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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bei ihrem letzten Gespräch hatte man ihr mitgeteilt, dass wegen der eigenen Forschungen die Zeit für die Elektrophorese gekürzt werden müsste, die sie ihr zur Verfügung stellen konnten.
    »Welche Proben müssen Sie denn noch untersuchen?«, hatte sie den zuständigen Gentechniker gefragt und konnte kaum ihre Frustration verbergen, dass sie dort so langsam arbeiteten.
    »Ein paar große Unkräuter, eine Maispflanze, einige einzelne Körner, und dann gibt es da natürlich noch den Hühnerkot. Wir haben eine Probe davon an Julie Carr geschickt, wie Sie gewünscht haben, damit sie Kulturen davon anlegt. Sie wollten sehen, ob darin irgendwelche Reste von H5N1-Hühnergrippe-Organismen zu finden sind. Aber diese Ergebnisse waren auch negativ. Ich denke, nach achtzehn Monaten ist es wohl zu spät, zu erwarten, dass noch intakte Viren vorhanden sind.
    Aber Julie hat vorgeschlagen, dass wir auch Primer für die Spuren von H5N1-RNA einsetzen sollten, wenn wir in dem Kot nach Vektoren suchen. Es könnte ein Stückchen überlebt haben, und das würde genauso gut einen Beweis liefern, dass das Virus im Darm des Vogels vorhanden war, wie eine positive Viruskultur. Sie hat schon offiziell beim Center for Disease Control in Atlanta darum gebeten, uns die Restriktionsenzyme und Primer zu schicken, die wir brauchen.«
    »Hört sich gut an«, hatte Sullivan erwidert und versucht, erfreut zu klingen, während sie bei der Aussicht auf noch mehr Verzögerungen den Hörer würgte.
    Eine Roboterstimme aus der automatischen Vermittlung der medizinischen Fakultät riss sie aus ihren trüben Gedanken. Sie lavierte sich durch die angebotenen Möglichkeiten und tippte schließlich die richtige Nummer, um die aufreizend herrische Ansage – in diesem Jahr eine männliche Stimme – endlich zum Schweigen zu bringen und sich mit Stantons Anschluss verbinden zu lassen. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass er noch auf ihren Anruf wartete.
    24 Stunden später bekam sie Racines Antwort.
    Sehr geehrte, liebe Frau Dr. Sullivan,
    welch hervorragende Idee ist es doch, dass Sie die Agriterre-Akten inspizieren wollen. Während unser erster Zugriff die Leute bei Agriterre vollkommen überrascht hat und es uns so möglich war, ohne irgendwelche Beschränkungen ungehindert die Proben zu entnehmen, haben leider die Anwälte der Gesellschaft nun ihre Truppen versammelt und verweigern uns jeden weiteren Zutritt zu den Gebäuden. Kurz, wir sind jetzt in den bürokratischen Papierkrieg verwickelt, für den wir Franzosen berühmt sind. Mit ein wenig Glück werden unsere Gerichte jedoch bald anordnen, dass der Vorstandsvorsitzende alle Dokumente der Gesellschaft herausgeben muss, und ich werde sie Ihnen dann unverzüglich weiterleiten.
    Was unsere Untersuchungen im Mordfall Gaston betrifft, so haben wir dort leider auch keine großen Fortschritte erzielt. Wir wissen bereits aus unseren ursprünglichen Nachforschungen über sein Verschwinden, dass er an dem Nachmittag, bevor er verschwand, in seiner Wohnung von einer Dame besucht wurde – einer Frau, die seiner Vermieterin zufolge ›in den vorausgegangenen sechs Monaten mehrere Male da gewesen ist und bei weitem zu schön für solch eine Kröte wie ihn‹ war. Wir haben immer noch nicht die Identität dieser Besucherin ermittelt, geschweige denn, wo sie ist oder ob sie etwas mit seinem Tod zu tun hat.
    Wir wissen allerdings, dass Gaston in der Nacht seines Verschwindens, also am Silvesterabend, zum Agriterre-Gebäude zurückkehrte, in sein Büro ging und das Gebäude wieder verließ. Niemand weiß, warum, und Dr. François Dancereau, der Vorstandsvorsitzende, besteht unerschütterlich darauf, dass in den Räumen nichts fehlt.
    In der Zwischenzeit kann ich Ihnen nur sagen, dass ich Ihre Frustration teile. Ich darf Ihnen versichern, dass wir Ihre Bemühungen für uns überaus schätzen, und verbleibe stets zu Ihren Diensten.
    Ihr
    Georges Racine, Inspecteur
    Er konnte sich nennen, wie er wollte, aber wenn sie eine E-Mail von Claude Rams sah, erkannte sie sie auch. Während sie seine Worte auf dem Bildschirm des Computers las, konnte sie praktisch seine Gauloise riechen und sehen, wie er mit der Zigarette gestikulierte, während der Rauch von der Spitze in Kringeln aufstieg. Nur dass er im Gegensatz zu der Figur in Casablanca noch nicht ›die üblichen Verdächtigen‹ zusammengetrieben hatte. Sie wollte schon enttäuscht ausloggen, als sie sich wieder fragte, warum ihr der Name Dr. François Dancereau

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