Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unheimliche Kommissar Morry

Der unheimliche Kommissar Morry

Titel: Der unheimliche Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
packte die Noten in den Koffer und stellte ihn in die Nähe der Tür.
    Dann öffnete er die Haustür und die Tür des Arbeitszimmers. Er setzte sich so, daß ihn der Fremde bei seinem Kommen vom Flur aus sehen konnte. Auftragsgemäß wandte Ashton seinen Rücken der Tür zu. Er überlegte fieberhaft. Er suchte nach einer rettenden Lösung, aber ihm fiel nichts ein. Wieder erkannte er voll Bitterkeit, daß er ohne einen Helfer in dieser Auseinandersetzung aufs Improvisieren angewiesen war. Der andere war ihm stets einen halben Schritt voraus!  
    Die Zeit verstrich. Fünf Minuten, zehn Minuten, eine halbe Stunde . . .
    Dann war es soweit. Ashton vermochte nicht zu sagen, woher seine innere Sicherheit rührte, daß der Fremde gekommen war. Er hatte nicht das leiseste Geräusch vernommen. Aber er merkte, daß er plötzlich fröstelnd die Schultern hob und eine Gänsehaut bekam.
    Er spannte die Muskeln und bekämpfte den Impuls, sich einfach umzudrehen und auf den Eindringling zu schießen. Nein, das wäre Wahnsinn. Es stand zu erwarten, daß ihn der Fremde im Auge behielt und bedeutend schneller am Drücker sein würde.
    Dann sprach der Fremde. Seine Stimme klang voller und kräftiger als am Telefon. Sie hinterließ einen durchaus kultivierten Eindruck und war frei von jeder mundartlichen Färbung.
    „Sie haben Glück", sagte der Fremde. Als er das Zucken von Ashtons Schulter bemerkte, fügte er rasch und scharf hinzu: „Stop! Wenden Sie nicht den Kopf! Sie würden mich sonst zwingen, auf Sie zu schießen! Ja, entspannen Sie sich! So ist's schon besser. Wie gesagt, Sie haben Glück. Ich war heute morgen drauf und dran, den vorbereiteten Brief mit dem Foto an die Associated Press zu schicken."
    „Warum?" fragte Ashton heiser. „Warum wollten Sie das tun? Ich habe mich peinlich genau an die Abmachungen gehalten!"
    „Ich hatte Ursache, zu glauben, daß Sie mir eine Falle stellen wollten."
    „Das ist infam!" empörte sich Ashton. „Ich gab Ihnen keine Gelegenheit, mir zu mißtrauen."
    „Abgesehen von dem Bandgerät, das Sie angeblich an das Telefon angeschlossen hatten!" spottete der Fremde. „Natürlich erkannte ich sofort, daß es Ihnen nur darauf ankam, mich zu bluffen. Aber bleiben wir bei dem heutigen Morgen. Ich bemerkte, daß Ihnen im Abstand von etwa einhundert Yards ein dunkler Bentley älterer Bauart folgte. Ich mußte annehmen, daß Sie sich einen Mitarbeiter engagiert hatten, der mich bei der Entgegennahme des Geldkoffers stellen sollte.
    Das war der Augenblick, wo ich mit dem Gedanken spielte, das belastende Material an die Presse zu schicken. Aber dann erkannte ich hinter dem Steuer des Bentley den Detektiv der Bank. Ich vermute, daß er Sie auf eigene Faust beschattete. Oder", fuhr der Fremde mit plötzlich schärfer werdender Stimme fort, „handelte er in Ihrem Auftrag?"
    „Der Direktor bot mir seine Hilfe und Unterstützung an", erwiderte Ashton wahrheitsgemäß. „Es konnte nicht ausbleiben, daß das Abheben der hohen Summe in kleinen und mittleren Banknoten die. Direktion zu gewissen Spekulationen über den möglichen Zweck der Transaktion veranlaßte. Ich lehnte alle diesbezüglichen Vorschläge und Angebote ab, ohne mich auf eine Diskussion einzulassen. Halten Sie mich für einen Selbstmörder? Ich kann zwar den Verlust meines Vermögens, aber nicht den meines Rufes verschmerzen."
    „Das dachte ich mir."
    „Natürlich bemerkte ich den Bentley. Ich war jedoch der Ansicht, daß Sie am Steuer sitzen. Wenn es tatsächlich der Bankdetektiv war, so kann ich dafür nichts."  
    „Ich will Ihnen glauben."
    Ashtons Muskeln spannten sich abermals, als er das leise Schnappen hörte, das beim Öffnen der Kofferschlösser entstand.
    „Ich kann die Summe jetzt nicht nachprüfen", meinte der Fremde. „Aber ich werde es zu Hause nachholen. Wenn auch nur eine einzige Pfundnote fehlen sollte..."
    „Hören Sie auf mit den verdammten Drohungen!" brach es wütend aus Ashton hervor. Er krampfte die Hände fest um die Armlehnen des Stuhles, so daß die Knöchel weiß und spitz hervortraten. „Was erwarten Sie eigentlich von mir? Ueberspannen Sie den Bogen nicht t Sie können von Glück reden, daß ich bis jetzt mitgespielt habe. Entweder Sie sind bereit, ebenso fair und korrekt zu handeln wie ich, oder ich sehe mich gezwungen..."
    Er wußte plötzlich nicht mehr, wie er den Satz beenden sollte; er unterbrach sich und schwieg.
    „Fair!" spottete der Fremde. „Korrekt! Das sind hübsche, klangvolle Worte.

Weitere Kostenlose Bücher