Der unsichtbare Killer
Chittys Sichtaufzeichnung von der Minute an, auf die der Angriff folgte«, sagte sie zu ihrer E-I. Das Bild glitt in ihr Koordinatennetz, und sie sah ihn die Spur entlangstapfen, die der MTJ während der schnellen Testfahrt hinterlassen hatte. Sein Ziel war offensichtlich ein Zylinder mit Ersatzteilen, der heruntergefallen war. Das Bild war schlecht und wurde durch die Schutzbrille und das Schneegestöber noch schlimmer. Sie unterließ jedoch jegliche Optimierung, denn sie wollte genau das sehen, was der arme alte Mark gesehen hatte.
Er blieb stehen und beugte sich nach vorn, schob die Schutzbrille hoch. Angela runzelte ebenso verwirrt die Stirn wie Mark, als sie den menschlichen Fußabdruck sah. Sein gedämpftes »E-en« war kaum hörbar, die Stimme durch den Stoff, den er sich um das Gesicht gewickelt hatte, verzerrt. Dann drehte er sich um und starrte zu den Bäumen hinüber. Da stand das Monster. Es war um einiges deutlicher zu sehen als in der Nacht, als es Tork Ericson getötet hatte – eine dunkle menschliche Gestalt mit gefährlichen Klingenfingern, die im blassen Polarlicht funkelten. Sie wedelte mit den Armen, vollführte bizarre kreisende Bewegungen. Dann hörte die Aufnahme abrupt auf, als Chittys Link ausfiel. Als sie ein paar Sekunden später wieder einsetzte, war die Bandbreite winzig, und nur die Kerndaten standen zur Verfügung.
Angela öffnete das Paket und knabberte an der ersten Toastscheibe. Irgendetwas hatte Chitty dazu gebracht, zwischen die Bäume zu schauen. Und da das Monster fünfzig Meter weit weg gewesen war, musste der Sanitäter von etwas anderem angegriffen worden sein.
Und dann waren da seine letzten rätselhaften Worte: »Sie leben. Alles lebt. Das Ganze.« Sie konnte einfach nicht erkennen, was er damit zu beschreiben versuchte.
»Zeige mir eine Karte vom Konvoi, wie er zu diesem Zeitpunkt ausgesehen hat«, befahl sie ihrer E-I. »Und blende unsere Positionsdaten ein. Von allen.«
Dreizehn Leute hatten sich draußen befunden, als Chitty angegriffen worden war. Angela war eine von ihnen gewesen. Sie war wie verrückt aus dem Tropic getaumelt, um ihre Hose runterzulassen – sie hatte immer noch die Kälteverbrennungen an ihrem Hintern als Beweis. Vielleicht war das aber auch später gewesen, sie war sich nicht ganz sicher.
Die anderen … Chittys Icon war leicht zu erkennen, er befand sich abseits vom Rest der Leute und hatte sich ein gutes Stück von dem Konvoi entfernt. Alle anderen hingen bei den Fahrzeugen rum; die Wartungs-Teams packten zusammen, und einige Leute waren im Schnee und übergaben sich oder taten Schlimmeres.
Sie zählte die Icons. Niemand fehlte. Niemand war in der Nähe von Chitty. Daran musste etwas falsch sein, denn irgendjemand hatte diesen Abdruck eines nackten Fußes hinterlassen.
»Gib mir die optische Bestätigung der Aufenthaltsorte des gesamten Personals«, wies sie die E-I an. »Bestätige, dass sie wirklich dort sind, wo sie zu sein scheinen.«
»Die Berichte sind unvollständig«, erwiderte die E-I. »Ich habe nur zu den Geflechten der MTJs und der Tropics Zugang. Die Biolab-Geflechte sind gesperrt, und die Trucks und der Tankwagen haben keine Geflechte.«
»Also schön«, sagte sie. »Dann such die persönlichen visuellen Speicher. Sie müssten alle ins Netz heruntergeladen worden sein.«
Das waren sie aber nicht. Die Leute hatten die Aufnahmen abgeschaltet, wenn sie in ihren Fahrzeugen waren, wo sie in Gemeinschaft waren und sich sicher fühlen konnten. Selbst Angela hatte ihren Speicher nicht weiterlaufen lassen; ihr persönlicher visueller Bericht endete gleich, nachdem sie von dem Besuch bei Paresh wieder in den Tropic gestiegen war. Es gab keine Bilder davon, wie sie mehrmals hinausrannte, um sich im Schnee zu erbrechen oder ihre Notdurft zu verrichten. Als sie sich Zugang zum Geflecht des Tropics verschaffte, stellte sie fest, dass es nur zwei kurze Bilder von ihr gab, wie sie durch die Tür taumelte. Dabei war sie in der Nacht mindestens vier Mal draußen gewesen, daran konnte sie sich erinnern.
Angela begann sich umzuziehen, während sie an die zur Verfügung stehenden Daten dachte und was sie ihr nicht zeigten. Zu dem Zeitpunkt, als Chitty getötet worden war, hatte Chaos geherrscht. Leute waren herumgelaufen, hatten immer noch irgendwelche Aufgaben erledigt oder nach der Reparatur des MTJ zusammengepackt. Dann hatte die Übelkeit angefangen, hatte nach und nach alle in Bewegung versetzt, wie Ameisen in einem aufgestöberten
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