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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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was zum Teufel eigentlich abging. Wenn sie an ihren Türen vorbei war, würden die Zelleninsassinnen ihre Köpfe an die kleinen, vergitterten Fenster drücken und eifrig hinausspähen.
    Vor Zelle 13 blieb die Direktorin stehen und legte ihre Hand auf das Palmkey-Feld. Gleichzeitig zückten zwei Wächterinnen ihre Taser. Aber ihre Vorsichtsmaßnahme war unbegründet, die Bewohnerin von Zelle 13 war friedlich und still.
    Mit einem nervtötend gelassenen Ausdruck im Gesicht schaute Angela Tramelo auf den Korridor hinaus. Bei ihrem Anblick hatten Direktorin und Aufseherinnen den gleichen verstörenden Gedanken: Es war, als hätte sie zwanzig Jahre auf diesen Moment gewartet, als habe sie irgendwie gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war.
    »Kommen Sie bitte mit uns, Angela«, sagte die Direktorin.
    Es folgte ein Augenblick des Zögerns, während dessen die Wächterinnen den Schaft ihrer Elektroschocker eine Winzigkeit enger umfassten, dann nickte Angela. »Natürlich.« Sie trat aus der Zelle und hinein in eine Kakophonie aus unflätigem Brüllen und Johlen. Kotbeschmierte Toilettenpapierrollen fielen von den oberen Zellen herab, die sie jedoch allesamt ignorierte.
    Die Aufseherinnen formierten sich um Angela herum, um sie zu eskortieren, und alsdann führte die Direktorin sie wieder aus Block J heraus. Sie achteten darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen, und hielten ihre Elektroschocker ständig bereit. Angela hatte in den zwanzig Jahren ihrer Inhaftierung noch niemals eine Gefängnisangestellte angegriffen, aber sie trauten ihr trotzdem nicht. Nicht jemandem, der dafür verurteilt worden war, dass er in nur einer Nacht vierzehn Menschen abgeschlachtet hatte.
    Das Besprechungszimmer, in das sie gebracht wurde, befand sich im Verwaltungsblock. Es besaß einen Teppich, ledergepolsterte Bürostühle, einen Tisch, Wandmonitore und eine große Holo-Scheibe. Außerdem war es warm darin, die Gebläse in den an der Wand montierten Heizgeräten rumorten unermüdlich. Es gab sogar ein mit einem dicken Metallgitter versehenes Fenster, von dem aus man auf die Straße hinaussehen konnte.
    Nahezu ängstlich ließ Angela ihren Blick durch den Raum wandern. Dies war ein Universum aus Erinnerungen, die so fern waren, dass sie fast schon wie Fiktion anmuteten; eine Welt außerhalb von Gefängnismauern. Die Fremdheit dessen, was einmal ihr Leben gewesen war, drohte nach all dieser Zeit beinahe, ihre Entschlossenheit zu brechen. Was für eine Ironie des Schicksals , dachte sie bitter.
    »Bitte, setzen Sie sich«, sagte die Direktorin.
    Angela tat, wie ihr geheißen, und setzte sich auf den Stuhl am Kopfende des Tischs. Die Direktorin nahm neben ihr Platz. Sie schien sich unbehaglich zu fühlen. Angela gefiel das. Dann endlich nahm die große Wende ihren Lauf; irgendwo im Hintergrund war bestimmt das Geräusch von gigantischen, sich in Bewegung setzenden Zahnrädern zu hören; Zahnräder, groß genug, das gesamte Universum umzudrehen.
    »Angela«, begann die Direktorin. »Es hat bezüglich Ihres Falls einige ungewöhnliche Entwicklungen gegeben.«
    »Holen Sie sie herein.«
    Die Direktorin sah sie mit unverhohlenem Erstaunen an. »Wie bitte?«
    »Ich werde niemanden angreifen. Ich werde keine Szene machen. Holen Sie sie einfach rein, damit sie mir sagen können, was für einen Deal sie mir anbieten wollen. Deshalb sind sie doch hier, oder?«
    »Ich bin auf Ihrer Seite, Angela. Ich möchte Sie auf etwas vorbereiten, das für Sie ein Schock sein könnte.«
    »Natürlich sind Sie das. Das ist sehr liberal. Das sind sehr Sie . Denn nach zwanzig Jahren hier drin bin ich ein echt verdammt zartes Pflänzchen. Und jetzt lassen Sie uns zur Sache kommen, wenn es Ihnen recht ist.«
    Die Direktorin atmete tief ein. »Wie Sie möchten.«
    Acht von ihnen kamen hereinmarschiert. Drei Frauen, fünf Männer; die Zivilisten in Anzügen, die vier HDA-Offiziere in feschen Uniformen. Bürokraten, die zweifellos in der Oberliga spielten, auf Positionen, wo sie der demokratischen Verantwortlichkeit einen saftigen Tritt in den Arsch geben konnten. Und sie waren es nicht gewohnt, so nervös zu sein wie in diesem Moment. Es war nicht allein der Umstand, dass sie sich in einem Raum mit einer berüchtigten brutalen Mörderin aufhielten, der für ihre angespannten Muskeln und ihre unnatürliche Körpersprache verantwortlich war. Nein, sie hatten Angst vor dem, als was der dunkle Schatten sich erweisen mochte, der hinter ihr stand.
    Angela ignorierte sie alle bis auf

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