Der Unsichtbare Feind
sie zuletzt zusammen in Paris gewesen waren. Es musste eine Notiz geben, eine Nachricht, irgendetwas, um ihm zu erklären, was los war. Schnell durchstreifte er noch einmal seine Wohnung, diesmal auf der Jagd nach einem Stück Papier.
Nichts.
Er hatte eine andere Idee. Er ging zu seinem Computer und schaltete ihn ein. Als der Bildschirm aufleuchtete, sah er, dass er eine neue Datei enthielt. Er versuchte, sie zu öffnen, aber ein Piepton erklang und ein Hinweis erschien, dass ein Passwort benötigt wurde. Er tippte Ingrid. Der Apparat ließ ein glückliches Gesicht auf dem Bildschirm erscheinen und zeigte ihm dann, was er haben wollte. Eifrig las er das Dokument.
Mein Schatz, es ist viel zu gefährlich für uns, uns hier zu treffen. Ich bin sicher, dass ich verfolgt werde. Bringe mir, was du hast, zu ›unserem Platz‹ mit und lösche diese Nachricht.
Er hastete die Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und lief durch die Straßen den Weg zu seiner Arbeitsstelle zurück. In seiner Aufregung wirkte sogar seine Umgebung anders auf ihn als zuvor, denn jetzt fühlte er sich als Teil der Feierlichkeiten, da auch er nun zu einem Treffen eilte. Und was für eine Begegnung das sein würde! Der Gedanke an ihren nackten Körper und ihre speziellen Gelüste ließ die Lust durch seinen Körper strömen. Er spürte die zunehmende Schwellung, während er lief.
Sie kontrollierte, wann sie sich sahen, wohin sie gingen und den Sex – besonders den Sex. So war es gewesen, seit sie sich vor weniger als einem Jahr auf dem Kongress in Paris, wo er einen Vortrag hielt, kennen gelernt hatten. So selten er sie auch sah, so war sie doch derjenige Teil seines Lebens geworden, für den es sich lohnte, den Rest zu ertragen. Nicht in seinen wildesten Träumen hatte er geglaubt, dass sich jemals eine Frau wie sie für ihn interessieren würde. Sein Spiegelbild im Schaufenster fasste grausam zusammen, warum. Übergewichtig, nicht besonders groß, mit vorzeitigem Glatzenansatz. Er war nicht gerade die Sorte Mann, nach denen Frauen im Allgemeinen auf der Suche waren, und schon gar nicht Frauen wie sie. Er kam kaum darum herum, sich den wahren Grund dafür einzugestehen, dass sie Interesse an ihm zeigte – die Geheimnisse, die er ihr weitergab –, aber selbst dann gab sie ihm ein Gefühl des Stolzes, dass er etwas für die ganze Welt tat und einer Sache diente, die sie für heilig hielt.
Er erinnerte sich daran, wie sie ihn damals bei dieser ersten Begegnung aus all den anderen Vortragenden ausgewählt hatte. Sie war groß, hatte einen schmalen Hals, ihr Haar war zu einem goldenen Zopf geflochten und auf ihrem Kopf zusammengedreht, sie glich einfach einer Königin. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«, hatte sie ihn auf Englisch gefragt, und ihre blauen Augen hatten sich in ihn gebohrt, während sie behauptete, Norwegerin zu sein und kein Französisch zu sprechen.
Englisch war für ihn kein Problem.
Ihre Fragen, während sie Cocktails tranken, erschienen ihm endlos und auf der Basis erstaunlich guter Information. In jener Nacht, als sie ihn mit zu sich ins Bett nahm, fühlte er sich wie ein Rockstar mit seinem eigenen Groupie.
Seitdem war sie in Abständen immer wieder zu ihm gekommen, wie es ihr gerade passte. Er bemühte sich, immer ein ›Geheimnis‹ für sie bereit zu haben. Der Grad ihres Vergnügens an dem, was er brachte, bestimmte anschließend unweigerlich den Grad seines Vergnügens im Bett, manchmal sogar, ob es überhaupt so weit kam. Aber wenn er ihr etwas gab, das ihr besonders gefiel, dann murmelte sie während ihrer leidenschaftlichen Spiele, die darauf folgten, wie sehr sie ihn anbetete. Es waren jene Augenblicke, in denen es ihm gelang, sich selbst vorzumachen, dass er ihr glaubte.
Letztes Mal war es besonders gut gewesen. Er hatte ihr einen Leckerbissen gegeben, von dem er aus ihren Fragen wusste, dass er sie interessieren würde, und die Entdeckung entzündete ein Feuer in ihrem Liebesspiel, das seine kühnsten Erwartungen übertraf. Er trieb auch ihre Forderungen in neue Höhen. »Führe das, was du im Labor gemacht hast, noch einen Schritt weiter, und gib mir eine lebende Probe«, forderte sie und rotierte mit dem Becken über ihm, wodurch sein Schwanz zu neuer Ekstase gereizt wurde. »Ich werde damit an die Öffentlichkeit gehen, und die Enthüllung wird die Welt so sehr schockieren, dass die Regierungschefs keine andere Wahl haben werden, als bessere Sicherheitsmaßnahmen zu
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