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Der unsichtbare Feind

Der unsichtbare Feind

Titel: Der unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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driftete das knapp dreißig Mannshöhen lange Floß aufs offene Meer hinaus.
    Keiner sprach auf dieser kurzen Fahrt.
    Nur das Knarren der Riemen und das Plätschern drang an die Ohren der verhüllten Gestalten. Selbst als die Decken und die dünnen Seile abgenommen wurden, sahen die Gefangenen nichts – der Hexenmeister Kukuar trug eine lange Kapuze aus dickem schwarzem Stoff.
    Seine Handgelenke und die Knie waren gebunden.
    Das Floß und das Boot näherten sich einander. Schweigend legten die Loggharder an, ebenso lautlos halfen die Flößer, den Gefangenen aus dem Boot zu heben und in ein fensterloses Gefängnis zu tragen.
    Auch die Duinen trug man über die nassen Baumstämme und brachte sie auf dem mittleren Teil des Floßes unter. Flüsternd verabschiedeten sich Kukuar und Luxon von den Ruderern, die das kleine Boot herumschwenkten und auf die Lichtzeichen der Nullora zuhielten.
    Knarrend richtete sich der kleine Mast des Floßes auf. Der Wind straffte das eckige Segel, als sich die Männer in der vordersten Kabine trafen. Jetzt konnten sie frei sprechen.
    »Vielleicht kann sich Aiquos denken, daß er sich auf einem Floß befindet«, sagte Giryan und nickte bedächtig. »Die Bewegungen sind anders als die eines Schiffes oder Bootes.«
    Luxon verschränkte die Arme hinter dem Kopf und entspannte sich seit langer Zeit wieder dankbar.
    »Aber er wird es nicht genau wissen. Und, was wichtiger ist, das HÖCHSTE erfährt weder von ihm noch von den Duinen, was wirklich geschieht.«
    »Das dritte Auge ist blind!« sagte Yzinda und strich über ihre Stirn.
    Beide Männer, Kukuar und Luxon, fühlten sich in dem Augenblick sicher und zufrieden, als sie das Floß betraten. Das gemächliche Leben auf dem riesigen Floß, dessen Abläufe von den Strömungen und den Verhältnissen auf dem Meer und in den Flüssen, verlangte Geduld und gab Beruhigung.
    Kopfschüttelnd meinte Luxon:
    »Und irgendwann wird das Haar der drei seltsamen Duinen auch wieder zusammengewachsen sein. Ob sie auch dann wieder ungehorsame Diener des Aiquos sein werden?«
    »Wer weiß?«
    Eine lange Fahrt begann, ein neuer Abschnitt in der Irrfahrt Luxons durch die Archipele von Quin und den Einhorn-Inseln. Endlich konnte er sich ausstrecken, konnte daran denken, länger als ein paar Stunden ruhig und ungestört zu schlafen. Yzinda strich das weiße Leinentuch über einem breiten Bett glatt und brachte aus dem Hauptaufbau heißes Wasser. Hier auf dem Floß wirkte die Duine aus dem Stamm der Tacunter, als habe sie sich völlig von den Anfällen und ihrer inneren Rastlosigkeit erholt, die sie an Bord der Rhiad halb wahnsinnig gemacht hatte.
    Luxon genoß die Aufmerksamkeit und streckte sich schließlich unter den kühlen Laken und Decken aus.
    Aber… auch in dieser Nacht wurde Luxon geweckt.
    Er schüttelte sich, als er jenes Ziehen und Zerren bemerkte, mit dem sich die lautlosen Bilder eines Blickkontakts ankündigten. Augenbruder Necron! Er richtete sich auf und sah eine rasende Bildfolge:
    Sturm, Blitze, riesige Wellen und weißer Gischt, der waagrecht über ein Schiff geweht wurde, das eindeutig aus der Logghard-Flotte stammte. Schattenhaft tauchten Gestalten auf.
    Die Doppelaxt? Kapitän Er’Kan?
    Aus dem Meer, im Schein von langen Blitzketten, tauchte eine Insel auf. Mit tränenden Augen starrte Luxon darauf und sah, was Necron sah: Land in Sicht!
    Luxon dachte, schweiß überströmt:
    Es muß eine dieser Inseln sein. Ein Eiland im Archipel von Quin. Oder sogar die Einhorn-Insel! Oder gar die Hauptinsel mit Namen Syrinam. Luxon sah sich um, packte ein Brett, das auf einem niedrigen Tischchen neben der blakenden Öllampe lag und griff, als er nichts anderes fand, nach seinem Dolch. In das Brett, immer wieder die charakteristischen Umrisse und Buchten der Insel vor den eigenen Augen, begann er hastig zu schreiben.
    Ich bin auf einem Floß. Kurs Nord. Östlich der Spitze des Einhorn-Hornes. Ich will mit dem gefangenen Kukuar zum Berg des Lichts. Er liegt jenseits der Kanäle des Feuerlands. Schlage dich zu mir durch, Necron.
    Necron fand Zeit und Gelegenheit, mit dem Finger in seine Handfläche zu schreiben; langsam und gründlich.
    Luxon konnte erkennen:
    Verstanden, Luxon. Ich versuche, mich zur Bitterwolf-Insel durchzuschlagen. Kann sein, daß mein Wissen über deinen Gefangenen mir hilft. Viel Glück…
    Der Augenkontakt riß ab.
    Luxon atmete keuchend ein und aus. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Becher, der voll kaltem Tee mit saurem Saft

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