Der unsichtbare Killer
schon mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«
»Nein, Sir.« Die Ankündigung, wer das Büro des Chief Constables übernehmen würde, war mittags herausgegangen, gleich nach Reinerts Auftritt vor Gericht. Royce O’Rouke ging nach dreiundvierzig Jahren des engagierten Dienstes bei der Stadt Newcastle in Ruhestand. Der Bürgermeister hatte es tatsächlich zustande gebracht, auf dem Podium des Rathauses traurig zu wirken, während er mit den Reportern sprach. Der Detective im sechsten Rang Trevor Milligan würde die Verantwortung für Newcastles Polizeikräfte übernehmen. Die Stellung würde in sechs Monaten vom gesamten Gemeinderat bestätigt werden.
»Der Mann ist ein absoluter Wichser«, knurrte O’Rouke. »Kann nicht mal seinen eigenen Arsch mit den Händen finden. Und es ist ein ziemlich fetter Arsch.«
»Ist er definitiv«, pflichtete Sid bei.
»Ich habe mit dem Bürgermeister gearbeitet«, sagte O’Rouke. »Das muss man machen; sonst ist die Stadt am Arsch. Aber ich habe um ein Budget gekämpft, für ein Dienstverhältnis, das anständig funktioniert – er hatte mich nicht in der Tasche wie Milligan. Nun wird es auf uns alle Scheiße regnen, und zwar von ganz oben, höher als die Zanth. Es wird alles zur Hölle gehen, vor allem mit diesem Rezessions-Schwachsinn, der auf uns zukommt. Das halbe Einkommen der Stadt hängt vom Bioil ab. Und woher wird das Geld von jetzt an kommen, hä?«
»Der Bürgermeister wird es irgendwo auftreiben müssen, Sir.«
»Ja, aber wo wird es Milligan ausgeben, hä? Darauf kommt es an.«
»Ich bin mir sicher, der neue Chief Constable wird das verstehen, Sir.«
O’Rouke goss eine Tasse Tee ein und reichte sie Sid. »Klar doch, so sicher, wie Bären auf die Spülung drücken, wenn sie in den Wald scheißen. Sie und ich, wir sind im Laufe der Jahre oft genug aneinandergeraten, aber Sie sind klug, Sie wissen, wie der Laden hier wirklich läuft. Sie lassen sich nicht diesen Schwachsinn bieten, den die Hälfte der Leute hinnimmt. Das habe ich immer respektiert.«
»Ich sorge dafür, dass der Job erledigt wird«, sagte Sid und fragte sich, wo zum Teufel O’Rouke hin wollte.
»Ja. Genau das brauchen wir, Sid.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich folgen …«
»Dieser Bastard von einem Bürgermeister, er verkauft das als einen großen Erfolg. Jemand ist für den Mord an dem North eingesperrt worden, aber wir wissen beide, dass das völliger Unfug ist. Reinert ist ein Arschloch, ein Niemand. Sie und ich, wir werden niemals wissen, wer diesen North umgebracht hat, oder weshalb. So läuft das in dieser Stadt. Niemand darf einen fahren lassen, ohne dass die verdammten Norths die Erlaubnis dafür geben. Und sie halten etwas von Ihnen. Das weiß ich.«
»Jeder baut Kontakte auf. Das muss man.«
»Ganz genau. Ich habe auch Kontakte, deshalb spaziere ich zu einem schönen kleinen Aufsichtsratsposten bei NorthernMetroServices davon. So läuft das eben.«
»Gratuliere, Sir.«
»Aber ich bin noch nicht dort. Ich gebe dieses Büro offiziell erst am Ende der Nachmittagsschicht auf und händige die Netzwerk-Codes an Milligan aus. Was bedeutet, dass ich immer noch ein paar Posten vergeben kann, bis Milligan seine eigene Horde Wichser herbringt und alles versaut. Und einen frisch eingesetzten neuen Mann wird er nur sehr schwer wieder los, zumindest in den ersten sechs Monaten, bis der Gemeinderat ihm den Job auf Dauer gibt.«
»Ja«, sagte Sid vorsichtig.
»Ich nehme ein paar gute Leute mit, aber ich möchte, dass Sie hierbleiben. Sie sind jetzt Rang fünf, also sind Sie für die Leitung eines Bereichs hier oben auf der Verwaltungsebene qualifiziert.«
»Ich glaube nicht, dass das Milligan gefallen wird.«
»Vergessen Sie diesen Scheißer. Kressley kommt mit mir. Milligan hätte ihn zur Grundschul-Fahrradpatrouille eingeteilt oder irgend so einer Scheiße, also geht er verfrüht in den Ruhestand und nimmt einen Koordinationsposten bei Northern Forensics an. Ich möchte, dass Sie die Leitung seines Büros übernehmen, Sid.«
»Ah«, sagte Sid. Nun verstand er. Kressley hatte in der Market Street die Abteilung für Vertragsabwicklung mit der Agency geleitet. Diese gebot über den Geldfluss von der Stadt an die Agencys, und NorthernMetroServices war der größte Nutznießer. »Damit wollen Sie mich betrauen?«, fragte er spitz.
O’Rouke grinste ihn wild an. »Das ist keine Einbahnstraße. Ich weiß nicht, was für einen Deal Sie mit Aldred laufen haben, aber Sie brauchen mehr als einen der
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