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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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fragte er behutsam.
    »Aber sicher — wer hätte das
nicht?« meinte ich. »Wie kommen Sie gerade auf ihn?«
    »Vielleicht erinnern Sie sich,
daß ich Ihnen das letztemal von der jähen Entwicklung
in Vale Heights gesprochen hatte? Kaufman ist es, der das neue Hotel eröffnet
hat — den Strandräuber. Und Kaufman ist es, der ein neues Kasino am Strand errichten will. Und meiner Ansicht
nach würde eine Call-Girl-Organisation sehr gut zu diesen Unternehmungen
passen.«
    Ich war ein wenig enttäuscht.
»Aber Sie haben keine bestimmten Anhaltspunkte?«
    Er zögerte. Mit leiser Stimme
fuhr er fort: »Sie können sich wohl die Auseinandersetzungen vorstellen, zu
denen es zwischen Leila und mir kam, als ich die Bedeutung der Tätowierung auf
ihrem Arm begriff. Ich stellte fest, daß Olga Kellner sie in diese Organisation
gelockt hatte. Leila zitierte mir gegenüber immer wieder Olgas
Lebensphilosophie.« Seine Stimme klang bitter. »Die alte Geschichte. Die Kunst,
auf leichte Art Geld zu machen. Leila schien von dieser Olga Kellner wie
hypnotisiert. Sie erklärte mir, ich wäre nur ein kümmerlicher kleiner
Angestellter. Mit mir würde sie niemals reich werden. Folgte sie jedoch Olga
Kellners Rat, würde sie Geld haben, hübsche Kleider, nette Menschen
kennenlernen, groß ausgehen — und so weiter. Da hatte ich nicht mehr viel zu
melden. Olga Kellner ging sogar auf Gesellschaften in Kaufmans Haus. Leila
hätte das nur zu sehr gefallen.«
    »Sonst noch etwas?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es tut
mir leid, aber das ist alles, und ich weiß, wie wenig ich Ihnen habe sagen
können. Aber Sie können sich ja vorstellen, daß ich seit dem Abend, an dem Sie
mir sagten, Leila sei ermordet worden, kaum noch an etwas anderes habe denken
können. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer scheint mir, daß
Kaufman sehr gut der Mann sein könnte, den Sie suchen.«
    »Sie glauben also, daß er nicht
nur Schlange Lannigan ist, sondern auch Leila
ermordet hat?«
    »Dessen bin ich beinah sicher!«
erklärte er heftig.
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht.« Hilflos
zuckte er die Schultern. »Eine Eingebung, wenn Sie es so nennen wollen.«
    »Warum sollte er sie ermorden,
wenn sie für ihn arbeitete?«
    »Darüber bin ich mir auch nicht
im klaren «, erwiderte er. »Es sei denn...«
    »Es sei denn, was?«
    »Es sei denn, daß Leila etwas
entdeckt hatte, was sie nicht wissen sollte. Nachdem Leila ihre neue Arbeit
angetreten hatte, schien sich bei ihr eine vollkommene Charakterwandlung zu
vollziehen. Sie wirkte sehr viel härter — gieriger, sie verstehen schon, was
ich meine.«
    »Zu leicht verdientes Geld
führt oft solche Veränderungen herbei«, antwortete ich. »Erzählen Sie weiter.«
    Wieder zögerte er und suchte
nach Worten. »Ich fragte mich, ob sie etwas entdeckt haben konnte, was sie
nicht wissen sollte, vielleicht etwas über Kaufman? Sie könnte vielleicht
versucht haben, ihn zu erpressen, meinen Sie nicht?«
    »Und daraufhin hätte er sie
umgebracht?«
    »Warum nicht?«
    Ich schenkte ihm einen neuen
Whisky ein und füllte auch mein Glas. »Dadurch wird aber nicht erklärt, warum
sie so plötzlich aus Vale Heights davongerannt ist und dann als Kosmetikerin in
einem Bestattungsinstitut auftauchte. Oder was meinen Sie?«
    »Vielleicht hatte sie versucht,
ihn zu erpressen, und es dann mit der Angst zu tun bekommen«, erklärte er. »Da
lief sie davon. Dann hat Kaufman herausgefunden, wo sie war und sie umgebracht
— oder noch wahrscheinlicher: hat sie umbringen lassen.«
    »Das ist eine interessante
Theorie, Mr. Bond«, sagte ich zu ihm. »Ich werde mich damit befassen. Haben Sie
noch etwas hinzuzufügen?«
    »Nein«, antwortete er. »Wenn
mir noch etwas einfällt, lasse ich es Sie wissen.«
    »Wohnen Sie immer noch im Hotel Wagner ?«
    »Ja.« Er nickte. »Ich habe
einstweilen keine Lust, nach Vale Heights zurückzukehren, Lieutenant. Sie
wissen ja, wie das ist: zu viele Erinnerungen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«,
sagte ich.
    Er leerte sein Glas und stand
auf.
    »Ich danke Ihnen, Lieutenant,
daß Sie mir so viel von Ihrer Zeit gewidmet haben. Und ich möchte mich nochmals
dafür entschuldigen, daß ich...«
    »Schon gut, Mr. Bond.«
    Ich ging mit ihm zur Tür und
öffnete sie. Er trat auf den Gang hinaus und lächelte mich traurig an.
    »Ich benehme mich wohl ein
bißchen tragisch — ich meine: wie ein Schauspieler in einer traurigen Rolle«,
meinte er. »Hätten Sie jedoch Leila gekannt, als sie noch

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