Der unsichtbare Feind (German Edition)
keuchte Robert in
den Hörer.
„Jaja, die Rechnung kommt
mit der Post“, scherzte Tanja, „Geh nach Hause und leg dich hin!“
„Noch eines“, fiel Kasper
ein, „Wahrscheinlich wird ein gewisser Inspektor Stark zu dir kommen. Ich warne
dich mal gleich vor, er ist ein präpotentes Arschloch.“
Tanja grinste. So einen
Ausdruck hatte sie von Robert, der in seinen Sechzigern war und immer zu einhundert
Prozent korrekt, noch nie gehört. Nichts hasste sie mehr, als Menschen die die
Schüchternheit und Zurückhaltung anderer schamlos ausnutzten.
„Ach, die sind meine
Spezialität“, witzelte sie unbekümmert.
Sie war bereits im Begriff
aufzulegen, als Robert zu einem weiteren Satz ausholte: „Der Befund, den du
erwähnt hast, was ist dabei rausgekommen?“
„Es ist fast sicher, dass
die Person Influenza hatte. Der Antikörpertest war positiv.“
„Dann hatte ich wohl recht
mit meiner Vermutung“, triumphierte Robert, „Naja der konnte sich seine
Todesursache ja fast aussuchen. Zigaretten, Alkohol, Unterernährung. Tja so ist
das Leben.“
„Denkst du ich sollte noch
einen PCR machen? Ich meine nur um sicher zu gehen“, legte Tanja auch Kasper
ihre Bedenken dar.
„Ach Tanja, der Kerl war nur
ein Sandler, die sterben hier tagtäglich. Wenn wir für jeden von denen aufwendige
Tests machen würden, wäre die Uni wohl schon Pleite.“
Tanjas Augen verfinsterten
sich: „Alles klar, ich bin dann in einer halben Stunde bei euch.“
Robert bedankte sich
nochmals, verabschiedete sich und unterbrach dann die Leitung.
„Armer Mann“, dachte sie, „von
der Gesellschaft ausgestoßen und verraten. Was ist aus dem hochgepriesenen
Sozialstaat geworden?“
Je mehr sie darüber
nachdachte, wie man hier Benachteiligten behandelte, desto mehr kochte die Wut
in ihr hoch. Es waren nicht nur die Obdachlosen, auch Ausländer, vor allem aus
dem Osten, wo auch sie herkam, hatten hier in Österreich ein schweres Leben.
Als sie den Öffner der Tür, die zum Flur führte, bereits mit ihrer Hand
umschloss, drehte sie noch einmal um, stapfte zurück ins Labor und rief Moritz zu:
„Die Probe von vorhin.“
„Ja was ist mit ihr?“
„Ich möchte, dass Sie heute
noch ein PCR durchführen und eine Zellkultur anlegen“, sie lief zu ihrem
Schreibtisch und kramte ein Stück Papier hervor auf dem sie etwas notierte, “Verwenden
Sie diese Primer für das PCR.“
Der Student nahm den
Notizzettel und las. Verwirrt wanderte sein Blick zurück zu Tanja.
„Ich werde die Ergebnisse
morgen selbst auswerten. Danke!“, sagte sie bestimmend und stapfte wütend in
Richtung der Gerichtsmedizin.
Kapitel 4
Als Mozarts kleine
Nachtmusik den Innenraum des Ford Mustangs erhellte, griff Inspektor Stark
seufzend in seine Sakkotasche und kramte sein Smartphone hervor. Ohne auf die
Nummer des Anrufers zu achten, drückte er die grüne Schaltfläche auf dem
Touchscreen, und führte das Telefon zum Ohr: „Stark.“
„Stark! Hier spricht Oberst
Hahn. Wo sind Sie?“
„Scheiße, der Polizeichef
persönlich“, dachte Stark, fuhr rechts ran und parkte den Wagen an einer
Bushaltestelle.
„In den Ermittlungen,
Oberst, was kann ich für Sie tun?“, erwiderte er.
„Das war nicht was ich
gefragt habe. Ich will wissen, wo Sie sind.“
Stark seufzte in sich
hinein: „Auf den Weg in den Zwölften.“
„Drehen Sie um und kommen
Sie zu mir. Ich muss mit Ihnen sprechen, persönlich!“
„Hat das nicht noch Zeit?“,
versuchte Stark möglichst charmant seine Ellenbogentechnik anzuwenden.
„Zeit ist etwas, dass
langsam aber sicher knapp wird, verstehen Sie Stark?“
„Ja ich verstehe. Lassen Sie
mich noch kurz zum Büro des Opfers fahren, dann komme ich direkt zum
Landespolizeikommando.“
Nach langem Schweigen
antwortete der Polizeichef schließlich genervt: „Also gut, aber keine Umwege!“
Ohne ein weiteres Wort
unterbrach der Oberst die Verbindung.
Es war acht Uhr morgens und
Stark war seit Stunden unterwegs. Drei Morde - ein Täter und Stark hatte
nichts, keine Beweise und keine Spuren. Auch wenn die Obduktion des dritten
Opfers, Peter Müller, noch ausstand, so war er sich sicher, dass es auch
diesmal keine brauchbaren Erkenntnisse geben würde, außer der, dass Stark es
tatsächlich mit demselben Mörder wie in den anderen beiden Fällen zu tun hatte.
Müller war einer der vermögendsten Männer Wiens, wahrscheinlich sogar Europas,
gewesen. Als Besitzer von Jewels, einer internationalen Auktionshauskette,
besaß er ein
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