Der unsichtbare Killer
mir.«
Vier Tage später, an dem Tag, als der Führungsstab der HDA die Operation New Florida beendete und ihre letzten Leute durch die Gateways zurückholte, saßen Angela und Saul im Büro von Dr. Elyard, dem Leiter der Genetik-Abteilung von Dan Marino. Der Arzt trug einen weißen Klinikmantel und wirkte leicht gehetzt, wie alle Abteilungsleiter. Er war klein und schleppte allerhand Gewicht mit sich herum. Seine Stirnglatze war trotz laufender Klimaanlage mit Schweißperlen übersät.
Er saß hinter seinem blauen Retro-Coulsmith-Tisch und schenkte ihnen ein dünnes Lächeln. »Wir haben Rebkas genetische Analyse gestern vom Bejing Genomics Institute zurückerhalten. Entschuldigen Sie, dass es eine Weile gedauert hat, sie anzusehen. Die Hälfte meiner Assistenzärzte hat sich freiwillig für die Flüchtlingszentren gemeldet. Wie auch immer, ich habe mir die Resultate persönlich angesehen. Und ich muss sagen, ich habe so etwas noch nie gesehen.«
»In welcher Hinsicht?«, fragte Saul.
Der Doktor nahm seine rahmenlose Net-Linsen-Brille ab und begann, sie zu polieren. »Das Team, das Rebka im Palmville County General behandelt hat, hatte recht. Es gibt ein allem zugrunde liegendes systemisches Problem. Wir haben es bestimmen können, als wir die Genome von Ihnen beiden ebenfalls sequenziert haben.«
Angela spürte, wie ihr das Blut aus den Wangen wich. Nachdem das Team von Dan Marino Rebkas Atemproblem mit einer temporären künstlichen Sauerstoffanreicherung des Blutes gelöst hatte, was den Druck von ihrer kleinen Lunge nahm, hatte es sich mit beachtlichem Eifer dem Problem ihrer verschiedenen Störungen gewidmet. Nicht einmal Angelas Gold-Star-Versicherung deckte alle Untersuchungen ab, und sie musste den Rest aus dem Bestand eines Nebenkontos bezahlen, auf das sie das Geld von ihrem Schmuck aus New Monaco eingezahlt hatte. »Was ist nicht in Ordnung?«, fragte sie kalt.
»Mrs Howard«, sagte der Arzt. »Verzeihen Sie mir meine Unverblümtheit, aber wir haben noch nie ein Genom wie das Ihre gesehen. Sie sind eine Eins-Zu-Zehn, nicht wahr?«
»Ja.«
»Was?«, grummelte Saul.
»Eine Eins-Zu-Zehn bedeutet eine bestimmte künstliche Sequenz«, sagte der Arzt. »Sie reduziert nach der Pubertät die normalen Alterungsfaktoren in einem menschlichen Körper.«
»Wie ist das passiert?«, fragte Saul etwas blöd.
»Es ist ein Keimbahn-Prozess«, erklärte der Arzt. »Wir haben auch bemerkt, dass beachtliche Verbesserungen an ihren Organfunktionen und dem Immunsystem vorgenommen worden sind. Sie haben ein beachtliches genetisches Profil, Mrs Howard.«
»Was hat das mit Rebka zu tun?«, fragte Angela. »Hat sie das nicht alles geerbt?«
»Das ist das Problem, fürchte ich. Sie müssen eine sehr frühe Generation sein.«
»Ja, das bin ich.«
»Ah. Sehen Sie, die Sequenzen, die sie erhalten haben, konnten korrekt und ohne irgendwelche Entwicklungsprobleme während der Keimbahnmodifikationen Ihrer DNA hinzugefügt werden. Ihre zusätzlichen Sequenzen sind allerdings außerordentlich komplex. Sie bleiben nicht auf die Weise unangetastet wie etwa die Gene für rote Haare oder eine bestimmte Größe oder die Knochendichte, all die Komponenten, die entscheiden, was für ein Mensch man wird. Die künstlichen Eins-Zu-Zehn-Sequenzen – ganz besonders so frühe wie Ihre – können während des Prozesses einer natürlichen Eizellenbefruchtung Gegenstand einer unstabilen Replikation werden. Ich vermute, Rebka ist natürlich empfangen worden und hat keine Keimbahnkorrektur erhalten?«
»Es verlief alles natürlich«, flüsterte Angela.
»Und hier liegt das echte Problem. Ich bin überrascht, dass Ihr ursprünglicher genetischer Arzt Sie diesbezüglich nicht gewarnt hat.«
»Sie meinen, Rebka ist mit vermasselter DNA verseucht?«, fragte Angela.
»Das ist eine sehr schroffe Interpretation. Sicherlich können eine Menge ihrer gegenwärtigen Probleme auf die ungewöhnlichen DNA-Komponenten zurückgeführt werden. Wenn Sie sie gleich nach der Empfängnis hätten untersuchen lassen, hätte eine genetische Behandlung das Problem lösen können, indem die Sequenzen zurückgebildet worden wären. Das ist natürlich teuer, aber das wissen Sie ja. Und diese anfängliche Behandlung hätte die Gelegenheit geboten, ihr modernere Sequenzen zu geben, die weniger zu … Fehlern neigen.«
»Meine Gene sind also das Problem?«, fragte Angela.
»In diesem Fall fürchte ich, ja.«
»Okay«, sagte Saul mit zittriger Stimme. »Was tun wir
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