Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
Vom Netzwerk:
ein Trupp Sanitäter eingetroffen, ganz professionell in grünen Overalls, und hatte die Beamten abgelöst. Sie trafen alle Vorbereitungen, um ihn auf eine Trage zu befördern, und ich stieß Derwent an.
    » Wir sollten besser Platz machen. Wollen Sie sich nicht die drei Tatverdächtigen mal ansehen? «
    » Sicher. Warum nicht? « Er klang, als müsste er lachen. » Warten Sie nur, bis der Chef hier ist. Der wird seinen Augen nicht trauen. «
    Ich folgte ihm durch den Flur und fühlte mich allmählich überfordert. In der Wohnzimmertür blieb er plötzlich stehen, sodass ich fast mit ihm zusammengestoßen wäre. Die drei Tatverdächtigen schauten unterschiedlich stark interessiert auf. Die zwei auf dem Sofa wirkten muskulös und eher schlicht: der eine war jung, hatte kurz geschorene, blonde Haare und Pickel auf Kinn und Hals, während der andere sein Vater hätte sein können. Er war doppelt so breit und sein verbliebenes Haar grau. Er hatte eine ramponierte Nase und Blumenkohlohren wie ein notorischer Schläger. Er trug die Technikerkleidung der British Telecom, komplett bis hin zum Namenskärtchen, das an einem Band um seinen Hals baumelte. Der jüngere der beiden hatte an einem Arm eine lange violette Narbe, die aussah wie ein Andenken an einen Messerkampf. Ich hätte nicht mit ihm aneinandergeraten wollen. Beide schienen nicht sonderlich beunruhigt über ihre Situation zu sein, so als wäre eine Verhaftung etwas völlig Normales.
    Ich wollte gerade meine Aufmerksamkeit auf den Herrn im Sessel verlagern, als Derwent sagte: » Na, sieh mal einer an, wen haben wir denn da? Hallo, John. Schön, Sie wiederzusehen. Was führt Sie zurück in unsere Gefilde? «
    » Geht euch nichts an. « Die schweren Augenlider zuckten nicht einmal, als wäre er nicht im Mindesten überrascht, mit Namen angesprochen zu werden. Ich starrte ihn an, die Sonnenbräune, die auf ein Leben in einem warmen Land hindeutete, das dichte, aschgraue Haar, das sich über dem Kragen lockte, den schweren Ring an seinem Finger und die Rolex, die nicht ganz zu den Handschellen aus Stahl passen wollte. Er hatte eine lange Nase, volle Lippen, ein markantes Kinn, und seine Haut war so glatt, dass mir unwillkürlich das Wort Botox in den Sinn kam. Auf seinem weißen Hemd befand sich an der Schulter eine bräunlich eingetrocknete Blutspur. Insgesamt strahlte er eine Gleichgültigkeit aus, die schon ans Psychopathische grenzte. Ich wusste, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte, konnte ihn aber nicht einordnen.
    » Was Sie tun, geht mich durchaus was an, und das wissen Sie auch. Muss ja was richtig Großes sein, wenn Sie persönlich hier erscheinen. Und ich hatte schon gedacht, wir würden Sie nie wiedersehen. «
    Die Hände in den Taschen wippte Derwent auf den Fußballen vor und zurück. Er war näher an den Verdächtigen herangerückt und baute sich demonstrativ über ihm auf, während er mit ihm sprach. Ich schlüpfte schnell ins Zimmer und stellte mich neben einen der Kollegen, der seine MP 5 im Arm wiegte wie ein Baby.
    » Kein Kommentar. « Der Sonnengebräunte musste sich mit unnatürlich verdrehtem Kopf in seinem Sessel zurücklehnen, damit er den Blickkontakt mit Derwent halten konnte. Anscheinend war ihm das aber zu anstrengend, denn er verzog das Gesicht und wandte den Blick kurz entschlossen ab, als wäre ihm das Gespräch langweilig geworden.
    » John, jetzt kommen Sie schon. Reden Sie mit mir. « Er senkte die Stimme, sodass ich gerade noch hören konnte, was er sagte. » Sie wollen doch nicht, dass ich Sie zum Reden zwinge, nicht wahr? Ich hab nämlich über die Jahre ein bisschen was von Ihnen und Ihren Jungs gelernt. Ausgesprochen originell, einige von Ihren Ideen. «
    » Aber verboten. «
    » Ein paar Minuten würden reichen, denken Sie nicht auch? Ich bin sicher, dass sich ein paar Minuten mit Ihnen allein durchaus einrichten ließen. «
    Der Sonnengebräunte wirkte nicht im Entferntesten beeindruckt. » Reden Sie ruhig weiter, mein Bester, aber ich tu’s nicht. «
    Von draußen waren Schritte zu hören. Am Fenster glitten Schatten vorbei, die durch das Mattglas nicht zu identifizieren waren. Das Gemurmel eines Gesprächs drang an mein Ohr, und dann erkannte ich Godleys Stimme.
    Derwent hatte ihn ebenfalls gehört. » Wenn Sie mit mir nicht reden wollen, haben Sie vielleicht Lust, ein paar Worte mit einem alten Bekannten zu wechseln. «
    Der Mann schaute plötzlich sehr interessiert auf, als Godley in der Tür auftauchte. Ihre Blicke

Weitere Kostenlose Bücher