Der unsichtbare Killer
Scheiben und Bildschirme zeigten das Bauernhaus, zu dem Jede sie geführt hatte, aus allen möglichen Blickwinkeln. Die Bilder wiesen beinahe jede Farbe auf. Sie deckten die verschiedensten Spektren – von rein optisch über thermisch bis zu elektromagnetisch – ab. Es gab sogar eine körnige stark vergrößerte Schwarzweiß-Aufnahme, die dahinzutreiben schien. Zehn Agenten saßen an den Konsolen, vier von ihnen auf Klappstühlen, und verfolgten die Operation. Auf ein paar kleineren Bildschirmen erschienen in rascher Folge immer neue Gesichter, während die dazugehörigen Profile am unteren Rand entlangliefen.
Während Sid das schwarzweiße Bild betrachtete, sah er, wie jemand das Hauptgebäude verließ und zu einem Nebengebäude ging.
»Feindliches Subjekt Drei«, verkündete jemand. »Haarmuster ist bestätigt.«
»Danke fürs Kommen«, sagte Ralph.
»Gern. Woher bekommen Sie diese Bilder?« Er deutete auf das Schwarzweiß-Bild. »Ich dachte, Sie machen sich Sorgen, dass sie die Emissionen von in der Luft befindlichen Systeme auffangen könnten.«
»Das ist auch so. Das da kommt von einem Satelliten. Um sie ständig im Blick zu haben, haben wir die Bahndaten der unteren orbitalen Sensoren-Flotte verändert. Jetzt kommt hier alle drei Minuten ein Satellit vorbei.«
»Oh, Scheiße. Das muss ein Vermögen kosten, Mann. Ich wusste nicht, dass da oben so viele von denen sind.«
»Ist geheim.«
»Also, warum zum Teufel brauchen Sie mich?«
»Es ist etwas passiert. Ich möchte, dass Sie Agentin Linsell beraten, die für mich von der HDA-Basis von Shipcote aus ein Team leiten wird. Wir müssen Sherman, Aldred und jeden ihrer bekannten Partner unter ständiger Beobachtung halten. Sie sind mit ihnen vertraut, also können Sie die Pläne erstellen und sie mit taktischen Informationen versorgen.«
»Klar, aber Sherman ist ein gerissenes Arschloch, das sollten wir nicht vergessen. Und Aldred wird von seinem firmeneigenen Sicherheitsdienst beschützt.«
»Sie sind schlauer als sie, das haben Sie bewiesen. Und Sie müssen noch nicht einmal auf Ihr Budget achten. Linsell wird alles anfordern, von dem Sie ihr sagen, dass sie es braucht. Wir müssen kontinuierlich Echtzeitdaten von allen bekommen. Und es ist nötig, dass es noch an diesem Nachmittag losgeht.«
Sid sah sich die Scheiben noch einmal an; so ganz allmählich alarmierte ihn das Ausmaß der Operation. »Okay, ich kann Linsell beraten. Also, warum tun Sie das? Was hat sich geändert?«
Ralph wandte sich einem der Bildschirme zu, auf dem die Gesichter durchliefen. Das Bild blieb bei einem Mann stehen, den Sid zu kennen glaubte. Er war vielleicht in den späten Dreißigern, hatte ein längliches Gesicht, Geheimratsecken und trug eine altmodische Brille. Der Name fiel ihm nicht ein.
»Wir haben letzte Nacht ein paar ferngesteuerte Insekten zum Einsatz gebracht«, sagte Ralph. »Sie haben sich durch die Wälder geschlichen und einige Geflechte aufgebaut, und dann noch ein paar Langstrecken-Teleskop-Linsen in den Baumwipfeln angebracht. All das steht in einer Glasfaserverbindung mit uns, also gibt es keine verräterischen Signaturen.«
»Insekten? Wirklich?«
»Bessere Versionen als die, die ich Ihnen zur Verfügung gestellt habe. Durch all das haben wir das Bauernhaus und die umliegenden Gebäude gut im Blick. Und vor zwei Stunden haben wir diesen Mann gesehen. Er ist aus dem Bauernhaus gekommen und zur größten Scheune gegangen. Bis jetzt ist er noch nicht wieder rausgekommen.«
Sid starrte das Gesicht auf dem Bildschirm an. »Wer ist das? Ich glaube, ich kenne ihn.«
»Das tun Sie auch«, sagte Ralph ausdruckslos. »Professor Sebastian Umbreit – seinetwegen ist ein ganzer Planet im Alarmzustand.«
»Scheiße. Riesenscheiße.« Sid schnappte nach Luft. »Der D-Bomben-Konstrukteur, der verschwunden ist.«
»Der zusammen mit seiner Familie entführt wurde. Genau. Und wer immer ihn hierhergebracht hat, hat ihn jetzt mit Mikrofaktur-Equipment der Abwehr-Klasse versorgt, das in der Lage ist, Materie Aktivierten Zustands herzustellen. Genau das haben sie letzte Nacht von Trigval geholt. Es ist eine der Hauptkomponenten von D-Bomben.«
»Verflucht, Mann. Was wollen die mit einer D-Bombe?«
Ralph schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Aber genau das müssen wir unbedingt herausfinden.«
Dienstag, 30. April 2143
Die Wolken waren im Laufe des Morgens dünner geworden, und schließlich hatten sie den Himmel am Nachmittag ganz verlassen.
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