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Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
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zweiten Schnitt, spiegelverkehrt zum Ersten und von dort aus ließ
sie die Klinge in einer Linie nach unten gleiten, bis sie den von gekräuseltem
Haar überwucherten Schamhügel erreichte. Das nun entstandene Schnittmuster
hatte die Form eines „Y“.
    Danach griff Tanja zu einer
oszillierenden Säge und durchtrennte, entlanglaufend des Y-Schnittes, eine
Rippe nach der anderen, bis hin zum Brustbein. Heißer Dampf garenden Fleisches
stieg in die Luft. An einem Stellrad drehte sie das Drehmoment zurück. Tanja
überreichte dem Assistenten die Säge und hob vorsichtig die Brustplatte ab. Als
sie das aus Knochen und Haut bestehende, dreieckige Stück Gewebe auf einer
Waage ablegte, schweifte ihr Blick unwillkürlich über den Fingerstumpf. Ein
Detail, das sie vorher scheinbar übersehen hatte, sprang sie nun förmlich an. Es
war, als würde es ihr zurufen, sich geradezu aufdrängen. Sie hatte sich so sehr
mit der Schnittfläche beschäftigt, dass ihr ein Detail beinahe entgangen wäre. Wie
hypnotisiert starrte sie auf den Finger und begann geschäftig zu protokollieren.

 
    Am Schottenring betrat
Inspektor Stark das Landespolizeikommando Wien, in dem sich das Büro des Polizeikommandanten
befand. Von ihm persönlich zu einem Termin bestellt zu werden, war sogar für
einen erfahrenen Polizisten wie Stark ein Novum. Die Art und Weise, in der der
Kommandant Stark gedrängt hatte, hier herzukommen, verhieß nichts Gutes.
    Er schritt über den nicht
enden wollenden Flur, in dem sich Nachtschattengewächse den wenigen
Sonnenstrahlen, die durch die verschmutzten Dachflächenfenster einbrachen,
entgegenstreckten. Er gelangte zu einer Tür, die mit „Landespolizeikommandant“
beschildert war. Obwohl es sonst nicht seine Art war, blieb er davor stehen und
klopfte zwei Mal.
    „Herein“, brummte eine tiefe
Stimme.
    Stark öffnete die Tür und
betrat das Zimmer. An den Wänden des überfüllt wirkenden fünf Mal fünf Meter
großen Raumes hingen Urkunden und Bilder, die allesamt Oberst Hahn in frisch
gestärkter Uniform und siegessicherer Miene zeigten. In einer Ecke stand ein
Ficus Benjamin, lechzend nach Wasser und Licht. Ein massiver, dunkler
Schreibtisch ragte vor dem einzigen Fenster des Büros wie eine Festung. Die
Luft war abgestanden und heiß wie in einem Backofen. In einem protzigen roten
Ledersessel saß ein stattlicher Mann mit kantigem Gesicht, militärisch kurzem
Haar und Schnurrbart. Obwohl die Jahre auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen
waren, so wirkte er immer noch frisch und vital wie ein junger Rekrut.
    „Setzen Sie sich Stark“,
entgegnete Hahn, und rekelte sich auf seinem komfortablen Ledersessel zu Recht.
    Stark nahm auf einem unbequemen
Holzstuhl, ihm gegenüber, Platz.
    Nachdem der Oberst ein wenig
Zeit verstreichen hatte lassen, lehnte er sich nach vorne und sah ihm tief in
die Augen: „Also Stark, wie weit sind Sie mit den Ermittlungen?“
    „Nun ja …“
    „Ich will kein Blabla hören.
Drei einflussreiche und vor allem geschätzte Männer Wiens sind tot, sie wurden
ermordet! Haben Sie eine Ahnung davon, wie sehr mir der Bürgermeister im Nacken
sitzt?“, fauchte er verärgert, „dieser alte Sozialist will nur eines:
Wahlzuckerl verteilen und im Rampenlicht eine gute Figur machen!“
    Unter Starks Kleidung staute
sich die Hitze.
    „Hören Sie Oberst. Die
Ermittlungen gestalten sich schwierig, aber ich bin mir sicher, dass es
irgendeine Verbindung zwischen den Opfern geben muss, finden wir die Verbindung,
dann finden wir den Mörder!“, verteidigte Stark vehement seine Ermittlungen.
    „Denken Sie?“, frage Hahn zynisch,
während er sich über den Schreibtisch beugte.
    „Davon bin ich überzeugt“,
legte Stark deutlich mehr Gewicht in seine Stimme, „Täter innerhalb der Familie
können wir dezidiert ausschließen, und auch wenn der Obduktionsbericht von
Opfer drei noch fehlt, ist davon auszugehen, dass auch hier derselbe Täter am
Werk war.“
    „Hören Sie Stark, wir müssen
diesen Fall lösen, und das so schnell wie möglich. Die Zeitungen titeln bereits
von der Hilflosigkeit der Polizei, ich kann und werde das nicht auf Dauer dulden“,
sagte er und schlug mit der Faust fest auf die Tischplatte, „Der zweite Platz
gehört dem ersten Verlieren, ich will gewinnen. Im Tennis gibt es schließlich
auch kein unentschieden!“
    „Das kann ich natürlich
verstehen, aber Ermittlungen benötigen nun einmal ein wenig Zeit“, verteidigte
sich Stark der sich zusehends in die Enge

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