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Der unmoegliche Mensch

Der unmoegliche Mensch

Titel: Der unmoegliche Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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Dann schaufelten sie die Erde wieder in das Grab und legten die Grassoden auf.
     Als sie den Karren zu der Kapelle schoben, schien die Sonne hell auf die Gräber.

    Achtundvierzig Stunden später kam der Sarg in James Falkmans großem, grauem Haus am oberen Ende von Mortmere Park an. Die von hohen Mauern eingefaßte Avenue war fast menschenleer, und nur wenige Leute sahen den Leichenwagen in die baumgesäumte Einfahrt einbiegen. Die Jalousien vor den Fenstern waren herabgelassen, und in der Halle, wo Falkman reglos in seinem Sarg auf einem Mahagonitisch lag, waren riesige Kränze an die Möbel gelehnt. In das gedämpfte Licht gehüllt, erschien sein vierkantiges, kräftiges Gesicht gelassen und makellos. Eine kurze Locke über seiner Stirn ließ seinen Gesichtsausdruck weniger streng erscheinen als den seiner Schwester.
     Ein einzelner Sonnenstrahl, der seinen Weg durch die dunklen Sykomoren fand, die das Haus beschirmten, wanderte im Verlauf des Vormittags langsam durch den Raum und fiel für einige Minuten auf Falkmans offene Augen. Selbst als der Strahl sich weiterbewegt hatte, blieb ein schwacher Lichtschimmer in den Pupillen, wie die Reflexion eines Sterns, die man auf dem Grund eines dunklen Brunnens sieht.
     Den ganzen Tag lief Falkmans Schwester, unterstützt von zwei ihrer Freundinnen, sauergesichtigen Frauen in langen schwarzen Mänteln, leise im Haus umher. Ihre schnellen, geschickten Hände schüttelten den Staub aus den Samtvorhängen in der Bibliothek, zogen die kleine LouisQuinze-Uhr auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer auf und stellten das große Barometer an der Treppe nach. Keine der Frauen sprach mit der anderen, aber innerhalb von wenigen Stunden war das Haus verwandelt. Das dunkle Holz in der Halle blitzte, als die ersten Besucher eingelassen wurden.
     »Mr. und Mrs. Montefiore…«
     »Mr. und Mrs. Caldwell…«
     »Miß Evelyn Jeremyn und Miß Elizabeth…«
     »Mr. Samuel Banbury…«
     Einer nach dem anderen kamen die Besucher in die Halle herein, nickten bestätigend, wenn ihre Namen verkündet wurden, blieben dann über den Sarg gebeugt stehen und studierten mit diskreter Neugierde Falkmans Gesicht. Dann begaben sie sich in das Speisezimmer, wo ihnen ein Glas Port und eine Schale mit Konfekt gereicht wurde. Die meisten von ihnen waren ziemlich alt und zu warm angezogen für das laue Frühlingswetter. Einige fühlten sich offensichtlich ungemütlich in dem großen, eichengetäfelten Haus, und alle zeigten die gleiche feierliche Erwartung.

    Am folgenden Morgen wurde Falkman aus seinem Sarg gehoben und nach oben in das über der Einfahrt gelegene Schlafzimmer getragen. Das Leichentuch wurde von seinem schwachen Körper entfernt; er war mit einem dicken wollenen Pyjama bekleidet. Er lag still zwischen den kalten Laken, sein graues Gesicht blicklos und ruhig, und nahm nicht wahr, daß seine Schwester in dem hochlehnigen Stuhl neben ihm leise weinte. Erst als Dr. Markham kam und ihr die Hand auf die Schulter legte, faßte sie sich wieder und war erleichtert, nachdem sie ihren Gefühlen einmal nachgegeben hatte.
     Fast als wäre das das Signal gewesen, öffnete Falkman die Augen. Für einen Augenblick flackerten sie unsicher, und die Pupillen waren schwach und wässerig. Dann starrte er mit unbeweglich auf dem Kissen liegendem Kopf zu dem tränenbenetzten Gesicht seiner Schwester hinauf. Als sie und der Arzt sich vorbeugten, lächelte Falkman flüchtig. Seine Lippen teilten sich über den Zähnen in einem Ausdruck von unendlicher Geduld und größtem Verständnis. Dann fiel er, wie erschöpft, in tiefen Schlaf.
     Nachdem sie die Fenster verdunkelt hatte, verließ sie mit dem Arzt das Zimmer. Unten schloß sich leise die Haustür, im Haus wurde es still. Allmählich wurden Falkmans Atemzüge ruhiger, und das Geräusch füllte das Schlafzimmer aus, überlagert vom Rauschen der dunklen Bäume draußen.

    So kam James Falkman zur Welt. Die nächste Woche lag er still in seinem Schlafzimmer, und seine Kräfte nahmen stündlich zu. Er konnte schon die ersten Mahlzeiten zu sich nehmen, die seine Schwester für ihn zubereitete. Sie saß in dem Ebenholzsessel, die Trauerkleidung gegen ein graues Wollkleid vertauscht, und betrachtete ihn kritisch.
     »James, du mußt mehr Appetit bekommen. Dein armer Körper ist völlig herunter.«
     Falkman schob das Tablett weg und ließ seine langen, dünnen Hände auf die Brust fallen. Er lächelte seine Schwester liebenswürdig an. »Vorsichtig, Betty,

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