Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
Vom Netzwerk:
Kopf ab. Er hatte einen Arm dicht an den
Körper gezogen. Sein Hemd war in ein stumpfes grau gehüllt und über seiner
Augenbraue prangte eine tiefe, verkrustete Wunde. Er trug noch immer dieselbe
Kleidung, wie an dem Tag, an dem ihn Tanja im Labor zurückgelassen hatte. Haslauer
wirkte müde, aber trotzdem hatte er nicht vergessen, wie sich ein Gentleman zu
verhalten hatte.
    Er legte einen Arm um Tanjas
Schultern und lächelte sie an: „Sie sind eine Kämpfernatur, das wusste ich
immer schon.“
    Mit einem gequälten Ächzen
stemmte sich Stark auf die Beine. Das Atmen unter der Maske fiel ihm zusehends
schwerer, die Halsschmerzen waren mittlerweile unerträglich, als hätte jemand
eine Schlinge fest um seinen Hals gezogen. Mit dem Ärmel seines Hemdes wischte
er sich den Schweiß von der Stirn.
    „Sie müssen Inspektor Stark
sein, richtig? Ich möchte mich bei Ihnen aufrichtig bedanken, dass sie auf
Doktor Pavlova achtgegeben haben“, sagte Haslauer und reichte ihm die Hand zum
Gruß.
    Stark erwiderte die Geste
und nickte.
    „Sie sehen nicht gerade tot
aus?“, keuchte Stark unter seiner Maske.
    Haslauer schüttelte den
Kopf, gefolgt von einem frustrierten Lächeln: „Nicht ganz. Viel eher bin ich
einem feigen Anschlag zum Opfer gefallen.“
    „Wie meinen Sie das?“,
wollte Stark wissen.
    Haslauer seufzte: „Ich wurde
entführt und anschließend gefoltert.“
    Er knüpfte sein Hemd auf. Frische
linienförmige Brandwunden und ein blutdurchtränkter Verband kamen zum Vorschein:
„eine Stichwunde.“
    „Oh mein Gott, Sie müssen in
ein Krankenhaus“, bestand Tanja.
    „Nein, dazu ist keine Zeit“,
sagte Haslauer, „es scheint nur eine Fleischwunde zu sein.“
    „Wie konnte das passieren“,
fragte Tanja verwirrt.
    „Ich weiß es nicht meine
Liebe, ich weiß es nicht. Kurz nachdem Sie mich verlassen haben, ich war gerade
damit beschäftigt Ihre Tests zu wiederholen, drangen drei Männer in Skimasken
in das Labor ein. Ohne auch nur eine Frage zu stellen, stürmten zwei auf mich
zu und zwangen mich in die Knie. Der Dritte zog einen Gummischlauch unter
seiner Weste hervor und schlug damit auf mich ein.“
    Erst jetzt bemerkte Tanja,
dass Haslauer, der im Raum auf und ab ging, sein linkes Bein in einer
hüftdrehenden Bewegung hinter sich herzog. Der stolze Professor gab sich alle
Mühe seine Schmerzen zu verbergen, doch Tanja kannte den Mann schon zu lange,
als dass er irgendetwas vor ihr verbergen konnte.
    „Irgendwann wurde es schwarz
um mich“, fuhr er fort, „das Letzte, an das ich mich erinnern kann, ist, dass
sie mich an den Beinen aus dem Labor zogen. Und dann war da noch das Starten
eines Automotors. Dann bin ich wohl in Ohnmacht gefallen.“
    Haslauers Gesicht verzerrte
sich zu einem stummen Schrei. Instinktiv griff er an die blutgetränkte Stelle
an seinem Verband.
    „Sie dürfen sich nicht so
anstrengen“, sagte Tanja in beinahe autoritärem Ton.
    „Ist schon gut Doktor
Pavlova“, sagte der alternde Virologe und tätschelte ihr die Schulter. Dann
seufzte er, ehe er fortfuhr: „Als ich wieder aufwachte, befand ich mich in
einem kalten Raum, in den sich kein einziger Lichtstrahl verirrte.“
    Haslauer wirkte abwesend,
als würde er all die Strapazen ein weiteres Mal durchleben.
    „Stunden über Stunden lag
ich auf dem Fliesenboden, ohne ein einziges Geräusch, nur stille Schwärze um
mich. Von jeglichen Umwelteinflüssen abgeschnitten, begann ich Dinge zu sehen,
die es gar nicht gab. Ich hatte Angst, dann musste ich wieder lachen, ein
ständiges Wechselbad der Gefühle. Meine Hände zitterten, ich tastete meine
kleine Zelle ab. Vom Boden bis zur Decke war der Raum verfliest. Kein Fenster,
aber dicke Mauern“, Haslauer seufzte erneut.
    Eine winzige Träne kullerte
über die Wange des stolzen Mannes.
    „Isolationshaft“, murmelte
Stark leise vor sich hin.
    Haslauer lehnte sich müde
gegen die Wand und starrte auf seine Handflächen herab: „Minuten vergingen wie
Stunden, Stunden wie Tage. Als ich dachte, mein Leben wäre verwelkt, öffnete
sich plötzlich die schwere Stahltür, die mein Gefängnis begrenzte.“
    Haslauer kniff die Augen fest
zusammen: „Durch die Öffnung drang grelles Licht. Es traf auf meine Augen wie
tausend Nadelstiche. Im Lichtkegel sah ich dunkle Gestalten. Sie sprachen
miteinander, aber es schien so weit weg“, er rieb sich die Augen, „ich konnte
einfach nicht verstehen, was sie sagten. Ich lag auf dem Boden, die Hände zum
Schutz vor den Augen und war unfähig

Weitere Kostenlose Bücher