Der Ungnädige
überreichen, wobei ich die ersten drei auf Anhieb als die unserer Opfer erkannte.
Rob runzelte die Stirn. » Ist das dieselbe Reihenfolge wie auf der eigentlichen Liste? «
» Soweit ich mich entsinnen kann, ja. «
» Palmer, Tremlett, Kinsella, Merriman, Forgrave, Flanders, Johnson, Tait, Carey, Bardock, Lomax, Dyton. Das ist ja nicht ansatzweise alphabetisch. «
» Sollte es auch nicht sein. Danach hat er nicht gefragt. « Sie schaute von Rob zu mir. » Hatte ich das nicht erwähnt? Er wollte die Namen der Sexualstraftäter, die am nächsten an der A23 wohnen. «
» Wieso das denn? « , fragte ich verblüfft und wunderte mich, warum uns das nicht eher aufgefallen war, wo sich diese Hauptverkehrsstraße doch wie eine Achse durch Brixton zog und genau in der Mitte zwischen den Tatorten lag.
» Keine Ahnung. «
Ich hatte zwar nicht erwartet, dass sie das wusste, aber die unbeteiligte Art ihrer Antwort ging mir auf die Nerven. Sie hatte sich selbst von jeglicher Verantwortung für ihr Handeln freigesprochen und schien sich nicht im Geringsten für dessen Folgen zu interessieren. Ich konnte nicht anders– ich tippte auf die Liste ganz oben.
» Ihnen ist schon klar, dass diese Menschen tot sind, Mrs. Banner? Ivan Tremlett hatte drei Kinder, die jetzt ohne Vater aufwachsen werden. Mr. Palmer und Mr. Kinsella lebten zwar allein, aber auch in ihrem Leben gab es Menschen, die sie gern hatten und die jetzt um sie trauern und sie vermissen. Sie wurden gefoltert, bevor sie starben, gefoltert und verstümmelt, und wir kennen weder die Beweggründe des Mörders, noch wissen wir, wer für die Tat verantwortlich ist. Vielleicht könnten Sie ja doch ein bisschen genauer nachdenken, was Sie über den Mann wissen, der Sie angerufen hat. Und achten Sie bitte diesmal darauf, uns alles zu sagen, statt der Einfachheit halber die eine oder andere Einzelheit wegzulassen, die uns helfen könnte, den Täter zu finden. «
Robs Hand landete heftig auf meiner, unbemerkt von Caroline Banner, die sich wieder in ihr Papiertaschentuch schnäuzte. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu und bekam so ziemlich dasselbe zurück.
» Lass gut sein « , raunte er mir zu.
Nun konnte ich mich dort, unmittelbar vor Carolin Banners Augen, schlecht mit ihm streiten, doch ich spürte, wie sich vor Empörung mein Brustkorb zusammenzog. Rob dirigierte sie noch einmal durch das, was sie uns bereits gesagt hatte, überprüfte aufs Höflichste und Behutsamste jedes noch so kleine Detail, und ich brodelte leise vor mich hin. Aber ich hatte mich immerhin so weit im Griff, dass ich Mrs. Banner den Eindruck vermitteln konnte, für ihre Hilfe dankbar zu sein. Obendrein war ich so geistesgegenwärtig, im Gehen kurz noch einmal mit dem besorgten DI Lawlor zu sprechen. Für seine Gemütsverfassung konnte ich allerdings nicht viel tun. Weitere Vernehmungen waren für Caroline Banner unvermeidlich, ebenso wie ein Riesenhaufen Ärger für DI Lawlor. Das Verhör hatte sich gelohnt– die erste Andeutung eines Durchbruchs–, und Rob hatte erheblich dazu beigetragen, dass Caroline Banner uns vertraute. Trotzdem konnte ich Rob nicht ansehen. Stur starrte ich durch die Windschutzscheibe und wartete darauf, dass er den Motor anließ. Doch stattdessen verschränkte er die Arme.
» Na los. « Es klang gleichgültig, aber da war auch dieser leicht belustigte Unterton, der mich auf die Palme brachte.
» Was denn? «
» Sag’s lieber gleich. «
» Ich hab nichts zu sagen. «
» Das heißt, du bist nicht sauer auf mich? «
» Das hab ich nicht gesagt. « Ich sah ihn kurz an, konzentrierte mich aber auf sein Kinn, damit ich seinem Blick nicht begegnen musste. » Ja, ich bin auf hundertachtzig, aber das heißt nicht, dass ich darüber mit dir reden muss. «
» Wär mir aber lieber. «
» Und mir wär es lieber, wenn du mich meine Arbeit machen lassen würdest. An meinen Fragen gab es nichts auszusetzen. Absolut nichts. «
» Eine Scheißangst hast du ihr eingejagt. Du hast ihr gesagt, dass der Typ, der sie angerufen hat, zu brutalster Gewalt fähig ist. Du hast ihr im Prinzip klargemacht, dass seine Drohungen echt gefährlich sind. «
» Sorgen hat sie sich sowieso gemacht, aber nur um sich selbst und ihre Familie. Es ist ihr gar nicht in den Sinn gekommen, darüber nachzudenken, was ihr Tun für andere Menschen bedeuten könnte. Sie ist egoistisch und dumm und hat nicht ansatzweise versucht zu helfen, noch nicht mal jetzt. «
» Machst du ihr das zum Vorwurf? « Als
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