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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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hingegen wirkte kein bisschen verlegen, und ich versuchte, so gut es ging, mich von seiner Gelassenheit anstecken zu lassen.
    Während der Fahrt nach Brixton berichtete ich ihm, was ich an diesem Arbeitstag schon alles erlebt hatte. Ich beschrieb ihm die Wohnung des Priesters und seine Leiche– oder besser gesagt, was noch davon übrig gewesen war.
    » Klingt irgendwie seltsam im Vergleich zu den anderen Morden. Was hat Derwent denn zu deiner Idee gesagt, dass es vielleicht mehrere Täter sein könnten? «
    Ich reagierte mit vielsagendem Schweigen, woraufhin er lachen musste. » So ist er halt. «
    » Ich hatte das vorher gar nicht richtig zu Ende gedacht. Der Gedanke war mir erst in dem Moment gekommen, als ich zum Chef reingegangen bin. «
    » Möglich wäre es. « Er sah zu mir herüber. » Aber mal im Ernst, Maeve, sei vorsichtig. Derwent auf den Schlips zu treten, ist nicht die beste Strategie, um mit ihm klarzukommen. «
    » Du kennst ihn doch gar nicht. «
    » Aber ich kenne dich. Wenn du erst mal anfängst, Spielchen zu spielen, bist du nicht ganz ungefährlich– für dich und für andere. « Er sagte das ganz sachlich, allenfalls ein bisschen kühl, und als ich ihn ansah, konzentrierte er sich auf die Straße.
    » Das hat nichts mit Spielchen zu tun. Ich hab nur die Gelegenheit zum Gespräch mit dem Chef genutzt, während Derwent anderweitig zu tun hatte. Und Godley war von der Idee auch nicht übermäßig begeistert. «
    » Das war vermutlich harmlos im Vergleich zu Derwent, wenn er hintenrum davon erfährt. Ich sage ja nicht, dass es falsch war, mit Godley zu reden, als es sich gerade ergeben hat. Aber du musst echt aufpassen. Überleg dir lieber vorher, was du jetzt Derwent sagst, wenn er dich deswegen rundmacht. «
    » Besten Dank für deine Karrieretipps! «
    » Na ja, Diplomatie war halt noch nie deine starke Seite « , antwortete Rob unverblümt. » Ich versuche dich doch nur vor dir selbst zu schützen. «
    » Ich bin unendlich dankbar. « Vor allem dafür, dass wir soeben auf dem Parkplatz des Polizeireviers angekommen waren, in dem Caroline Banner arbeitete, was unsere nicht ganz unproblematische Unterhaltung elegant beendete.
    Mit minimalem Aufwand gelang es Rob, das Auto in eine Parklücke zu manövrieren, die ich nie im Leben in Angriff genommen hätte.
    » Angeber. «
    » Es fängt gerade an zu regnen, und da wollte ich so nahe wie möglich am Eingang parken. «
    Ich schüttelte den Kopf. » Du wolltest mir beweisen, dass du besser Auto fährst als ich. «
    » Das muss ich dir nicht beweisen. Das machst du schon selbst. «
    » Wieso das denn? «
    » Wie oft bist du dieses Jahr schon mit deinem Auto irgendwo angeeckt? «
    » Wie viele Strafpunkte hast du dir schon eingefangen? « , konterte ich.
    » Sechs. Ich mag halt die sportliche Fahrweise. « Er grinste. » Jetzt du. «
    » Drei Dellen, ein kaputtes Rücklicht und ein Kratzer an der Seite. Ich hasse einparken. « Ich schaute durch die Windschutzscheibe. Er hatte natürlich Recht mit dem Regen. » Wir sollten besser einen Spurt einlegen. «
    » Da lass ich dir gern den Vortritt. «
    Trotz meines Vorsprungs war er als Erster an der Tür und hielt sie mir auf. Ohne zu zögern, ging ich hindurch und überlegte, weshalb es mich so störte, wenn Derwent sich so beflissen zeigte, warum es mir bei Rob aber überhaupt nichts ausmachte. Vielleicht lag es daran, dass Rob mich im Allgemeinen– abgesehen vielleicht vom Autofahren und Kochen– als ebenbürtig behandelte und Derwent mich geradezu verachtete. Ganz sicher wäre er außer sich vor Wut, wenn er wüsste, wo ich gerade war und was ich hier tat. Der Gedanke daran beflügelte meinen Schritt zur Rezeption, wo ich mich vorstellte und mich erkundigte, wo Caroline Banner auf uns wartete. In Anbetracht der schwerwiegenden Vorwürfe gegen sie hatte ich erwartet, sie in einem Vernehmungsraum vorzufinden, aber der dürre, erschöpft wirkende Beamte, der uns begrüßte, teilte uns mit, dass sie in seinem Büro saß. Er musste mir meine Verwunderung angesehen haben, denn als er uns dorthin begleitete– in einem Tempo, mit dem ich kaum Schritt halten konnte–, sagte er: » Das war nicht meine Idee, sondern Ihr Chef hat darum gebeten. Er meinte, alles soll erst mal möglichst entspannt bleiben. «
    » So lautet die Anweisung « , bestätigte ich.
    » Gefällt mir persönlich ja überhaupt nicht. Ich hätte sie lieber gleich hier rausgeholt. « Er wandte sich zu mir um. Seinen Geheimratsecken konnte man

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