Der Ungnädige
Sexualstraftäter-Datei hätte. Er hat von mir verlangt, darin ein paar Sachen für ihn zu recherchieren. Er wollte, dass ich vorbestrafte Pädophile aus dieser Gegend heraussuche– sämtliche Strafsachen, egal wo und wann. «
Rob hatte sich Notizen gemacht und schaute auf. » Hat er das genau so gesagt? War wirklich vom PNC die Rede, nicht von Polizeicomputer oder Datenbank? «
» Ja. «
Rob und ich wechselten einen Blick. Das deutete sehr auf einen Insider hin. » Was sollten Sie mit diesen Informationen tun? «
» Er hat mir eine Mailadresse gegeben, an die musste ich die Liste schicken. «
Ich horchte auf. » Wie lautete diese Adresse? «
» Ach, das war nur Kauderwelsch « , wehrte sie ab. » Zufällig zusammengewürfelte Buchstaben und Zahlen. Von einem kostenlosen Mailanbieter. Am Tag, nachdem ich die Liste hingeschickt hatte, habe ich ihm noch eine Nachricht geschrieben, dass er mich ab jetzt in Ruhe lassen soll. Aber die kam zurück, das Konto wurde vermutlich wieder abgemeldet. «
» Trotzdem brauchen wir die genauen Angaben. «
» Ja, natürlich. «
» Haben Sie die Liste noch? «
» Nein, ich habe nichts aufgehoben. Zu gefährlich. Und ich kann mich auch wirklich nicht mehr an die Einzelheiten erinnern. Ich habe mich bemüht, alles so schnell wie möglich und ohne weiter darüber nachzudenken hinter mich zu bringen. Insgesamt waren es wahrscheinlich so um die zehn oder zwölf Namen, aber ganz sicher bin ich mir nicht. «
» Da müssen Sie aber schon noch mal überlegen « , entgegnete ich, wobei ich etwas mehr Autorität in meine Stimme legte. » Sie werden exakt diese Suche wiederholen. Wir müssen genau wissen, was Sie an den Mann weitergegeben haben, der Sie bedroht hat. «
Caroline Banner, die es gewohnt war, Anweisungen zu befolgen, nickte, sah aber todunglücklich aus. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, sie so zu bedrängen, aber es ging nicht anders. Ich brauchte die Liste, und sie hatte dringend eine kleine Erinnerungshilfe nötig.
» Was hat er dann gesagt, nachdem er Ihnen die Mailadresse gegeben hatte? «
» Dass er genau wüsste, dass ich gewissenhaft bin und mich weigern würde, mit ihm zusammenzuarbeiten, und dass er mir deshalb ein Angebot machen würde, das ich nicht ablehnen könnte. « Sie verzog das Gesicht. » Das kam mir alles wie völliger Quatsch vor. Solche blöden Klischees. Ich wollte gerade auflegen, da sagte er, dass er Alan beobachtet hätte, zum Beispiel beim Fußballtraining. Er konnte mir genau die Position sagen, auf der er spielte und welche Nummer auf seinem Trikot stand. Er sagte, dass Alan an diesem Tag gestürzt war und sich das Knie aufgeschürft hatte– es stimmte also, er– oder jemand in seinem Auftrag– hatte ihn wirklich ausspioniert. Falls ich ablehnen oder jemandem von diesem Anruf erzählen sollte, so sagte er, würde er dafür sorgen, dass Alan verschwindet und ich ihn nie wiedersehe– weder tot noch lebendig. Ich würde nie erfahren, was ihm zugestoßen ist, sondern nur genau wissen, dass ich es hätte verhindern können. «
» Und das haben Sie ihm geglaubt. «
» Ja « , antwortete sie schlicht. » Er hat nicht gelogen, das habe ich gemerkt. Seine Stimme klang so abgebrüht. Als ob es um etwas total Alltägliches ginge. Er hätte das getan, da bin ich mir sicher. Oder er wird es noch tun. Sie müssen uns beschützen. Sorgen Sie dafür, dass Alan nichts passiert. «
» Wie alt ist Alan? « , fragte ich sie.
» Elf. « Dabei kamen ihr wieder die Tränen, die sie mit dem Handrücken wegwischte, denn das Taschentuch hatte seine Kapazitätsgrenze schon erreicht. » Ich konnte es nicht riskieren. Das verstehen Sie doch, oder? «
Natürlich konnte ich das nachvollziehen, in gewisser Weise. Sie wollte ihr Handeln vor sich und uns rechtfertigen. Aber schließlich waren dadurch drei Menschen grausam getötet worden, und obendrein hatte ihr diese Entscheidung nicht einmal Ruhe verschafft. Wenn sie wieder aus dem Gefängnis kam– was immer sie dann tat und wo sie dann wohnte–, würde sie nie wieder angstfrei aus dem Haus gehen– und das vermutlich mit gutem Grund. Denn eins hatte ich über den Mörder, den wir da suchten, schon gelernt: Er schreckte vor nichts zurück, um das zu bekommen, was er wollte. Was auch immer das sein mochte.
9
Obwohl es Caroline Banner offensichtlich widerstrebte, gab sie schließlich nach. Mit etwas Überredungskunst und Zugang zu einem Computer war sie dazu zu bewegen, uns eine Liste mit zwölf Namen zu
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