werden. «
    » In Ordnung. «
    Ich verstand, dass er nicht behelligt werden wollte, wenn wir nichts Nennenswertes herausfanden, und überließ ihn seinen Gedanken. Was auch immer ihn beschäftigen mochte, es raubte ihm– seinen Augenringen nach zu urteilen– offensichtlich den nächtlichen Schlaf. Aber das ging mich nichts an, sagte ich mir, als ich das Büro durchquerte und zögernd Belcotts Schreibtisch ansteuerte. Er telefonierte gerade. Aus meiner Höhe hatte ich einen guten Blick auf seinen neuen und ziemlich radikalen Haarschnitt, der so kurz war, dass er seine merkwürdig eckige Schädelform nicht mehr verbarg. Wie gebannt starrte ich auf die durch die dunklen Haarstoppeln schimmernde Kopfhaut, die so weiß war wie ein nie ans Licht gekommenes Höhlentierchen. Ein Gedanke, bei dem mir übel wurde.
    Als er zu mir aufschaute, zwang ich mich zu einem Lächeln, aber vermutlich nicht schnell genug. Mit erhobenem Finger signalisierte er mir, dass ich warten sollte, und widmete sich wieder seinem Telefonat, ohne allerdings Anstalten zu machen, es in absehbarer Zeit zu beenden. Sein Beitrag zum Gespräch bestand hauptsächlich aus Knurrlauten, sodass sich nicht feststellen ließ, ob es dienstlicher oder privater Natur war. Andererseits hatte Belcott meines Wissens gar kein Privatleben. Ich suchte mir einen freien Schreibtisch, setzte mich auf eine Ecke und ließ die Beine baumeln. Wenn nötig konnte ich sehr geduldig sein.
    Nachdem er meine Geduld gehörig überstrapaziert hatte und ich schon dazu übergegangen war, auf und ab zu laufen, legte er endlich auf und drehte sich zu mir um.
    » Immer noch da? «
    » Sieht ganz so aus. Und, was gibt’s für Erkenntnisse? «
    Statt zu antworten, stand er auf, zog seinen Hosenbund hoch und blähte seinen Brustkorb. » Ich denke, das wird der Boss sofort hören wollen. «
    Ich spitzte die Ohren. » Haben Sie was? Allen Ernstes? «
    » Kann schon sein. « Er lehnte sich zur Seite und spähte in Godleys Büro. » Sieht so aus, als hätten

Weitere Kostenlose Bücher