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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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setzte mich auf einen der
verchromten Hocker und bestellte einen Scotch mit Eiswürfeln. Der Barmixer war
jung; nur seine Augen wirkten um zwanzig Jahre älter. Er servierte mir den
Whisky und fragte, ob ich Hotelgast sei. Als ich bejahte, erklärte er mir, ich
brauchte nur für das Getränk zu quittieren. Damit hatte ich das Gefühl,
tatsächlich hierherzugehören.
    »Ich bin schon längere Zeit
nicht hier gewesen«, sagte ich. »Vale Heights hat sich doch ziemlich
verändert.«
    »Und ob, Sir«, sagte er und
grinste. »Der Ort fängt richtig an, zu leben!«
    »Sind Sie von hier?«
    »Hier geboren«, antwortete er. »Als
ich noch ein Kind war, konnte man sich hier nur langweilen, aber nun entwickelt
sich der Ort großartig.«
    »Wie ich höre, denkt man auch
daran, am Strand ein Kasino zu bauen?«
    Er nickte eifrig. »Stimmt. Da
ist noch ein unbebautes Grundstück, nur ein paar Blocks vom Hotel entfernt. Ich
nehme an, daß es bald losgeht, denn Eli Kaufman ist vor drei Monaten hier
aufgetaucht, und der kommt bestimmt nicht, um die Seeluft zu genießen!«
    »Kaufman?«
    Der Ausdruck seines Gesichts
verriet mir, daß ich völlig hinter dem Mond war.
    »Kaufman ist doch eines der
größten Unternehmen in Los Angeles«, sagte er ein wenig herablassend. »Er hat
sich ein Haus oben auf dem Hügel gekauft und wohnt nun dort. Drei Wagen hat er
da oben. Mensch! Die sollten Sie mal dort oben auf der Anfahrt stehen sehen.
Ein weißer Cadillac, ein neuer Thunderbird und einer von diesen Lincoln Continentals !«
    »Es klingt, als ob er um ein
paar Dollars nicht gerade verlegen wäre.«
    »Kaufman?« Er lachte auf. »Der
wäre auch, soviel ich hörte, um eine Million nicht verlegen!«
    Er entfernte sich ein Stück die
Bar entlang, um einen neuen Gast zu bedienen, und ich nippte von meinem Whisky.
Ich dachte, den hätte ich sehr viel billiger zu Hause trinken und gleichzeitig
auf meinem Plattenspieler etwas spielen können. Aber das war nun einmal Vale
Heights, und ich wollte es nehmen, wie es kam.
    Ich trank noch vier weitere
Whiskys. Während der Stunde, die ich dort saß, war die Bar noch ziemlich voll
geworden. Als ich das letzte Glas geleert hatte, griff ich nach dem Quittungsblock
und dem Bleistift. Der Mixer stand am anderen Ende der Bar und bediente ein
halbes Dutzend Leute, die gerade hereingekommen waren. Es sah so aus, als müßte
ich eine ganze Weile warten. Ich unterschrieb die Quittung, legte ein gutes
Trinkgeld dazu und wartete. Der Mixer hatte noch immer alle Hände voll zu tun.
Wie verträumt begann ich, während ich da saß, vor mich hinzukritzeln. Etwa fünf
Minuten später war er wieder da.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte
er. »Nochmals dasselbe?«
    »Danke«, erwiderte ich.
    Er ließ ein paar Eiswürfel in
das Glas fallen, goß Scotch darüber und schob es über die Bar zu mir. Seine
Hand griff nach dem Block und hielt jäh inne.
    Ich sah ihn an. Sein Gesicht
war völlig ausdruckslos, während er den Quittungsblock anstarrte. »Entschuldigen
Sie mein Gekritzel. Aber das mache ich immer.«
    »Schon gut, Sir.«
    Ich sah mir den Quittungsblock
an. Ich hatte ein Auto gezeichnet, wie ein Kind von fünf Jahren es tun würde.
Dann hatte ich es mit der Nummer meines Zimmers umrankt, das Gesicht eines bärtigen
Mannes mit dem Ausdruck glotzäugiger Verwunderung gezeichnet — und schließlich
ein Dollarzeichen mit einem wellenförmigen Längsstrich und einem Schlangenkopf.
    Das war das Gekritzel, das der
Mixer anstarrte.
    Dann ergriffen seine Finger die
Quittung und legten sie unter die Theke.
    »Zimmer zweihundertundfünf ,
Sir«, sagte er ehrerbietig. »Und um welche Zeit, Sir?«
    »Zeit?« fragte ich gedehnt.
    »Wann immer es Ihnen paßt, Sir,
natürlich«, antwortete er leise.
    Wir spielten ein Spiel, dessen
Regeln mir niemand mitgeteilt hatte. Automatisch warf ich einen Blick auf meine
Uhr und sah, daß es Viertel elf war.
    »Um elf?« fragte ich
hoffnungsvoll.
    »Um elf, Sir«, nickte er.
»Danke.«
    Er entfernte sich, um einen
anderen Gast zu bedienen, und überließ es mir, mein verwundertes Spiegelbild an
der Wand gegenüber zu betrachten. Dieses Zeichen hatte für ihn etwas bedeutet.
Er hatte meine Zimmernummer genannt und gefragt, zu welcher Zeit es mir recht
sei.
    Ich überlegte mir, ob Hammonds
verschwommene Theorie, daß die Tätowierung möglicherweise die Zugehörigkeit zu
einer Art Kult bedeutete, womöglich richtig war. Vielleicht würde der Barkeeper
um Punkt elf mit einer Voodoomaske in meinem

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