Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Feind

Der unsichtbare Feind

Titel: Der unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Halsmuskeln.
    Er blickte aufs Meer hinaus. Schon färbten sich die Wellen dunkel. Wieder sah er zwei Galeeren auf demselben Kurs wie ihre Vorgänger. Sie verschwanden rechts hinter den Bäumen und weißen Felsen des Buchtendes. Aber er hatte nicht den geringsten Zweifel daran, daß sich weit vor den ersten Unterwasserklippen des Atolls die Kriegsschiffe sammelten.
    Noch vermochte er, trotz Kukuars Hinweisen über die Karte des Dunkeljägers, die Gedanken und Vorstellungen des Hexenmeisters nicht zu erkennen.
    Aber ein Verdacht blieb und wurde stärker.
    Luxon trocknete sich ab und ging, nicht weniger müde, zu seinem Quartier zurück. Vor dem Tempel und den Steinhäusern sah er das Licht schwelender Fackeln. In einigen Hütten brannten Herdfeuer. Hin und wieder vernahm er die Schritte der Wachen und das Klirren von Waffen. Es war sinnlos, zu Aiquos vordringen zu wollen. Viel klüger schien es, auszuschlafen und Kräfte zu sammeln.
    Luxon entspannte sich auf seinem Lager, gähnte und schlief wieder ein.
*
    Mit einem heiseren, gurgelnden Stöhnen fuhr er aus dem tiefen Schlaf hoch und fühlte, wie kalter Schweiß seinen Körper bedeckte.
    Ein Alptraum?
    Seine Augenlider zuckten. Unvermittelt hatte ihn etwas aus dem schwarzen Schlaf gerissen. Er versuchte, die letzten Eindrücke festzuhalten und zu wiederholen.
    Drei Gestalten!
    Zusammengeschmolzen auf unwirkliche Art. Er hatte das Gefühl von langen, weichen Haaren gehabt, die über sein Gesicht und seinen Oberkörper gestrichen waren wie ein Vorhang. Der dunkle Schatten und das Gefühl, von Schleiern oder Bärten berührt zu werden, verursachte auch jetzt noch ein unheimliches, lähmendes Gefühl. Seine Augen versuchten, die Dunkelheit in der Hütte zu durchdringen.
    Es herrschte nicht völliges Dunkel; das Mondlicht und das Flimmern der Sterne spiegelten sich im nahen Meerwasser und warfen einen vagen Schein irrlichternder Helligkeit in den Raum. Aus zwei Ecken ertönten die lauten, keuchenden Atemzüge von Varamis und Zarn.
    Diese drei Gestalten, miteinander verwachsen, waren in ein einziges, wallendes Tuch gekleidet.
    Zwischen Wachen und Träumen, halb bewußt und doch in der Erkenntnis, daß es ein Traum sein mußte, durchlebte er abermals einen Alp, von dem er nichts wußte. Er war blind, trotz der geringen Helligkeit, in der er die Ausschnitte der Türen und des kantigen Fensters erkannte und dahinter die Wellen.
    Diese drei Wesen, die sich wie ein einziges bewegten, beschäftigten sich mit seinem Geist.
    Es war, als flösse ein Strom seiner Gedanken und Erinnerung von ihm zu jenen Fremden hinüber.
    Seine Arme streckten sich; er tastete um sich herum und fühlte nur Decken, die Wand und Holz. Wieder entrang sich ihm ein Stöhnen. Die beiden Männer schliefen, ebenfalls in schweren Träumen befangen, weiter und warfen sich voller Unruhe auf dem Lager hin und her.
    Die Gestalten wollten etwas erfahren!
    Sie wühlten und stocherten in seinen Gefühlen umher, denn anders war es nicht zu erklären, daß er sich in schierer Aufregung befand. Geister aus der Dunkelzone? Namen? Bedeutung? Er wußte nichts. Er fühlte nur, wie sich die entstandene Leere in seinem Kopf wieder langsam zu füllen begann.
    War der Spuk schon vorbei?
    War er gerettet worden, weil er sich unbewußt gegen dieses Leersaugen und Ausforschen gewehrt hatte?
    Ihm schwindelte. Drei Wesen, zu einer Einheit verschmolzen – dies war ein Zeichen von dämonischen Kräften. Schlaff ließ er sich wieder, zurücksinken und starrte mit weit aufgerissenen Augen blicklos zur schwarzen Decke. Ihm war, als hörte er raschelnde Schritte von mindestens sechs Füßen, die sich über den Sand entfernten. Aber als er genauer hinzuhören versuchte, da vernahm er nur das Flüstern der Wellen und das Zischen, mit dem sich die schwache Brandung über den wirbelnden Sand ergoß.
    Mit dem Laken wischte er den Schweiß aus seinem Gesicht und versuchte, sich zu beruhigen. Aber der Eindruck blieb: ein seltsames, gefährliches Wesen hatte versucht, hinter alle seine mühsam gewahrten Geheimnisse zukommen.
    Er konnte nicht wieder einschlafen.
    Also stand er auf, tastete sich durch den Raum und sah vorsichtig nach, ob seine Waffen angetastet worden waren. Sie hingen und lagen dort, wo er sie am späten Nachmittag geordnet hatte. Es gab kein weiteres Zeichen dafür, daß mitten in der Nacht ein Überfall der Gedanken und des Verstandes stattgefunden hatte. Eine Decke über den Schultern, mit hochgezogenen Knien, blieb Luxon auf

Weitere Kostenlose Bücher