Der Unheimliche
Hosen.
Helles Sonnenlicht fiel durchs
Fenster ein, und nach meiner Uhr war es halb elf Uhr vormittags.
Jo ließ die Eier von der Pfanne
auf die Teller rutschen und brachte sie an den Tisch. Sie schenkte den Kaffee
ein, und ich begann zu essen. Kochen konnte sie also auch!
Als wir fertig waren und bei
unserer zweiten Tasse Kaffee und der ersten Zigarette angelangt waren, sah sie
mich an.
»Du siehst einigermaßen besorgt
aus«, sagte sie. »Woran denkst du?«
»Ich fragte mich eben, wo man
eigentlich einen Leichnam verstecken könnte.«
Ihr Gesicht wurde ein wenig
blaß. »Mußt du dir denn so etwas überlegen? So kurz nach dem Frühstück?«
»Das hast du dir doch gewünscht«,
antwortete ich. »Du wolltest einer polizeilichen Untersuchung doch so nahe wie
möglich sein.«
»Das habe ich gesagt«, gab sie
zu. »Ich bin dem Leiter dieser Untersuchung gern so nah wie möglich, und warum
sollte ich dann vor der Untersuchung selber zurückschrecken?«
»Der einzige Grund, der mir im
Augenblick so einfällt, wäre eine Leiche«, erwiderte ich. »Falls ich sie jemals
finde.«
»Wenn du darauf bestehst, sie
die ganze Zeit über in die Unterhaltung zu ziehen, werden wir wohl über sie
sprechen müssen. Hast du sie irgendwo verlegt? Und welche Leiche eigentlich?«
»Ein Mädchen«, klärte ich sie
auf. »Eine Aschblonde mit dem Namen Olga Kellner. Sie hat Vale Heights vor ein
paar Tagen plötzlich verlassen. Ich bin beinahe sicher, daß man sie ermordet
hat, aber wo ist die Leiche?«
»Es muß doch Millionen Orte
geben, an denen man eine Leiche ablegen kann und wo niemand sie jemals findet«,
meinte sie.
»Nenn mir einen!«
»Das Meer.«
»Unsinn«, entgegnete ich. »Sie
treiben im Wasser und werden von der Flut angespült.«
»Man könnte sie ja auch einfach
vergraben.«
»Das sieht man dem Boden an«,
wandte ich ein. »Jemand geht vorbei, und es fällt ihm auf, daß da ein Loch von
zwei Meter Länge ausgehoben wurde. Und mit frischer Erde zugeschüttet. Es sieht
zu sehr nach dem aus, was man sich darunter vorstellen kann, als daß man es
vergißt. Kein Mensch versucht, sich einer Leiche zu entledigen, indem er sie
vergräbt.«
»Man könnte sie in einem Keller
verstecken oder in einem Schrank oder so.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich
möchte mich, so kurz nach dem Frühstück, nicht allzu eingehend mit dieser Sache
befassen, aber je älter so eine Leiche wird, desto..., na ja! Jedenfalls hält
man sich so was nicht im Haus.«
Jos Gesichtsfarbe ging etwas
ins Grünliche über. »Gib mir noch eine Zigarette!«
»Bitte!« Ich gab ihr noch eine
Zigarette. »Dieser Schlange Lannigan — diese
sagenhafte Gestalt — ist der Schlüssel zum ganzen Problem. Und wir sind nicht
einmal sicher, daß es ihn gibt.«
»Für mich klingt das alles sehr
kompliziert«, erklärte sie.
Im Wohnzimmer klingelte das
Telefon, und ich ging hinüber.
»Guten Morgen, Kindchen«,
vernahm ich Annabelles sanfte Stimme. »Der kleine, alte Sheriff möchte mit
Ihnen reden. Treten Sie also zehn Schritt zurück, ich verbinde Sie jetzt mit ihm.«
Einige Sekunden später dröhnte Lavers ’ Stimme an mein Ohr.
»Wheeler! Hammond hat eine Spur
gefunden, die zu Angela Markon führt. Sie stammte aus Palmerstown . Kennen Sie den Ort? Etwa zwanzig Meilen
südlich von hier.«
»Kenne ich«, antwortete ich.
»Hat dort ein paar Jahre
gearbeitet — Kellnerin in einem Lokal. Hat plötzlich vor etwa drei Monaten ihre
Stellung aufgegeben, aber ihre Wohnung behalten. Hat niemals viel mit anderen
geredet, schien aber immer viel Geld zu haben, obwohl sie nicht arbeitete. Das letztemal hat man sie vor etwa einem Monat dort gesehen.«
»Die übliche Geschichte,
Sheriff«, erwiderte ich. »Sonst noch was?«
»Nichts weiter«, antwortete er.
»Hammond ist im Augenblick immer noch in Palmerstown ,
aber ich erwarte nicht, daß er dort noch mehr erfährt. Das Postamt wird auch
noch immer bewacht, aber ich bin völlig sicher, daß niemand versuchen wird,
Post aus diesem Schließfach abzuholen. Übrigens machte die heute dort
eingegangene Post nur etwa ein Viertel der normalen Menge aus.«
» Lannigan hat seine Warnungen schnell durchgegeben«, sagte ich. »Das war ohnehin zu
erwarten.«
»Zweifellos«, antwortete er.
»Und wie steht es nun mit Ihnen? Haben Sie irgendwelche Spuren aufgenommen?«
»Im Augenblick nichts, was der
Mühe wert wäre«, erwiderte ich. »Ich werde im übrigen bald eine Leiche suchen.«
Am anderen Ende der Leitung
breitete
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