Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unheimliche Kommissar Morry

Der unheimliche Kommissar Morry

Titel: Der unheimliche Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
sein."
    „Erzählen Sie mir keine Märchen. Ich bezweifle zwar nicht Ihre Schießtüchtigkeit, aber Sie wissen so gut wie ich, daß die Nachbarn den Schuß gehört hätten. Im übrigen wußten Sie nicht, ob meine Forderung mit der angelehnten Haustür ein wohlberechneter Trick war und ob ich tatsächlich das Haus auf diesem Weg zu betreten wünschte. Hätte ich nicht ebensogut von einem Nachbargrundstück kommen und durch ein Fenster hier eindringen können? Nachdem Sie heute morgen auf der Fahrt nach Purley vergebens auf das verabredete Zeichen warten mußten, sollten Sie gelernt haben, daß ich recht unorthodox arbeite und daß es sich nicht auszahlt, mich auf einem festgefahrenen Gleis überraschen zu wollen."
    Ashton fühlte sich erschöpft. Er hatte immer von dem Gefühl seiner Überlegenheit gezehrt und es machte ihn krank, daß jetzt Stück um Stück dieser Selbstsicherheit abbröckelte.
    „Ich könnte ein wertvoller Helfer für Sie sein", meinte er. „Ich habe die Verbindungen und gleichzeitig die Fähigkeit, wertvolle Informationen auszubaldowern..."
    „Das kann ich selbst", unterbrach ihn der Fremde. „Es ist doch recht aufschlußreich und zudem erstaunlich, wie sich plötzlich der vornehme Mister Cabott, der eben noch von Fairneß und Korrektheit zu sprechen geruhte, in seiner Ausdrucksweise ändert. Sie biedern sich an wie ein schäbiger Hungerleider, wie ein gemeiner Strolch. Wahrscheinlich würden Sie für weniger als zehn Pfund einen Menschen überwältigen."
    „Das verbitte ich mir!" rief Ashton wütend. „Ich habe noch nie in meinem Leben Gewalt angewendet!"
    „Das ist Ihr Pech", sagte der Unbekannte unmittelbar hinter ihm. „Es gibt Augenblicke, wo sich Derartiges als äußerst nützlich und unumgänglich erweist."
    Im nächsten Moment durchzuckte Ashton Cabott ein jäher, heißer Schmerz. Das Fenster seines Zimmers mit dem vertrauten Ausblick in den Garten schien sich mit Flammen zu bedecken; ein greller Wirbel zuckender Farben tanzte vor seinen Augen. Sie wurden abgelöst von einem tiefen Schwarz. Er spürte, daß er fiel, fiel, fiel, bodenlos und mit zunehmender Geschwindigkeit. In seinen Ohren brauste es. Dann fühlte er überhaupt nichts mehr.
     
    *
     
    Als er erwachte, brauchte er einige Zeit, um einen klaren Gedanken zu fassen. Dann formte sich die Erinnerung rasch zu einem festen Bild. Er griff sich an die Schläfe und spürte noch immer den Schmerz, den der harte, mit Schwung und anatomischer Sachkenntnis geführte Schlag mit dem Pistolenkolben hinterlassen hatte. Wie lange war er ohne Bewußtsein gewesen? Es spielte keine Rolle, ob die Ohnmacht fünf oder zehn Minuten gedauert hatte. Fest stand, daß der Unbekannte mit dem Geld schon längst über alle Berge war. Ashton erhob sich. Er ging in sein Schlafzimmer und zog sich aus. Dann nahm er ein Bad. Nach dem Umkleiden fühlte er sich bedeutend wohler. Aber der fade Geschmack in seinem Mund, den er schon vor der Ankunft des Fremden gespürt hatte, blieb. Er hatte auch diese Runde verloren. Es war beileibe kein Trost, zu hoffen, daß am Ende einer Reihe von verlorenen Schlachten ein gewonnener Krieg stehen konnte. Nach allem, was der Unbekannte bisher an Beweisen seines Könnens und seiner Unverfrorenheit geliefert hatte, war klar, daß es schwer sein würde, ihn auszuschalten. Dann begann er, sich im Flur und im Arbeitszimmer umzusehen. Man konnte nicht wissen: vielleicht hatte der Fremde eine Spur hinterlassen.
    Aber es war nichts zu finden. Nicht einmal ein Fußabdruck! Ashton trat vor das Haus.
    Über die schmale Zufahrtsstraße ging er zu dem Gartenportal. Die Straße war ziemlich menschenleer. Ganz in der Nähe tollte ein Junge mit seinem Hund herum. Ashton kannte den Jungen. Es war Tom, der Sohn des Nachbarn.
    „He, Tommy, komm doch mal her!"
    Tom war ein achtjähriges Bürschlein mit rotem Haar, vielen Sommersprossen und sehr blauen, aufgeweckten Augen.
    „Ja, Mister Cabott?"
    „Seit wann spielst du hier?"
    „Ach, schon ‘ne halbe Stunde. Warum?"
    „Hast du den Mann gesehen, der hier herausgekommen ist?"
    „Meinen Sie den Hausierer?"
    „Den Hausierer?" fragte Ashton verblüfft.
    „Na ja ... der hatte doch einen Koffer bei sich. Ich dachte, er würde noch zu uns gehen und habe ihm gesagt, daß wir nichts brauchen. Mama hat für Hausierer nichts übrig. Er hat mich nur kurz angeblickt und ist rasch weitergegangen."
    „Wohin?"
    „Da, runter zur Hillcrest Road."
    „Hast du bemerkt, ob er in einen Wagen gestiegen

Weitere Kostenlose Bücher