Der unsichtbare Killer
Chemikalien ab. Smartdust-Dispenser feuerten strahlenweise mit Sensorpartikeln auf sie, die sich auf jeder Fläche festsetzten und dort zu scannen begannen. Molekularabtaster untersuchten die Rückstände in jedem auch noch so winzigen Ablauf auf irgendwelche Anzeichen für exotische Moleküle. Die ganze Prozedur dauerte über eine Stunde.
Schließlich erhielten sie die Freigabe zum Verlassen des Fahrzeugs. Ein Laborteam kam an Bord, um die Proben, die Antrinell genommen hatte, abzuholen. Techniker machten sich daran, die Mechanik des Rovers zu inspizieren.
Antrinell und Marvin kehrten dem ganzen Zirkus indessen den Rücken und fuhren mit der Rohrbahn rüber zu Kuppel acht, wo es eine anständige Bar gab. Das war inzwischen so Usus nach jeder Mission. Morgen würde es eine umfassende Nachbesprechung des Einsatzes geben, aber für den Moment gestand man ihnen erst mal ein wenig Zeit für sich selber zu.
So wie im Untergeschoss der Kuppel, stellte sich Antrinell alte U-Boote und Kriegsschiffe vor, wo fensterlose, von Metallwänden umgebene Räume und labyrinthartige Gänge, die alle mit Rohren und Kabeln vollgepfropft waren, das Bild geprägt haben mussten. Erst als sie in den darüberliegenden Park hochkamen, ließ das leichte Gefühl von Klaustrophobie nach. Doch selbst dann wirkten die Pflanzen nicht wirklich vital; sie überlebten die fremde Umgebung eher, als dass sie in ihr gediehen. Und es war auch weniger ein Park, als vielmehr ein etwas größerer Garten.
Aber es gab hier irdisches Grün und Luftfeuchtigkeit und Blumendüfte. Sogar ein paar verstörte Papageien flatterten zwischen den Bäumen herum. Die Bar stellte sich als breiter Lichthof mit Tischen nebst tropischen Strohsonnenschirmen dar. Alles wirkte ziemlich bemüht. Aber das störte Antrinell nicht, solange es nur einen angenehmen Gegenpol zu den Zanth bot und auch zu Frontline an sich. Er wollte sich einfach nur gemütlich mit einem Bier hinhocken und über die Mission ablästern, über den Kommandostab und über das Labor, welches das nutzlose Molekularvirus ausgeheckt hatte.
Als er den Treppenschacht in die Bar heraufkam, sah er stattdessen jedoch zuerst, wer dort an der Theke auf ihn wartete. Seine Schultern sanken herab. »Oh verdammt«, grunzte er.
Major Vermekia grinste breit und hob zur Begrüßung seinen Fruchtcocktail.
»Okay, wie lautet der Auftrag?«, fragte Antrinell, nachdem er und Marvin ihre Biere bekommen und Vermekia gestattet hatten, sie hinüber zu einem Tisch am Rand des Lichthofs zu führen.
»Sie werden ein außerirdisches Lebewesen suchen«, teilte Vermekia ihnen mit. »Ein vernunftbegabtes. Wir glauben, dass es feindselig ist.«
»Wo?«, fragte Marvin. »Ich wüsste nicht, dass irgendwer in den letzten fünf Jahren ein neues Gateway gebaut hat.«
Vermekias entnervend überlegenes Grinsen wurde noch breiter. »St Libra.«
»Sie machen Witze«, sagte Antrinell.
»Durchaus nicht. Es sind ein paar beunruhigende Hinweise darauf aufgetaucht, dass sich auf Brogal, dem Nordkontinent, irgendeine Art von empfindungsfähiger Bevölkerung verbirgt.«
Antrinell trank schlückchenweise sein Bier, während er dem Major zuhörte, der ihnen von dem Mord in Newcastle berichtete und von der Verbindung zu dem Fall Bartram North. Wäre nicht die makellose Uniform des Majors gewesen, die Antrinell daran erinnerte, dass diese Sache direkt von General Khurram Shaikh persönlich kam, hätte er den ganzen Gedanken vielleicht einer möglicherweise etwas zu wilden Phantasie zugeschrieben. Obwohl er zugeben musste, dass das alles schon merkwürdig war. Und er war bis zur Erschöpfung hinreichend mit der HDA und der Bürokratie auf höchster Regierungsebene vertraut, um zu wissen, dass ein Projekt, wenn es ganz oben erst einmal genug Schwung genommen hatte, nicht mehr aufzuhalten war. Shaikh hing mit drin, ebenso die Präsidenten der GE und der USA, dazu der Vorsitzende der Vereinigten Chinesischen Welten; allein das war schon genug Garant dafür, dass es sich hier nicht um eine zehntägige digitale Übung handelte, die man hinterher abheftete und vergaß.
Es würde ein ganz fettes Ding werden, nah dran an einem tatsächlichen Zanthschwarm; die größte Operation, die die HDA in einem Jahrzehnt auf die Beine stellen würde. Und das war, für sich gesehen, schon sehr vielsagend. Selbst in seiner vergleichsweise kurzen Dienstzeit war ihm nicht entgangen, wie sorglos die HDA inzwischen mit dem Geld rumaaste. Wie sie andauernd teure zivile
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