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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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trafen sich augenblicklich. Ich schaute von dem Verhafteten zu Godley und zuckte innerlich zusammen, als ich sein Gesicht sah. Obwohl er normalerweise nicht so leicht zu durchschauen war, lag etwas unverhohlen Feindseliges in seiner Miene– vernichtend, hätte ich bei jedem anderen gesagt. Und dennoch wirkte er ruhig, als er sprach.
    » John Skinner. Was für eine Überraschung. Lange nicht gesehen. «
    Ich fuhr zusammen und glaubte fast, mich verhört zu haben. Fragend schaute ich zu Derwent, der mich in Erwartung meiner Reaktion beobachtete. Jetzt verstand ich. Jetzt begriff ich, warum er so aufgeregt war, obwohl ich sonst immer noch nicht viel kapierte. John Skinner war ein berüchtigter Mörder, bewaffneter Räuber und Kidnapper, gewalttätiger Gangster und Berufsverbrecher, der sich an die Costa del Sol geflüchtet hatte, um der Auslieferung wegen eines ganzen Sammelsuriums von ausstehenden Haftbefehlen zu entgehen. Und nun saß er in der Wohnstube eines verurteilten Pädophilen in einer kleinen Seitenstraße in Brixton– und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, warum.
    Skinner lächelte vorsichtig. » Inspector Godley. Oh, Entschuldigung– inzwischen Superintendent, oder? Ich hab Schwierigkeiten, da mitzukommen. «
    » Verständlich. « Godleys Blick war wachsam. » Hätte ich ja wirklich nicht gedacht, dass Sie aus dem sonnigen Spanien noch mal hier auftauchen. «
    » Ich hatte meine Gründe. «
    » Ist mir zu Ohren gekommen. «
    Jetzt war Skinner an der Reihe, die Maske fallen zu lassen. Die Anspannung brachte einen Muskel in seiner Wange zum Zucken. » Sie müssen mich gehen lassen, Godley. Ich hab was zu erledigen. «
    » Vergessen Sie’s. «
    Skinners Oberlippe hob sich und entblößte seine Eckzähne, was als Lächeln hätte durchgehen können, wenn es nicht ein so eindeutiges Zähnefletschen gewesen wäre.
    » Sie haben sich nicht verändert. Ich hatte mehr Mitgefühl erwartet. Sie haben doch eine Tochter, wenn ich nicht irre. Isabel. Nettes Mädchen. Kommt ganz nach ihrer Mutter. Wie geht es Serena eigentlich? «
    Godley schüttelte den Kopf. » Hier geht es nicht um mich. «
    » Irrtum. Wenn Sie mich daran hindern, das zu tun, was ich tun muss, geht es hier sehr wohl um Sie. « Skinner legte eine kurze Pause ein und sagte dann: » Moorcroft Road, nicht wahr? Moorcroft Road 47, NW 3… «
    Er verstummte, als Godley sich in Bewegung setzte und quer durchs Zimmer auf ihn losstürzte, ungeachtet der Warnrufe des bewaffneten Kollegen, als er an diesem vorbeikam. Augenblicklich verwandelte sich der Raum in ein einziges Chaos. Der ältere Mann schob sich vom Sofa hoch und langte nach der Maschinenpistole, während der jüngere versuchte, an die Glock des anderen Beamten zu gelangen, wobei ihm seine Handfesseln nur unwesentlich im Wege waren. Ich konnte gerade noch sehen, dass Godley Skinner aus dem Sessel gezerrt hatte und dabei war, ihn systematisch zu verprügeln, als Derwent sich auf mich warf und mich zu Boden riss. Ich fiel unglücklich, schlug mit dem Gesicht gegen die Kante des Fernsehtischs und sah erst einmal Sterne.
    » Unten bleiben! « , befahl Derwent, schob sich an den Spezialkräften vorbei und versuchte Godley von Skinner zu trennen. Leicht benebelt wunderte ich mich, warum er sich nicht um die anderen kümmerte, aber andererseits war ja Godley hier der Wichtige. Dann wich einer der anwesenden Kollegen zurück und trat mir dabei auf die Hand, woraufhin ich mich so sehr darauf konzentrieren musste, nicht das Bewusstsein zu verlieren, dass ich kaum noch etwas mitbekam. Nur verschwommen nahm ich wahr, wie Verstärkung hinzukam, wie der jüngere Mann mit einer Taser-Waffe außer Gefecht gesetzt wurde, gerade als er die Maschinenpistole ergriffen hatte und sie auf die Kollegen richtete, die zur Tür hereinkamen. Der dickere Mann bekam eine Ladung Pfefferspray, die ihn zu Boden warf, wo er sich hin- und herwälzte. Mit unerwartet hoher Stimme jammerte er unaufhörlich: » Meine Augen! Meine Augen! « , bis sich jemand seiner erbarmte und ihn nach draußen brachte. Skinner verließ ebenfalls den Raum. Blut tropfte ihm aus Mund und Nase, und ein Sanitäter auf der einen Seite und eine Eskorte aus bewaffneten Spezialkräften auf der anderen geleiteten ihn.
    Hände griffen nach meinen Armen und zogen mich hoch auf die Beine. Ich wehrte mich so energisch wie eine Stoffpuppe und fühlte mich auch in etwa so stark.
    » Alles okay mit Ihnen? « Derwents Stimme. Ich nickte wortlos. » Lassen Sie mal

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